"Ich habe immer noch Gänsehaut, wenn ich hier reinkomme. Man hat teilweise das Gefühl, hinter der nächsten Säule steht Wilhelmine oder ein Page, der die Kerzen anzündet": Kristin Nürnberger hat ein verzücktes Glänzen in Augen bei diesen Worten. Vor elf Jahren fängt sie als Hilfskraft im Markgräflichen Opernhaus an zu arbeiten, jetzt ist sie Kastellanin. Ganz genau erinnert sie sich noch an den Moment, als 2012 ihr Arbeitsplatz zum Welterbe ernannt wurde.
"Wir waren an dem Tag nur zu zweit im Dienst, haben uns ein bisschen ratlos angeschaut, haben das Haus mal kurz zugemacht, das Unesco-Banner aufgehängt, dann kamen schon die Nachbarn aus der Touristinfo mit Sekt vorbei – ab da war es dann vorbei mit der Ruhe. Ab da rannten uns die Gäste quasi die Bude ein." Kristin Nürnberger
Markgräfliches Opernhaus: Langer Weg bis zur Unesco-Ernennung
Lange mussten die Bayreuther auf die Ernennung warten. Ihr Opernhaus, gleichwertig mit den Pyramiden von Gizeh oder der Altstadt von Venedig. Der Weg dorthin begann bereits 1995. Das Opernhaus landete auf der Vorschlagsliste Deutschlands für das Unesco Welterbe. Verantwortlich dafür war Peter Krückmann. Der ehemalige Museumsreferent der Schlösserverwaltung für Bayreuth. Er erkannte das Potenzial des Markgräflichen Baus:
"Es ist das bedeutendste, das besterhaltene, historische Opernhaus, das es nicht nur in Bayern, nicht nur in Deutschland, nicht nur in Europa, sondern weltweit gibt." Peter Krückmann, ehemaliger Museumsreferent der Schlösserverwaltung für Bayreuth im BR-Interview 2011
Doch erst 2012 fällt bei der Generalversammlung der Unesco in St. Petersburg der Hammer auf das Pult. Bayreuth, das Opernhaus: "Adopted – angenommen". Als die Entscheidung fiel, war die damalige Oberbürgermeisterin der Stadt Bayreuth, Brigitte Merk-Erbe (BG), dabei. Ihr sei ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, erzählt sie im BR-Interview 2012. "Wir sind uns alle um den Hals gefallen, waren einfach glücklich, erleichtert." Und: Es sei ein Quantensprung für die Stadt Bayreuth, so die damalige Oberbürgermeisterin.
Bayreuth: Welterbe hinter verschlossenen Türen
Doch ausgerechnet im Jahr der Ernennung standen zur Erhaltung des neuen Welterbes umfangreiche Restaurierungs- und Instandsetzungsarbeiten an. Erst nach sechs Jahren Dauerbaustelle, 90.000 Arbeitsstunden und Kosten in Höhe von 30 Millionen Euro präsentierte sich das bis dato dunkle Haus in einer unglaublichen Farbigkeit und Prächtigkeit. Zu sehen ist ein Raum der perfekten Illusionen. Denn was wie Marmor wirkt, ist bemaltes Holz. Fertigbauweise. Denn es musste schnell gehen. Gerade mal vier Jahre hat es gedauert, bis das barocke Haus 1748 fertig war.
Ein Opernhaus zur Hochzeit
Entworfen wurde das Opernhaus nicht von irgendwem, sondern vom italienischen Star-Architekten der damaligen Zeit: Giuseppe Galli Bibiena. Die Bauherrin war Markgräfin Wilhelmine. Sie wollte einen aufsehenerregenden Ort für die Hochzeit ihrer einzigen Tochter Elisabeth Friderike Sophie schaffen. Es fanden mehrwöchige Feierlichkeiten in dem Haus statt, bei denen der Glanz des Markgrafenpaars und der des Bayreuther Hofs international zur Schau gestellt werden sollte.
Dass das Haus noch heute nahezu unverändert und erhalten stehe, sei ein Wunder, sagt Museumspädagogin Kornelia Weiß. Denn eigentlich war es üblich, solche Architekturen für Events zu bauen und nachher abzureißen, umzugestalten zu zerstören und für etwas Neues zu nutzen.
Das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth. (Archiv)
Achtung Verwechslungsgefahr: Opernhaus, nicht Festspielhaus
Dem Markgräflichen Opernhaus hat die Stadt Bayreuth auch ihr zweites Opernhaus zu verdanken. Denn die Bühne war mit 24 mal 21 Metern für die damalige Zeit so ungewöhnlich groß, dass es darüber sogar einen Lexikoneintrag gab. Diesen las wiederum der Komponist Richard Wagner. Er kam nach Bayreuth und blieb, obwohl das Opernhaus nicht seinen Vorstellungen entsprach. Am Grünen Hügel baute er sein weltbekanntes Festspielhaus. Seither kommt es immer wieder zu Verwechslungen zwischen dem Markgräflichen Opernhaus und dem Festspielhaus. "Da müssen wir oft erst erklären, dass es auch die Wilhelmine in Bayreuth gab. Wenn die Leute dann aber hören: Weltkulturerbe, dann ist es tatsächlich so, dass sie das doch noch in ihr Besichtigungsprogramm aufnehmen", so Kornelia Weiß.
Sommer heißt: Barockzeit im Opernhaus
Lediglich in den Sommermonaten von Mai bis September kann das Opernhaus bespielt werden. Denn nur dann kann das zur Erhaltung notwendige Raumklima gehalten werden. Derzeit laufen Veranstaltung der "Musika Bayreuth", im September folgt das noch junge Opernfestival "Bayreuth Baroque".
Kostenlose Führungen am 6. Juli
Gefeiert wird das zehnjährige Jubiläum der Ernennung zum Unesco Welterbe mit kostenfreien Sonderführungen am kommenden Mittwoch. Neben den üblichen 45-minütigen Führungen haben Besucher dann auch die Möglichkeit, einmal hinter die Kulissen zu schauen – wie etwa den Dachboden oder die Klimazentrale im Keller. Anmeldungen für größere Gruppen und die Sonderführungen sind über die Website "Die Welt der Wilhelmine" möglich.
Seit 2012 Unesco Welterbe: das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth.
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