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Klaus Lederer

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"Kein Ansatz, keine Idee": Senator verteidigt Dercons Rauswurf

Im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses begründete Kultursenator Klaus Lederer (Linke) die Entlassung des Volksbühnen-Intendanten Chris Dercon, dieser habe trotz erheblicher Probleme "in keiner Weise gegengesteuert". Von Peter Jungblut.

Über dieses Thema berichtet: LÖSCHEN Kultur am .

Auf Antrag der FDP-Fraktion hatte das Berliner Parlament die Krise der Volksbühne auf die Tagesordnung gesetzt. Bei der Ausschuss-Debatte sagte Lederer, die überraschende Trennung von Dercon sei unvermeidlich gewesen. Schon im November, kurz nach Dercons Amtsantritt, sei absehbar gewesen, dass das Theater in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten geraten werde. Der Intendant habe allerdings keinerlei Gegenmaßnahmen in die Wege geleitet. Wörtlich sagte Lederer: "Es gab keinerlei Ansatz, keinerlei Idee, wo es hingehen sollte." Über den Auflösungsvertrag werde noch verhandelt. Zusätzliche öffentliche Mittel für die Volksbühne schloss Lederer aus, obwohl Interimsintendant Klaus Dörr genau die bereits gefordert hatte. Die Mitarbeiter seien "jetzt das Pfund, die Basis dafür, dass die Volksbühne wieder anfangen kann".

CDU kritisiert Senat

Dercon sollte die Volksbühne ursprünglich bis 2022, also fünf Jahre leiten. Das entspricht den üblichen Laufzeiten in der Branche. Die Verträge von Theaterleitern werden darüberhinaus in der Regel weitere fünf Jahre verlängert. Eine Beendigung bereits nach sieben Monaten ist einmalig und spricht für ein Versagen aller Beteiligten. Die Berliner CDU kritisierte, es sei von Seiten des Senats "alles getan worden", damit Dercon scheitere. Der Belgier war als Nachfolger des langjährigen Theaterchefs Frank Castorf von Anfang an massiv kritisiert worden, nicht zuletzt Klaus Lederer machte kein Geheimnis aus seiner Abneigung gegenüber dem Intendanten.

Fraktionen für bedächtiges Vorgehen

Wer Dercon nachfolgen soll, ist völlig offen. Am Wochenende wurde der Senator mit dem Satz zitiert. "Wir werden uns die nötige Zeit nehmen. Denn nichts wäre verheerender, als jetzt aus Druck eine Entscheidung zu treffen." Mit Interimschef Klaus Dörr sei ein erfahrener Theatermacher gefunden, der dafür sorge, dass das Haus in ruhiges Fahrwasser komme. Diese Haltung wurde von den Fraktionen im Abgeordnetenhaus mehrheitlich geteilt. Experten gehen davon aus, dass es bis zu zwei Jahren dauern kann, bis ein qualifizierter Bewerber gefunden wird.

"Diverser, weiblicher, jünger"

Zu den Anforderungen an einen neuen Intendanten hatte Lederer auf einem Parteitag gesagt: "Alle Beteiligten sind sich einig, dass die Volksbühne diverser, weiblicher, jünger werden soll." Die Volksbühne sei auch immer ein politisches Theater gewesen, das sich mit gesellschaftlichen Problemen auseinandergesetzt habe. Daran müsse angeknüpft werden. Über eine "Findungskommission" hat sich Lederer nach eigener Aussage noch keine Gedanken gemacht. Er schloss nicht aus, sich Rat beim Deutschen Bühnenverein zu holen.

"Volksbühne ist nicht insolvent"

Trotz katastrophaler Auslastungszahlen und einem Besucherrückgang um über 50 Prozent ist die Volksbühne nach Lederers Ansicht nicht insolvent. Es könne in jedem Theater passieren, dass eine Zeit lang einzelne Stücke nicht gut liefen und weniger Besucher kämen: "Das hat es übrigens auch an der Volksbühne während der Castorf-Ära schon gegeben." Kritisiert wurde von dem Politiker, dass das Konzept nicht aufgegangen sei und daraufhin keine Alternativen geprüft worden seien. Für "Alarmismus" gebe es gleichwohl keinen Grund, es drohe auch nicht etwa eine Schließung des Theaters.