Fünf Musiker auf der Bühne mit verschiedenen Instrumenten
Bildrechte: Kai Hausmann/Mesinke

Die jüdische Band Mesinke bringt bei ihrem Jubiläumsprogramm jiddische Klänge auf die Bühne.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Jiddische Musik aus Bayern: Klezmer-Band Mesinke geht auf Tour

Klezmer ist jiddische Musik, ursprünglich aus Osteuropa. Aber auch aus Bayern kommt solche Musik: Die Band Mesinke spielt seit über 30 Jahren Klezmer, und das, obwohl keins der Bandmitglieder jüdischen Glaubens ist. Mesinke geht nun wieder auf Tour.

Über dieses Thema berichtet: Schalom - Jüdischer Glaube, jüdisches Leben.

Streicher, Klarinette und oftmals ein Akkordeon. Dazu eine sehr rhythmische, tanzbare, emotionale jiddische Musik, das ist Klezmer. Mesinke heißt ein Musikstück, das typisch für die Richtung ist. Dieser Titel war auch Namensgeber für Mesinke aus Krumbach. Die Band, das sind Martin Glogger, Jürgen Groß, Nicole Hausmann, Thilo Jörgl, Alexander Maier und Erika Spielvogel. Seit 1991 spielen sie Klezmer, und das mit Leidenschaft - obwohl keines der Bandmitglieder selbst jüdischen Glaubens ist.

Alles begann mit einem Seminar in der Synagoge Ichenhausen

Angefangen hat alles mit einer Anfrage im Herbst 1990. Jürgen Groß wurde damals gefragt, ob er jiddische Musik bei einem Seminar in der Synagoge Ichenhausen spielen kann. Er selbst spielt Gitarre, Mandoline und Akkordeon. Und er singt auch, wie jeder bei Mesinke. Für das Seminar trommelte er dann Musiker zusammen und probte mit ihnen mehrere Monate. "Das Premierenprogramm hat ungefähr eine Stunde gedauert und dann sind reihenweise die Leute auf uns zugekommen und haben gefragt: Wo kann man das hören?", erzählt Jürgen Groß.

Mesinke ist mehr als der Name eines Klezmer-Liedes

Kurz darauf kam es dann zur Bandgründung - Mesinke war geboren. Der Name hat übrigens nicht nur damit zu tun, dass die Gruppe das Lied gespielt hat. Das Wort kommt aus dem Jiddischen und heißt übersetzt: Die jüngste Tochter. "Jeder kam von uns aus einer anderen Musikrichtung ursprünglich, aber jeder fand jiddische Musik gut. Es war von jedem die jüngste Tochter“, erklärt Sängerin Erika Spielvogel.

Mesinke befasst sich mit der Krumbacher Schriftstellerin Hedwig Lachmann

Eine Spezialität von Mesinke ist es über die Jahre geworden, Literatur zu vertonen, so auch im aktuellen Programm. Dabei hat sich die Band mit Hedwig Lachmann befasst. Die Schriftstellerin lebte vor über 120 Jahren in Krumbach. Sie übersetzte Weltliteratur wie Edgar Allen Poe oder Oscar Wilde in die deutsche Sprache, Lachmanns Erbe geriet aber in Vergessenheit. Dabei sind die Themen ihrer Gedichte aktuell wie seit Langem nicht mehr, sagt Gitarrist und Drummer Thilo Jörgl. "Sei das jetzt Auswanderung, Kriegsgeschichten, aber auch die Liebesgeschichten, das ist wirklich zeitlose Lyrik."

"Die Grundstimmung einer Zeit, die genau spürt, dass die Katastrophe vorausläuft“

Eines dieser Stücke ist Melancholia. Im ursprünglichen Werk von Hedwig Lachmann geht es um die Vorboten des Ersten Weltkriegs. "Das Besondere an diesem Text ist, dass Melancholie gezeigt wird, als Grundstimmung einer Zeit, die genau spürt, dass die Katastrophe vorausläuft." So beschreibt Sängerin Erika Spielvogel das Stück.

Am 21. April setzt die Gruppe ihre Tour in Kempten fort. Weitere Termine sind auf mesinke.de zu finden. Die neuen Lieder sind ein wenig schwermütig, sagt die Band selbst. Deshalb spielt Mesinke im zweiten Teil auch Songs aus ihrem Best-of-Album. Und das hat einiges herzugeben.

Die erste deutsche Klezmer-Band in Israel

Über die Jahre erleben die Bandmitglieder viele musikalische Höhepunkte und besuchen zahlreiche Länder. 1999 spielen sie als erste deutsche Band auf dem International Sfad Klezmer Festival in Israel. Mehr als 300 Konzerte kommen über die Jahre zusammen, teilweise an den ungewöhnlichsten Orten, wie in einer Tropfsteinhöhle in der fränkischen Schweiz. Ein weiterer Höhepunkt ist ihre Live-Vertonung des Stummfilms "Der Golem – wie er in die Welt kam". Das ist ein Film von Paul Wegener und Carl Boese aus dem Jahr 1920. Dabei geht es um einen Rabbi, der einen Mann aus Lehm erschafft, der die Juden im mittelalterlichen Prag vor Gewalt und Verfolgung schützt.

Bildrechte: Kai Hausmann/Mesinke
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Die Band-Mitglieder der Band Mesinke

Alle Gründungsmitglieder sind noch dabei

32 Jahre Bandgeschichte, das ist eine lange Zeit. Doch Gitarrist und Drummer Thilo Jörgl sagt, dass es sich gar nicht so lange anfühlt. Und er verrät ein Geheimnis, warum alle aus der Gründungsphase noch mit dabei sind. "Das ist auch glaube ich, weil man davon nicht lebt und dass da auch mal Pausen dazwischen sind." Man müsse nicht zu jeder Kondition spielen und auch nur an den Orten, an denen Mesinke willkommen ist, erklärt Jörgl.

Klezmer-Band ohne Mitglieder mit jüdischem Glauben

Willkommen waren sie aber überall, wo sie gespielt haben. Und nicht ein einziges Mal hat jemand gefragt, warum sie jiddische Musik spielen, ohne jüdischen Glaubens zu sein. Und gerade am Anfang der Bandgeschichte saßen zudem viele Überlebende des Holocaust im Publikum, erzählt Erika Spielvogel. "Das war herzerweichend. Die haben geweint, die haben uns umarmt und für die hat das keine Rolle gespielt." Auch nicht, als Mesinke das erste Mal in Israel gespielt hat.

Keine Gedanken ans Aufhören

In diesem und auch im nächsten Jahr sind Mesinke erst mal auf Tour. Wie es dann weitergeht, will die Band erst dann entscheiden. Aber Aufhören scheint nicht infrage zu kommen. Denn die Ideen für neue Projekte, so viel ist sicher, gehen Mesinke so schnell nicht aus.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!