Bildrechte: dpa

Gustav Kuhn

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Krisen-Sitzung: Festspiel-Chef Gustav Kuhn lässt Amt "ruhen"

Grüne und SPÖ fordern Konsequenzen, in Wien tagt heute Nachmittag der Stiftungs-Vorstand der Tiroler Festspiele Erl. Die Sex-Vorwürfe gegen Gustav Kuhn wiegen schwer, er soll seine Funktion "ruhend" gestellt haben. Von Peter Jungblut

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Wie die „Tiroler Tageszeitung“ meldet, lässt Gustav Kuhn seit heute Nachmittag sein Amt „ruhen“. Einzelheiten wurden noch nicht bekannt. Nach dem aufreibenden letzten Festspiel-Wochenende, an dem er Wagners „Ring des Nibelungen“ dirigierte, hat sich der Festspiel-Chef angeblich in sein Refugium in der Toskana zurückgezogen, um sich zu erholen. Der 72-jährige Maestro hat aufreibende Wochen hinter sich: Zunächst anonym, dann namentlich beschuldigten ihn mehrere Frauen der sexuell übergriffig geworden zu sein. Die Mezzo-Sopranistin Julia Oesch sagte im ORF, ihr sei bei einem Abendessen von Kuhn eine Rolle gegen „sexuelle Dienste“ versprochen worden.

Kuhn streitet alles ab

Sopranistin Mona Somm äußerte sich ebenfalls im Fernsehen. Sie will von einer „guten Freundin“ gehört haben, Kuhn habe dieser „zwischen die Beine gefasst“. Kuhns Anwalt, der Ex-Justizminister Michael Krüger, erklärte, die Vorwürfe von insgesamt fünf betroffenen Frauen „stimmten mit Sicherheit nicht“. Der Dirigent habe sie „glaubwürdig bestritten“. 

"Im Auftrag von Dr. Kuhn darf ich Ihnen mitteilen, dass er - zumindest was die fünf in Rede stehenden Damen betrifft - jeden wie immer gearteten sexuellen oder erotischen Kontakt ausschließen kann." Peter Haselsteiner gegenüber dem ORF

Zieht sich Geldgeber zurück?

An einem „geheimen“ Ort in Wien treffen sich heute Nachmittag die Mitglieder des Stiftungsvorstands, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Dazu gehören Peter Haselsteiner, der schwerreiche Geldgeber der Festspiele, ein Freund von Kuhn, die Tiroler Kultur-Landesrätin Beate Palfrader (ÖVP) und Jürgen Meindl, Sektionschef im Bundes-Kulturministerium. Er gilt als Vertrauter von Kulturminister Gernot Blüml (ÖVP). Dem Vernehmen nach hält Haselsteiner an Kuhn fest und will abwarten, bis alle Vorwürfe ausgeräumt sind. Der ehemalige Strabag-Chef könnte damit drohen, sich finanziell von den Festspielen zurückziehen, was gleichbedeutend mit einem Aus wäre. Haselsteiner bezahlte nicht zuletzt weitgehend den Neubau des „Winter-Festspielhauses“, eine aufwändige Hochgarage und weitere Infrastrukturmaßnahmen. Grüne und SPÖ fordern sofortige Konsequenzen. So sagte Selma Yildirim (SPÖ), eine Tiroler Nationalratsabgeordnete:

"Einfach zur Tagesordnung überzugehen, wie das bisher versucht wurde, geht nicht. Konsequenzen sind daher bis zu einer gänzlichen Aufklärung notwendig."

Keine Publikums-Proteste

Auf die abgelaufene Saison soll die Diskussion um Gustav Kuhn keine Auswirkungen gehabt haben. Auch von Protesten war dort nichts zu bemerken. Sein Vertrag endet im Herbst 2020. Nach einem Nachfolger wird bereits gesucht, eine zunächst diskret ins Auge gefasste Übergangslösung scheint schon wieder vom Tisch. Viel deutet darauf hin, dass Kuhn nun vor die Tür gesetzt wird, obwohl alle Beteiligten von der „Unschuldsvermutung“ sprechen. Doch der politische Druck ist enorm gestiegen. Fragt sich nur, ob der wirtschaftliche stärker ist.