Eine Frau hält ihr Kind auf dem Arm, versucht sich gleichzeitig zu dehnen, eine Art Sportübung, und steht in einer unordentlichen Küche.
Bildrechte: picture alliance / Westend61 | Ekaterina Yakunina

Ein Grund für den Unterschied: die unterschiedlich verteilte Care-Arbeit zwischen Frau und Mann.

  • Artikel mit Audio-Inhalten

Gender Pay Gap in der Kultur besonders drastisch

Der Gender Pay Gap, der Unterschied also, was Männer und Frauen verdienen, beträgt im bundesweiten Durchschnitt 18%. Stand 2022. In der Kulturbranche sind es laut dem deutschen Kulturrat in manchen Berufen bis zu 30%. Ein riesiger Unterschied! Warum?

Es ist mittlerweile fünf Jahre her, dass die Sängerin und Schauspielerin Janelle Monae eine der bedeutendsten Reden in der Geschichte der Grammys hielt . "We say time is up for pay inequality, discrimination and the abuse of power", hieß es da. Die Zeit sei rum für Diskriminierung, Machtmissbrauch und ungerechte Bezahlung in der Kultur-Szene.

Deutschland, 2023

Die Realität in Deutschland ist eine andere: Da geht die Sache mit der gerechten Bezahlung in der Kultur nur schleppend voran. Die Jahresgehälter von freien Kulturschaffenden liegen laut einer Erhebung der Gewerkschaft Verdi zusammen mit der Künstlersozialkasse 2023 sowieso schon selten über 30.000 Euro. Für die Frauen bleibt oft noch weniger übrig.

Ein paar Beispiele: Eine weibliche Chorleiterin verdient gut 11.000 Euro jährlich. Ein männlicher Chorleiter ca. 18.000 Euro. Eine Modedesignerin 46% weniger als ein Modedesigner. Fast die Hälfte! Warum ist das so?

Lisa Mangold von Verdi sagt, den einen Grund gäbe es nicht: "Ich denke, sehr viel ist ja einfach abhängig von Aufträgen, abhängig von Kulturförderung. Und gerade da ist es so, dass die Kultur immer noch von vielen Männerbünden dominiert wird. Da geben sich halt doch dann oft auch noch so die Best Buddies die Aufträge untereinander."

Knackpunkt: Selbständigkeit

Ein anderer Bestandteil sei die hohe Selbständigkeit mit allen dazugehörigen Fragen: "Was schaffe ich selber, für Honorare zu verhandeln? Was wird mir zugetraut? Für was werden mir Aufträge gegeben?"

Viele Selbstständige, Männerbünde, die sich gegenseitig Jobs und Positionen zuschieben, und hohe Intransparenz. Ein Szenario, in dem Frauen schlecht abschneiden, auch weil staatliche Maßnahmen zur Gleichstellung wie das Entgeldtransparenzgesetz nicht voll greifen.

Zwar versucht jede für sich, am Verhandlungstisch das Beste für sich rauszuholen, doch das ist nur eine individuelle Lösung für ein strukturelles Problem.

Frauen in Führungspositionen? In der Kultur kaum!

Auch in leitenden künstlerischen Funktionen trifft man Frauen selten. Im Oeckl, dem Nachschlagewerk, in dem deutsche Institutionen, Verbände und deren Besetzung aufgeführt sind, lassen sich folgende Zahlen finden: Nur knapp ein Viertel aller Theater in Deutschland werden von Intendantinnen geleitet. An den Symphonie- und Rundfunkorchestern arbeiten 15 Führungspersönlichkeiten. Eigentlich Platz für sieben bis acht Frauen. Eigentlich. In der Realität sind es nämlich gerade mal vier.

Ob Bildende Kunst, Musik, Theater oder Film: Auch die Werke von Frauen sind heute noch unterrepräsentiert. Ein Ungleichgewicht auf dem Markt.

In der Kultur gilt nämlich immer auch: Es verkauft sich gut, was in der Vergangenheit Erfolg hatte. Auch wenn für den Erfolg männlicher Werke nicht immer nur deren künstlerische Qualität ausschlaggebend gewesen ist.

Ein klassischer Grund: Care Arbeit

Ein anderer Grund für den Gender Pay Gap – nicht nur in der Kultur: Care Arbeit. Kinder oder pflegebedürftige Angehörige bringen Unruhe in das oft ohnehin schon wackelige finanzielle Gefüge von Kulturschaffenden Frauen.

Das sagt Lisa Mangold von der Gewerkschaft Verdi dazu: "Wenn Mann und Frau beide arbeiten gehen und zum Beispiel Kinder haben oder Angehörige pflegen müssen, ist einfach ganz oft die Entscheidung, dass die Personen, die weniger verdient, kümmert sich um die Kinder oder die Angehörigen. Und in den meisten Fällen ist es die Frau, die weniger verdient."

Ein Weg: Streiken und Solidarität

Der Weg für einen kleineren Gender Pay Gap in der Kultur bedeutet im ersten Schritt: Netzwerke gründen, Lohntransparenz durchsetzen. Streiken und Solidarität.

Erst wenn für allgemeine Probleme keine individuellen Lösungen mehr gefunden werden müssen, kann es eine Verbesserung für alle Frauen in der Branche geben.

Verpassen war gestern, der BR Kultur-Newsletter ist heute: Einmal die Woche mit Kultur-Sendungen und -Podcasts, aktuellen Debatten und großen Kulturdokumentationen. Hier geht's zur Anmeldung!