Einen Tag nach der Attacke auf ein Gemälde des französischen Impressionisten Claude Monet durch Klimaaktivisten verurteilt Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die Tat: Solche Aktionen seien "durch kein noch so nobles Anliegen zu rechtfertigen", schrieb Buschmann am Montag auf Twitter. "Aktionen, die fremdes Eigentum beschädigen, sind nicht nur eine Dummheit, sondern auch kriminell." Wenn sie sich gegen unersetzliche Kulturgüter richteten, machten sie "besonders fassungslos".
Polizei: Zwei Personen in Gewahrsam genommen
Mitglieder der Klimaschutz-Protestgruppe "Letzte Generation" hatten im Potsdamer Museum Barberini das wertvolle Bild aus der Serie "Les Meules" (Getreideschober) mit Kartoffelbrei bespritzt. Die Klimaaktivisten hätten bei der Attacke Umhängetaschen getragen, die der Größe entsprachen, die mit in die Ausstellung genommen werden dürften, so eine Museumssprecherin. "Der Kartoffelbrei befand sich in kleinen Behältern, die theoretisch auch unbemerkt hätten am Körper getragen werden können." Nach neuesten Angaben der Sprecherin waren an der Attacke insgesamt fünf bis sechs Menschen beteiligt.
Die Polizei berichtet, dass sie im Museum zwei Personen in Gewahrsam genommen habe. Die beiden sollen gegen 15 Uhr das Gemälde mit der Flüssigkeit überschüttet und sich anschließend daneben festgeklebt haben. Gegen die beiden Personen werde wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung ermittelt.
Gemälde trug keine Schäden davon
Eine Restauratorin untersuche das Gemälde nach der Attacke auf Schäden. "Da das Bild verglast ist, hat es der umgehenden konservatorischen Untersuchung zufolge keinerlei Schäden davongetragen", hieß es in einer Mitteilung des Museums am Sonntagabend. Der Kartoffelbrei sei schnell abgenommen worden, das Gemälde sei durch die Glasscheibe geschützt gewesen.
Die Protestgruppe veröffentlichte auf Twitter ein Video von der Attacke. Sie forderte in der Erklärung von der Politik wirksame Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels. Museumsdirektorin Ortrud Westheider sagte dazu: "Bei allem Verständnis für das drängende Anliegen der Aktivisten angesichts der Klimakatastrophe bin ich erschüttert über die Mittel, mit denen sie ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen suchen. Gerade in den Werken der Impressionisten sehen wir die intensive künstlerische Auseinandersetzung mit der Natur." Solche Landschaftsgemälde könnten Besucherinnen und Besuchern auch dazu Anstoß geben, "ihre Beziehung zur Umwelt zu reflektieren und zu hinterfragen".
Ab Mittwoch soll das Gemälde wieder zu sehen sein
Das Bild aus der Serie "Getreideschober" hängt in der Dauerausstellung des Museums Barberini in Potsdam aus der Sammlung des Stifters und Multimilliardärs Hasso Plattner. Die Stiftung des Museumsgründers Plattner hatte es im Jahr 2019 für knapp 111 Millionen Euro in New York erworben. "Herr Plattner ist sehr betroffen", sagte eine Museumssprecherin. "Wir stimmen unser Vorgehen eng mit ihm ab."
Bereits am kommenden Mittwoch soll es wieder in den Ausstellungsräumen zu sehen sein. Das Museum Barberini hat allerdings nach der Attacke nun die Kontrollen der Besucher ausgeweitet. "Im Zuge der verschärften Sicherheitsmaßnahmen finden Taschenkontrollen statt", teilte eine Museumssprecherin mit. Weiterhin dürften nur Taschen in die Ausstellung mitgenommen werden, die nicht größer als DIN A4 seien.
Museumsbund fürchtet um Kunstbetrieb
Der Deutsche Museumsbund (DMB) hat inzwischen vor schwerwiegenden Folgen für den Kunstbetrieb gewarnt. "Ein unmittelbarer Kunstgenuss ist so bald nicht mehr möglich – da geht es hin", sagte der Sicherheitsexperte des DMB und der Hasso-Plattner-Stiftung, Remigiusz Plath, am Montag der Nachrichtenagentur dpa. "Wir werden von den Klimaaktivisten instrumentalisiert, um Aufmerksamkeit zu erregen – auf Kosten des Kulturguts."
Der Museumsbund empfehle als Sicherheitsmaßnahmen eine Verglasung der Kunstwerke und den Einsatz von mehr Personal, erläuterte Plath. Doch eine Verglasung von großen Formaten sei gar nicht möglich. Da könne nur eine Glasscheibe vor das Gemälde gehängt werden. "Und diese Maßnahmen kosten ebenso wie mehr Personal viel Geld – und das können sich nicht alle Museen leisten", sagte der Experte. "Hundertprozentige Sicherheit haben Sie dann nur, wenn das Werk im Keller im Depot ist."
Erst Ende August hatten sich zwei junge Frauen in der Berliner Gemäldegalerie am Rahmen des Gemäldes "Ruhe auf der Flucht nach Ägypten" von Lucas Cranach dem Älteren (1472–1553) festgeklebt. Sie trugen dabei ein Plakat der "Letzten Generation". Zuvor hatte es ähnliche Aktionen von Klimaschutz-Aktivisten im Frankfurter Städel und in der Dresdner Gemäldegalerie gegeben. Vor gut einer Woche hatten Umweltaktivistinnen das Gemälde "Sonnenblumen" (1888) des niederländischen Künstlers Vincent van Gogh in der National Gallery in London mit Tomatensuppe beworfen. Dabei wurde der Rahmen leicht beschädigt.
Aktivisten auch in der Alten Pinakothek in München
Auch in München kam es in der Alten Pinakothek bereits zu einer Protest-Aktion: Aktivisten klebten sich im August am Rahmen eines Rubens-Gemäldes fest. "Es ist nicht legitim, einmalige kulturelle Menschheitszeugnisse zu beschädigen, um auf die faktisch gegebenen klimatischen Probleme hinzuweisen", kritisierte damals Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlung. Eine Haltung, die in der deutschen und europäischen Museumslandschaft überwiegt.
Leiter der Hamburger Kunsthalle zeigt Verständnis
Doch es gibt auch andere Stimmen: "Meine Sympathie ist mit den Aktivisten", betonte etwa Alexander Klar, Leiter der Hamburger Kunsthalle, Ende August gegenüber dem NDR. Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe er angewiesen, nicht einzugreifen, wenn es in seinem Haus zu ähnlichen Protesten komme. Um die ausgestellten Kunstwerke mache er sich wenig Sorgen, so Klar. "Diese sehen wir nicht in schlimmer Gefahr, weil das ein sehr zivilisierter Protest ist, der viel Öffentlichkeit bekommt."
Mit Informationen von dpa, AFP und KNA
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