Man habe sich entschieden, die "Möglichkeiten zu nutzen, den Verlagsvertrag mit Herrn Dr. Maaßen zu beenden", teilte C.H.Beck nach einem Bericht der FAZ am Mittwoch mit. Und weiter: "Daraufhin hat Herr Dr. Maaßen am 17. Januar 2023 diesen selbst gekündigt." Verlag und Autor gehen künftig also getrennte Wege.
Maaßen kommentiert Asylrecht für C.H.Beck
Seit Sommer stand C.H.Beck (der juristische Fachverlag, nicht zu verwechseln mit dem Literaturverlag C.H.Beck) unter Druck. Damals wurde bekannt, dass mehrere Juristen, darunter zum Beispiel der Bochumer Rechtsprofessor Stefan Huster dem Verlag mitgeteilt hätten, dass sie ihre Mitarbeit im sogenannten "Epping/ Hillgruber" aufkündigen wollten. Grund war eben die Mitwirkung von Hans-Georg Maaßen.
Der "Epping/Hillgruber" gilt als maßgeblicher deutscher Rechts-Kommentar. Dort veröffentlicht werden Standardinterpretationen von Grundgesetzartikeln, die einen erheblichen Einfluss auf die Rechtspraxis haben. Dass der Kommentar zum Asylrecht (Art. 16 und 16a) ausgerechnet von Maaßen stammt, der nach seiner Absetzung als Verfassungsschutz-Präsident zunehmend durch rechte bis hin zu verschwörungsideologischen Positionen aufgefallen war, provozierte Empörung.
Steht Maaßen noch auf dem Boden des Grundgesetzes?
In der Sache gilt Maaßen, der über die Rechtsstellung des Asylbewerbers im Völkerrecht promovierte, zwar als Experte. Seit seiner Forderung von "Impfverboten" im Zuge der Corona-Pandemie oder der Beschreibung der Seenotrettung von Geflüchteten im Mittelmeer als "Shuttleservice" ist sein politisches Ansehen allerdings schwer beschädigt. Daran schließt auch die Kritik von Stefan Huster an, der Anfang Januar im Deutschlandfunk betonte, dass ihm "Maaßen in mancherlei Hinsicht nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes" zu stehen scheine. Als Beispiel nannte er Maaßens Sympathie für das Regime von Viktor Orban in Ungarn.
Etwas vorsichtiger argumentierte Patrick Bahners in der FAZ. "In den Einlassungen von Verlag und Herausgebern fehlt jede Erwägung darüber, wie sich der Stil von Maaßens öffentlichen Interventionen mit der Sachlichkeit verträgt, die man vom Juristen, vom Beamten und ganz besonders vom Verfasser juristischer Kommentarliteratur verlangt", kommentierte Bahners am 10. Januar.
Verlag zeigte sich lange unbeeindruckt von der Kritik
Auch Maaßens Einlassungen zu den Silvester-Krawallen in Neukölln nahm er aufs Korn. Der zeigte bei TV Berlin viel Verständnis für die Einsatzkräften vor Ort, die "wie Kälber zur Schlachtbank" geführt würden, und zwar: "weil die Politik einfach nichts macht." Dazu Bahners polemisch aber treffend: "So spricht man von den arglosen Opfern staatlich angeordneter Massenmorde." Für der FAZ-Redakteur ein Beispiel, in dem sich einmal mehr die "Maßlosigkeit" von Maaßens politischen Wortmeldungen zeige.
Bis zu dieser Woche hatte man sich bei C.H.Beck von der Kritik relativ unbeeindruckt gezeigt. Der wichtigste juristische Fachverlag in Deutschland teilte lediglich mit, man arbeite "ausschließlich mit Personen zusammen, die auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen". Was also hat sich nun verändert?
Und nun? Eine sehr vorsichtige Distanzierung
In seiner Stellungnahme vom Mittwoch, die mehreren Medien vorliegt, betont der Verlag, dass man weiterhin an dem oben genannten Kriterium festhalte. Ob Maaßen dasselbe nun nicht mehr erfüllt, lässt man jedoch offen. Nicht den Autor, sondern die Auseinandersetzung um ihn nennt der Verlag als Grund für die Aufkündigung des Vertragsverhältnisses.
Wörtlich heißt es: "Zwar ist die Kommentierung von Herrn Dr. Hans-Georg Maaßen im Kommentar zum Grundgesetz fachlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Person und der öffentlichen Äußerungen von Dr. Maaßen entstand jedoch eine heftige Diskussion mit fortschreitender Polarisierung, bei der sich die unversöhnlichen Positionen verselbstständigt haben. Diese schadet dem Grundgesetzkommentar, an dem Herr Dr. Maaßen mitwirkte, dessen Herausgebern und dem Verlag." Eine, vorsichtig gesagt, sehr vorsichtige Distanzierung.
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