Bildrechte: Loredana La Rocca/Komödie im Bayerischen Hof

Mit 60 fängt die Krise an!

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Jünger geht immer: "Was dem einen Recht ist" in München

Wenn der Ehemann mit einer Jüngeren abhaut, ist der beste Trost der verlassenen Gattin ein Italo-Lover. In der Komödie im Bayerischen Hof geben Saskia Vester und Norbert Heckner ein Paar in der Midlife-Krise. Nachtkritik von Peter Jungblut.

Über dieses Thema berichtet: LÖSCHEN Kultur am .

Der Kerl schlägt Flammen: Mit einem Streichholz bringt der junge Dokumentarfilmer Stephen Green ganz lässig einen alten, ausgeleierten Plattenspieler wieder in Ordnung und lässt auch sonst nichts anbrennen. Kein Wunder, dass sich die deutlich ältere Hausherrin Patricia Burdick sofort für ihn entzündet, zumal sie gerade von ihrem 60-jährigen Ehemann verlassen wurde. Eine klassische Midlife-Crisis-Comedy schnurrt da herunter in der Münchener Komödie im Bayerischen Hof: Er und sie, beide seit Ewigkeiten verheiratet, trösten sich mit deutlich jüngeren Partnern und stellen fest, dass das auf die Dauer ziemlich anstrengend ist.

Werbe-Manager rührt "Soße" an

In seinem Heimatland war der 2015 verstorbene Amerikaner Donald Raymond Wilde vor allem als Manager in der Werbeindustrie tätig, für den deutschen Markt verfasste er Komödien wie „Sauce for the goose“ (1993), ein Stück, das zunächst unter dem Titel „Wie du mir, so ich dir“ bekannt wurde und jetzt - leicht umgetextet - als „Was dem einen Recht ist“ zu sehen ist. Der Inhalt lässt sich in einem Satz zusammenfassen, wie fast immer bei Boulevardstücken: Chirurg Dr. Paul Burdick haut mit einer knackigen Krankenschwester ab und seine Ehefrau entdeckt die Lust an einem romantischen Burschen, der fließend italienisch spricht und für das Fernsehen herzergreifende Dokumentationen über Flüchtlinge dreht.

David Paryla charmant und lässig

Der in der Tat bezaubernde David Paryla muss sich in der Rolle des Stephen Green auch gar nicht groß verstellen: Er ist tatsächlich in Italien aufgewachsen, hat dort viel Theater gespielt und ist seit mehreren Jahren auch im deutschen TV präsent, etwa in Serien wie „SOKO München“ oder „Die Chefin“. Der Sohn des Schauspielers Nikolaus Paryla, ebenfalls eine bewährte Kraft in der Komödie im Bayerischen Hof, ist bei dieser Premiere die sexy Augenweide und fraglos der interessanteste aller Mitwirkenden. Er spielt glaubwürdig, charmant, augenzwinkernd, lässig. Wenn er mit den Wimpern klimpert oder sich ins Sofa fläzt, wird der absurdeste Boulevardtext zur Offenbarung. Wenn er einem Staubsauger ausweicht, wird das zur herrlich ungelenken Teppich-Choreographie.

Resolute Putzfrau beim Trinken

Rundum überzeugend ist auch die weitere „Nebenrolle“ der Tochter Burdick, eine ehrgeizige, etwas aggressive und verklemmte Rechtsanwältin, die Teresa Rizos so selbstbewusst wie auftrumpfend gibt. Schade, dass die Hauptrollen nicht ansatzweise so mitreißend und authentisch besetzt sind: Saskia Vester hadert sehr mit ihrem Part der verlassenen Mrs. Burdick, ist weder richtig einfältig, noch richtig lüstern, sondern eher gleichgültig bis weinerlich. Norbert Heckner als Mr. Burdick sagt seinen Text so unbeteiligt auf, dass er als dröger Chirurg fast schon wieder Profil gewinnt. Da macht es allemal mehr Spaß, der resoluten „Putzfrau“ Helen (Sina Bianca Hentschel) beim Trinken zuzusehen. Franziska Traub als füllige Freundin des Hauses übertreibt es etwas mit dem Klamauk, aber das war von Regisseur Pascal Breuer wohl beabsichtigt, um rechtzeitig die Lacher auf seiner Seite zu haben.

Midlife-Krise zu wenig Drama

Insgesamt eine etwas langatmige und vor allem vorhersehbare Angelegenheit, die deutlich witziger hätte werden können, wenn die „geschundene“ Ehefrau mehr Wandlungsfähigkeit und vor allem Mut zur Leidenschaft gezeigt hätte. Die Midlife-Krise ist schließlich ein Drama, nicht nur Komödie.

Täglich, bis 22. April 2018.