"I have a dream..." – die berühmten Worte Martin Luther Kings, der Inbegriff von Hoffnung. Nur ein Jahr nach der Rede des schwarzen Bürgerrechtlers erschien 1964 in Deutschland Jürgen Moltmanns "Theologie der Hoffnung".
Moltmanns "Theologie der Hoffnung" trifft den Nerv der Zeit
Das Buch sollte dem Tübinger Theologen internationalen Ruhm einbringen und den Nerv der Zeit treffen, so erinnerte sich Moltmann 2014 im Gespräch mit dem BR: "Als ich die Theologie der Hoffnung schrieb, lebten wir in Deutschland in einer Stagnation konservativer Art, die CDU machte ein Plakat: Keine Experimente, wählt Konrad Adenauer. Aber wir wollten mit Willy Brandt mehr Demokratie wagen, denn überall kamen Neuaufbrüche in unser Gesichtsfeld."
Evangelium – politischer Auftrag statt Opium fürs Volk
Angelehnt an Ernst Blochs marxistisches "Prinzip Hoffnung" war für Moltmann die christliche Hoffnung mit einer politischen Botschaft verbunden: Werde im Namen Jesu aktiv für eine gerechtere, friedlichere und menschlichere Welt! Christliche Gesellschaftsgestaltung statt fruchtloser Jenseitsvertröstung, die theologische Antwort auf Karl Marx‘ Kritik an der Religion als "Opium des Volks". Im Gespräch mit dem BR erklärte Moltmann die Grundidee seiner Theologie der Hoffnung so:
"Christen hoffen größer, sie hoffen auf das ewige Leben, sie hoffen auf das Reich Gottes. Sie hoffen auf die neue Erde, auf der Gerechtigkeit wohnt. Sie sind maßlos in ihrer Hoffnung." Jürgen Moltmann
Christen können selbst vor dem Tod noch hoffen
Während Marxisten in ihrer Hoffnung auf die klassenlose Gesellschaft spätestens vor dem Tod resignierten, hätten Christen nach Moltmanns Theologie sozusagen einen entscheidenden eschatologischen Vorteil.
"Die Auferstehung, das ist eigentlich der Grund christlicher Hoffnung. Wir feiern jeden Sonntag die Auferstehung Christi, warum sollten wir nicht selbst ein bisschen mehr aufstehen?" Jürgen Moltmann
Für den evangelischen Theologen selbst war es ebenfalls der Glaube, der ihn in Kriegsgefangenschaft "auferstehen" ließ. Wer alle Hoffnung fahren lasse, der befinde sich in der Hölle, so schilderte Moltmann seine damalige Verzweiflung: "Das ist mir selber so ergangen, ich war nach dem Krieg Kriegsgefangener in Schottland und dort hab ich im Winter 1945/46 eigentlich alle Hoffnung verloren und wollte mich selber aufgeben."
Im Blick auf den Gekreuzigten neue Hoffnung schöpfen
Durch die Bibel und den Blick auf den leidenden Christus aber habe er damals wieder Hoffnung geschöpft, so beschrieb es Moltmann. In den Worten des Gekreuzigten konnte er sich selbst wiederfinden: "Da wusste ich: Da ist einer der dich versteht, denn so fühlte ich mich selber auch: Mein Gott, warum hast du mich verlassen? Seitdem fühle ich mich verstanden von diesem Christus und fühle mich mitgenommen auf seinem Weg in die Auferstehung und das Leben."
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