Westlich von Grado, in Lignano und Bibione, beginnt das, was man hochnäsig "Teutonengrill" nennt. Ganze Generationen von Deutschen haben an den Sandstränden der Adria ihre Sommerferien verbracht – und tun es immer noch. Gerhard Polt hat diese Art von Urlaub in seiner Satire "Man spricht deutsh" (1988) aufs Korn genommen. Und dabei ein groteskes Bild vom ungehobelten deutschen Pauschaltouristen gezeichnet, der den Italienern die Welt erklärt: mit kleingeistigen Vorurteilen gegen alles Fremde.
Jesolo – wird die Wirklichkeit der Kindheitsvorstellung gerecht?
Dieses Polt-Klischee vom Deutschen an der Adria hat sich bei Filmemacher Franz Xaver Gernstl lange Zeit eingebrannt. Obwohl er schon als Kind immer dorthin wollte, ans Meer, da, wo seine Schulfreunde Urlaub machten, musste er in den Ferien zu Hause bleiben – und träumte von der Adria.
Jetzt hat sich Gernstl zum ersten Mal überhaupt im Sommer an den "Teutonengrill" gewagt – für "Gernstl unterwegs". Und festgestellt: Manche Klischees stimmen mit der Wirklichkeit tatsächlich überein. 200 Kilometer Sonnenschirme, aufgereiht in Reih und Glied, darauf in der Sonne brutzelnde Urlauber, die den ganzen Tag am Strand verbringen und einfach: das Nichtstun genießen. Eine Art des Urlaubs, mit der Gernstl persönlich zwar wenig anfangen, die er aber gut nachvollziehen kann: "Ich versteh's, wenn man einen stressigen Job hat, dass man einfach mal den Stecker zieht und sagt: Jetzt ist mal Pause."
Das Polt-Klischee vom hochnäsigen Pauschaltouristen hat Gernstl aber nicht entdeckt. Im Interview mit den BR-radioReisen sagt er: "Ich bin mir gar nicht ganz sicher, ob nicht seinerzeit der Polt das schon so erfunden hat, wie er's gern gehabt hätte. Diese ganzen g'scherten Urlauber, die da so als Herrenmenschen auftreten und den Italienern erklären, wie eine Pizza zu schmecken hat, das gibt's nicht mehr. Eine schöne Erkenntnis. Die Welt ist besser geworden. Zumindest im Urlaub."
Die Adria hat mehr zu bieten als Strandliegen und Sonnenschirme
Und um noch eine Erkenntnis ist Gernstl reicher geworden: Die Adria ist mehr als flacher Strand und Sonnenschirme. "Wenn man an der Autobahn da vorbeifährt, denkt man sich: Ganz schön langweilig und flach für einen Bayern. Diese spröde Landschaft erschließt sich nicht gleich. Aber es ist einfach toll dort", sagt er. Man müsse sich nur raus aufs Wasser wagen, mit Hausbooten zum Beispiel oder mit Fischern. Dann erschließe sich da, an der Klischee-Adria, eine ganz andere Welt: traumhaft schön, mit wunderbarer Flora und Fauna.
Der Weg ist das Ziel – und die Begegnungen
Bevor Gernstl in Jesolo angekommen ist, musste er erst einmal dort hin kommen. Und war dafür, zusammen mit Ton- und Kameramann, unterwegs im roten Reisebus. Es ging übers Salzkammergut und Kärnten – wo Gernstl mal skurrile, mal interessante und immer bereichernde Begegnungen mit anderen Menschen hatte. Alle drei Folgen von Gernstls Reise gibt es in der ARD Mediathek.
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