Sägen, Zangen und Messer hängen in einem Schaukasten im Germanischen Nationalmuseum. Sie können von Schreinern ebenso benutzt worden sein wie von Zahnärzten oder Chirurgen. Schon das Wort Chirurgie zeigt die Nähe der zwei Bereiche, Handwerk und Medizin, denn es kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Arbeiten mit der Hand". Die neue Dauerausstellung verbindet die beiden Bereiche und zeigt Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede auf.
Werkzeuge für Handwerker und Mediziner
Vor allem in den zahlreichen Kriegen in Europa wurden Verwundete seit dem 16. Jahrhundert oft von medizinischen Laien behandelt. Eine der zwei Kuratorinnen, Susanne Thürigen, erklärt: "Scheren wurden zum Beispiel benutzt, um Wunden größer zu machen und Zangen, um Kugeln tief aus dem Körper zu holen; Sägen, um Gliedmaßen zu amputieren." In Zeiten, in denen es noch keine Desinfektionsmittel gab, überlebten längst nicht alle Patienten diese Eingriffe, doch man hatte es wenigstens versucht. Die Ausstellung will auch zeigen, wie Handwerk und Medizin stets darum bemüht waren, das Leben der Menschen zu verbessern.
Wie näht man Wunden? Wundnahtmuster aus dem 18. Jahrhundert
Unter den rund 700 Objekten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert finden sich auch einige sehr seltene Anschauungsobjekte, zum Beispiel sogenannte Wundnahtmuster. Weltweit sind nur fünf erhalten, drei davon befinden sich im Besitz des Germanischen Nationalmuseums. Auf dem Leder eines kleinen Schafes sind 52 verschiedene Techniken festgehalten, wie eine Wunde vernäht oder mit Pflastern geklebt werden sollte. Dafür wurden Nadeln und zum Beispiel Seidengarn verwendet, wie sie auch Kürschner im Gebrauch hatten.
Ein Wundnahtmuster aus dem 18. Jahrhundert, das verschiedene Techniken präsentiert, wie Wunden genäht werden sollten.
Schmuckstücke finden ihren Weg ins Museum
Viele der ausgestellten Stücke wurden dem Germanischen Nationalmuseum bereits vor mehr als hundert Jahren überlassen. Zum Beispiel übergaben Zünfte, wenn sie sich mit der beginnenden Industrialisierung auflösten, oft Meisterstücke an das Museum. Pokale aus edlem Metall zeugen von dem hohen Ansehen und gesellschaftlichen Rang den Handwerker und ihre Zünfte damals hatten. Eines der Schmuckstücke, die nun zu sehen sind, ist der kostbare Becher der Schneiderhandwerker aus dem Jahr 1586, dessen Form einem Fingerhut nachempfunden ist.
Fortschritte in der Medizin und dem Handwerk
Oft gingen Innovationen in der Medizin vom Handwerk aus. So auch bei der Erfindung der Brille. 1535 wurde in Nürnberg die erste Brillenmacherzunft gegründet. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung von den ersten Modellen, den sogenannten Nasenzwickern, bis hin zu solchen mit Bügeln für die Ohren, wie wir sie heute kennen. Die Ausstellung will diese stetigen Weiterentwicklungen im Handwerk und in der Medizin aufzeigen und damit auch einen Bogen in die Gegenwart schlagen. Denn die Frage, ob heutzutage das Herstellen von Brillen oder einer maßgefertigten Prothese im 3D-Drucker eine medizinische oder eine handwerkliche Fähigkeit ist, lässt sich kaum beantworten. Was über die Jahrhunderte jedenfalls in beiden Bereichen geleichgeblieben ist, ist die Lust auf Innovationen.
Die Pokale aus edlen Metallen zeugen von dem hohen Ansehen der Handwerker in der Gesellschaft.
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