Bildrechte: Shmuel Elen, Israel

Jula Elenbogen, 1926, Öl auf Leinwand

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Kunstmuseum Bayreuth: Das Künstlerpaar Eric und Jula Isenburger

Er stand vor dem Durchbruch, aber auch auf der "Todesliste" der Nazis. Sie war Tänzerin, seine Frau und sein Motiv. Eric und Jula Isenburger konnten 1933 aus Deutschland fliehen. Nun sind sie als Künstler wieder zu entdecken. Von Barbara Bogen

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Eine der wohl bemerkenswertesten Arbeiten in der Ausstellung ist das Bild von Eric Isenburgers Atelier in Wien, gemalt 1928. Der ganze große Raum wirkt, als sei er in Bewegung, unruhig, von irritierter Schwerkraft. Schräg hängen die farbigen Leinwände in ihren Rahmen an den Wänden, Tische, Stühle taumeln, als würden sie schweben durch einen Raum, der einem schaukelndem Schiff mehr ähnelt als dem Arbeitsraum eines Malers. Und dennoch bestimmt eine Art geordnetes Chaos dieses leuchtende Tableau in warmer Farbigkeit mit seinem Ocker, Rot und Gelb. Durch das große Atelierfenster der geräumigen Dachkammer sieht der Betrachter den Himmel über Wien, hellblau und wieder ockergelb. Bemerkenswert aber ist das großformatige Gemälde auch deshalb, weil es starke Spuren der Verwüstung trägt. Hellgrüne Farbschlieren durchlaufen das Bild, am unteren Bildrand sind Zerstörungen von unsachgemäßer, gar brutaler Lagerung zu sehen. Ein Bild wie ein Spiegel, ein Abbild für ein Leben, das Leben des jüdischen Künstlerpaares Eric und Jula Isenburger. Im hat jetzt Marina von Assel, Direktorin des Kunstmuseums Bayreuth, eine Ausstellung gewidmet:

„Eric und Jula Isenburger sind ein jüdisches Künstlerpaar gewesen, er war Maler, sie war Ausdruckstänzerin, hat bei Mary Wigman unter anderem getanzt in Berlin. Zwei Künstler, die so in den Zwanziger, frühen dreißiger Jahren sehr stark auf dem Weg in die Moderne waren, wirklich große Talente waren… und dann bricht das radikal 1933 mit den Nazis ab.“


Seiner Zeit voraus

Marina von Assel gelingt mit der aktuellen Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für verfolgte Künste Solingen und dem Giersch-Museum Frankfurt jetzt eine wahrhaft grandiose Wiederentdeckung. Schon in den zwanziger Jahren macht sich Eric Isenburger als ganz junger Mann einen Namen als außergewöhnlicher Porträtist. Persönlichkeiten wie Albert Einstein oder Marlene Dietrich reißen sich darum, von ihm porträtiert zu werden. Isenburgers Lieblingsmodell aber ist Jula, seine Frau und Muse, die er in seiner Geburtsstadt Frankfurt kennenlernt, und die er in immer wechselnden Situationen und Rollenbildern porträtiert. Es entstehen zahllose Arbeiten von großer Kraft, Farbintensität, Sinnlichkeit und individueller Ausdrucksstärke. Ein ganzer Raum in der Ausstellung ist den Jula-Porträts gewidmet. 1929 malt er seine Frau mit langem, schwarzem Haar in leuchtender Bluse in zerfließenden Farben an einem Tisch sitzend aus ungewöhnlicher Vogelperspektive. Wieder stürzen die schrägen Flächen beinahe aus dem Bild. Dann ein Doppelporträt: Jula hält eine Gesichtsmaske ihres Mannes in den Händen, wohl Zeugnis ihrer innigen emotionalen Verbundenheit und Nähe. Isenburgers Malgestus ist gestisch, expressiv, fast informell. Deutlich ist er seiner Zeit voraus, wie Marina von Assel erläutert:

„Er hat schon in den 20ern, Anfang der 30er Jahre eine Malweise gehabt, die vor allem die Materialhaftigkeit von Farbe in den Vordergrund stellt, in dem er die Farbe zum Teil zurücknimmt, in Schichten aufbaut, und dann wieder runterkratzt, auch in die Leinwand hinein Linien kratzt, die er dann wieder in der Materie der Farbe bearbeitet. Das sind alles Elemente, die wir in der Nachkriegskunst, in der ungegenständlichen Malerei kennen.“


Längst fällige Wiederentdeckung

Nach Isenburgers erster erfolgreicher Einzelausstellung in Berlin 1933 wird er in nationalsozialistischen Zeitungen als „jüdisch-entartet“ diffamiert. Sein Galerist Wolfgang Gurlitt rät dem Paar zur sofortigen Flucht aus Deutschland. Die Isenburgers gehen erst nach Paris, wo Jula Isenburger ihre Karriere als Ausdruckstänzerin unter einem Pseudonym weiterführt. 1941 flieht das Paar nach New York, wo der Maler bis ins hohe Alter einen Lehrauftrag an der National Academy of Design innehat. Jula gibt ihre Kunst ganz auf. In Deutschland geraten die beiden völlig in Vergessenheit. Ihre Wiederentdeckung ist fällig und wichtig, meint Marina von Assel:

„Ich finde das ganz wichtig, das man das immer wieder auch in Ausstellungen thematisiert, was uns auch verloren gegangen ist, durch Musiker, Wissenschaftler, Künstler, Literaten, die emigriert sind oder ermordet wurden. Das Schicksal von Isenburger ist ja auch so charakteristisch, als er dann nach 45 den Wiedergutmachungsantrag stellte, ist der zehn Jahre nicht bearbeitet worden, weil man gesagt hat, Isenburger? Wer kennt den? Ist der wichtig gewesen? Und dann haben die jungen Leute, die ihn nicht kannten, gesagt: Nie gehört! Der kann nicht bekannt gewesen sein. Das heißt, die Nationalsozialisten haben hier eine sehr, sehr gründliche Arbeit geleistet. Dass man nicht mehr wusste, wer Isenburger war, ich muss gestehen, ich hab es auch nicht gewusst.“

Das Kunstmuseum in Bayreuth spürt in der aktuellen Ausstellung zwei Leben nach, in Gemälden, den Porträts, Landschaften, Skizzen, Fotografien, auch von der legendären Gurlitt-Ausstellung 1933 in Berlin. Es ist eine Wiederentdeckung von ganz großem Rang und Format. Es ist nicht übertrieben, das Ergebnis überwältigend zu nennen.