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Lary aus Gelsenkirchen

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"Hart fragil": Gelsenkirchener Sängerin Lary mit neuem Album

Sie möchte auf keinen Fall als Soul-Sängerin "abgestempelt" werden, nur weil sie als schwarze Frau deutsche Texte singt. Lary aus dem Ruhrgebiet kämpft mit ihren Liedern gegen Engstirnigkeit und Vorurteile - und sinnlose Partys. Von Matthias Scherer.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

“Future Deutsche Welle” - so nannte die Gelsenkirchener Sängerin Lary (englisch ausgesprochen) damals, 2014, ihren eigenen Sound und ihr erstes Album. Das tat sie, um nicht sofort in die Soul/R&B-Schublade gesteckt zu werden - wie es ihr als schwarze Frau, die auf deutsch singt, sonst wahrscheinlich passiert wäre. Lary wollte von Anfang an selbst bestimmen, wie sie wahrgenommen wird - eine Einstellung, an der sich vier Jahre später wenig geändert hat. Auf ihrem neuen Album “Hart Fragil”, das heute erschienen ist, definiert sich Lary unter anderem durch ihre eigene Verletzlichkeit.

Auf der ganzen Welt zuhause

Gelsenkirchen, Düsseldorf, New York, Berlin. Das waren bis jetzt Larys Lebensstationen. Sie ist auf der ganzen Welt zuhause, bewegt sich als Model genauso sicher wie in der Nordkurve in der Veltins-Arena, dem Stadion ihres geliebten FC Schalke 04. Auf “Hart Fragil” lotet Lary diese Vielseitigkeit weiter aus - erkundet ihre eigenen Stärken und Schwächen, wagt sich an neue Sounds heran, und zieht auch mal emotional blank. 

Schwerer Liebeskummer überwunden

Seit ihrem letzten Album hat Lary Plattenfirma und Produzententeam gewechselt, und schweren Liebeskummer verwunden. Außerdem hat sie das Weltgeschehen verfolgt, und beobachtet, wie sich überall in der Gesellschaft Grenzen verhärten und neu hochgezogen werden. Gegen dieses Schwarz-Weiß-Denken wollte sie mit ihren neuen Songs ansingen, wie sie dem Diffus-Magazin in einem Interview erzählt. Frei nach dem Motto “Ohne Licht kein Schatten” bewegt sich Lary auf “Hart Fragil” durch verschiedene Situationen: Partys, die bis früh in den Morgen dauern, sie aber leer und einsam zurücklassen. Liebesbeziehungen, von denen sie sich alles verspricht - und gar nichts bekommt. Dabei zeigt sie, dass sie sowohl als Sängerin als auch als Texterin im deutschsprachigen Raum ihresgleichen sucht, und beweist ein geschultes Ohr für Beats und Arrangements: von HipHop-Beats über TripHop-Elemente bis hin zu subtilen Tango-Anleihen, wie in dem Song “Niagara”.

Melancholische Grundstimmung

Bei aller klanglichen Vielfalt dominiert auf diesem Album doch spürbar eine melancholische Grundstimmung, und eine minimalistische Produktion, die viel Raum lässt für Details wie den Hall des Schlagzeugs, verzerrte Gesangsfetzen, und sanft gezupfte Gitarren. Der Rapper MoTrip, dessen Hit “So wie du bist” Lary 2015 mit ihrer Stimme veredelte, hat auf dem Song “Sand” einen Gastauftritt, der sich nahtlos in diesen Sound einfügt. 

Es lohnt sich einzutauchen

Die Geschichten, die Lary erzählt, sind aus einem sehr spezifischen Kontext: dem Leben einer jungen Frau in einer großen Stadt - in diesem Fall Berlin - mit allen dazugehörigen Wirrungen und Abenteuern. Hier werden sich nicht alle Hörer wiederfinden - aber dank der stimmigen Produktion, den straff komponierten Songs, und nicht zuletzt Larys Offenheit als Texterin und Performerin lohnt es sich auch für nicht-Großstädterinnen und -Städter, in den “Hart Fragil”-Kosmos einzutauchen.