Konstantin Wecker
Bildrechte: BR/ Harald Schulze

Konstantin Wecker hat mittlerweile über 600 Lieder gesungen und komponiert.

    Konstantin Wecker wünscht sich eine spirituelle Revolution

    Musiker, Komponist, Liedermacher, Anarcho, Poet und Pazifist – Konstantin Wecker hat viele Facetten. Sein neues Album widmet er der Utopie von einem Leben ohne Gewalt, ohne Herrschaft und ohne Krieg. Wecker fordert eine spirituelle Revolution.

    Auch mit 75 Jahren ist Konstantin Wecker noch ein Kämpfer – für den Frieden und für seine Utopie einer besseren und gerechteren Welt.

    Seine Lieder sind oft laut, die Texte radikal – im Moment scheinen aber die leiseren Töne vorzuherrschen. Wecker wünscht sich einen Aufstand der Leisen, eine Revolution der Zärtlichkeit, eine spirituelle Revolution, eine Revolution des Mitgefühls. Der Soundtrack dafür: Sein neues Album "Utopia", Songs für ein menschenwürdiges Leben ohne Herrschaft und ohne Gehorsam.

    Stellt euch einmal uns're Welt vor. Ohne Krieg, ohne Gewalt. Ohne Bosse, ohne Herrscher. Jeder ist dem Ander'n Halt. Ohne Ehrgeiz, ungehetzt. Alle leben nur im Jetzt. Ohne Himmel, ohne Hölle. Einfach nur im Jetzt und Hier. Diese Welt gehört uns allen. Ohne Grundbesitz und Gier. Stell dir vor wir leben sie. Diese schöne Utopie. Liedtext von Konstantin Wecker

    Konstantin Weckers Kraftquellen: Musik und Poesie

    Am 1. Juni 1947 wird Konstantin Wecker in München geboren. Sein Vater ist Künstler und Sänger, seine Mutter Hausfrau. Wecker erlebt eine glückliche Kindheit: behütet, antiautoritär, musikalisch. Die Liebe zur Musik erbt er von seinem Vater, die zur Poesie von seiner Mutter.

    Wecker wächst mit italienischer Oper und den Dichtern Goethe und Rilke auf. Er singt und musiziert aus Leidenschaft und Freude. Trotz seines Talents machen die Eltern keinen Kinderstar aus ihm. Die Musik und die Poesie sind Zeit seines Lebens die Quellen, aus denen er Kraft schöpft.

    "Willy" einer seiner größten Erfolge

    Seine Anfänge als Musiker und Schauspieler in halbseidenen Filmen sind zunächst wenig erfolgreich. Doch 1976 gelingt ihm mit "Weckerleuchten" der erste Durchbruch.

    Ein Jahr später veröffentlicht er einen seiner größten Erfolge bis heute – die Ballade vom "Willy". Sie handelt von der Konfrontation mit Neonazis, die tödlich endet. Den "Willy"-Text hat Wecker seitdem immer wieder aktualisiert. In neuen Zusammenhängen bekommt er traurige Aktualität.

    Keine Heldengeschichte: Die Kunst des Scheiterns

    Konstantin Wecker kennt die Höhen und Tiefen des Lebens: Mit dem Erfolg kommt der Rausch. 15 Jahre lang nimmt Wecker Drogen und landet schließlich wegen Kokainbesitzes im Gefängnis. Sein Leben sei keine Heldengeschichte, erzählt Wecker in einem langen Interview mit dem BR.

    "Die Kunst des Scheiterns" ist nicht nur der Titel, sondern auch Thema eines seiner Bücher. Eine Biografie, in der er sich ausschließlich mit seinen Niederlagen auseinandergesetzt hat. Ganz einfach, weil er sie spannender fand, als seine Erfolge, sagt der Künstler. "Die Erfolge habe ich natürlich genossen, die Erfolge auf der Bühne", so Wecker. "Aber währenddessen gab es in meinem Leben so viele Niederlagen. Und ich habe vielen Menschen wehgetan. Das Einzige, wo ich mir immer treu war, war in meinen Gedichten und Liedern. Und da war ich auch immer am uneitelsten."

    Mehr als 600 Lieder hat Konstantin Wecker im Laufe seiner Kariere gesungen und komponiert. Darunter die legendären Filmmusiken zu "Kir Royal" und "Schtonk". Die Toskana ist sein Sehnsuchtsort und seine zweite Heimat seit den 1980er Jahren.

    In seinem Haus bei Ambra hat er seine Eingebungen, hier entstehen Texte, Lieder und Gedichte, hier kommt er sich und seinem Selbst näher.

    Gott, Religion und Spiritualität

    Die Auseinandersetzung mit Gott, Religion und Spiritualität sind eine ständige Herausforderung für den Musiker. Den Heiligen Geist versteht Konstantin Wecker in seiner Symbolik als eine besondere Kraft: "Der Heilige Geist ist wahrscheinlich das, was mich dazu bringen kann, zu meiner eigentlichen menschlichen Essenz zu gelangen. Und wenn ich das 'Heiliger Geist' nennen möchte, dann gerne. Aber ich will mir nicht von Kirchen vorschreiben lassen, was der Heilige Geist denn nun definitiv sei."

    Jemand, der seit Jahrzehnten gegen Gehorsam und Autorität kämpft, kann sich in einer Institution wie der Kirche nicht heimisch fühlen. Doch Gott, wer oder was er auch sein mag – sagt Wecker – habe ihn sein Leben lang begleitet, trotz Skandalen und Eskapaden Halt gegeben, als eine spirituelle Kraft.

    Frieden schaffen ohne Waffen

    Derzeit seien seine Gedanken und seine Solidarität ganz bei den Menschen, die in der Ukraine verletzt und getötet werden, schreibt Wecker auf seiner Homepage. Waffenlieferungen kommen für ihn dennoch nicht in Frage. Dafür muss er Kritik einstecken, aber er kann nicht aus seiner Haut: Frieden schaffen ohne Waffen – daran hält er fest.

    Für die Friedensbewegung war und ist Wecker eine gewichtige Stimme. Und heute ist für ihn wieder Zeit für eine Revolution, eine Revolution des Widerstands und des Friedens. "Die einzige Möglichkeit wäre für die Menschheit jetzt wirklich, den Traum vom Frieden nicht nur zu träumen, sondern auch in die Welt hinauszutragen", meint Wecker. "Man muss selbst für sich entscheiden, ob man das Kriegerische in sich beendet hat. Und ob man wirklich auch in der Lage ist, sich selbst kampflos anzubieten."

    Kraft geben ihm auch seine Musikerinnen- und Musiker-Freunde, seine Auftritte - und sein Publikum. Ihm will Wecker Mut zusprechen, aber gleichzeitig macht auch ihm das Publikum Mut, er spürt die Verbundenheit, ähnliche Sehnsüchte – einen "gemeinsamen Geist". Begeisterung sei auch eine Möglichkeit, um die Angst zu überwinden. Sich für etwas "begeistern", sagt Wecker, da stecke auch Geist drin, das habe etwas mit dem Geistigen zu tun, auch mit einer Spiritualität.

    Bald schon wird er wieder auf Tournee sein. Seit mehr als 50 Jahren steht er auf der Bühne, er braucht und liebt sie – auch mit 75 Jahren weiß er sein Publikum noch zu begeistern.

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