Eine Frau arbeitet in einem Schrebergarten (Symbolbild)
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Eine Frau arbeitet in einem Schrebergarten (Symbolbild)

    Gemüse und Gesundheit: Gärtnern als Therapie

    Gesund durch Gartenarbeit: Was nach einer Binsenweisheit klingt, setzen Psychologen und Ärzte inzwischen tatsächlich auch therapeutisch ein - etwa bei Demenzkranken. Studien zeigen: Gärtnern wirkt sogar prophylaktisch und kann Krankheiten vorbeugen.

    Der Trend zum Gärtnern hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Auf dem Land lässt sich dies im eigenen Garten oft relativ leicht umsetzen. Aber auch in der Stadt bauen immer mehr Menschen Kräuter, Gemüse und Obst auf dem Balkon an - Stichwort "Urban Gardening". Und wer aktuell einen Schrebergarten pachten möchte, muss sich auf Wartezeiten von mehreren Jahren einstellen. Warum ist das so?

    Gärtnern: Pflanzen, beobachten und begleiten

    Ein Garten kostet Zeit, ein Garten tut aber auch gut, weiß die BR-Kräuterexpertin Monika Engelmann von der BR-Fernsehsendung "Wir in Bayern": "Die Bewegung an der frischen Luft ist wunderbar, dann natürlich auch die Beschäftigung mit Leben an sich, mit der Natur, was mit den Händen schaffen oder im Endeffekt auch begleiten, ich pflanze etwas an und beobachte das dann."

    Denn: Gärtnern trainiert eben nicht nur den Körper und die Geschicklichkeit, sondern auch den Geist und ist Balsam für die Seele. Einer australischen Langzeitstudie zufolge haben Menschen, die regelmäßig im Garten arbeiten, ein um 36 Prozent geringeren Risiko, an Demenz zu erkranken (zur Studie). Und Wissenschaftler in den Niederlanden konnten zeigen, dass das Stresshormon Cortisol durch Gartenarbeit schneller abgebaut wird als beim Lesen eines Buches (zur Studie).

    "Wer depressiv ist, legt kein Gemüsebeet an"

    Für die britische Psychotherapeutin Sue Stuart-Smith, Autorin des kurz vor der Pandemie erschienen Buches "Vom Wachsen und Werden – wie wir beim Gärtnern zu uns finden" sind hier allerdings noch andere Prozesse am Werk. Für sie beginnt die Gartenarbeit im Kopf, und zwar mit einer bestimmten Einstellung.

    "Gärtnern bedeutet immer instinktiv nach vorne zu schauen. Es hilft Menschen, wenn sie sich festgefahren fühlen oder sehr ängstlich in die Zukunft blicken. Es hilft uns, Positives zu antizipieren." Psychotherapeutin Sue Stuart-Smith

    Denn nur, wenn ich davon ausgehe, dass meiner Hände Arbeit auch etwas bewirken kann, säe und pflanze ich. Wer dagegen depressiv in die Zukunft schaut, davon ausgeht, dass sowieso alles sinnlos ist, was er oder sie anpackt oder wer sich nur schwerlich aufraffen kann, etwas anzupacken, wird auch kein Gemüsebeet anlegen, so die Psychotherapeutin Smith.

    • Zum Artikel: Säen, gießen, ernten: Gärtnern hält gesund

    Lehrmeister Garten: Man bekommt immer eine zweite Chance

    Sie selbst hatte mit Natur und Garten nur wenig am Hut, bevor sie ihren Mann, einen Landschaftsarchitekten, kennenlernte. Inzwischen probiert sie selbst viel aus im Garten, pflanzt jedes Jahr neue Sachen und erlebt: Nicht alles klappt. "Ich glaube, man trainiert auch sein Durchhaltevermögen mit dem Kreislauf der Jahreszeiten", erklärt sie. Denn man bekomme immer eine zweite Chance.

    Für Sue Stuart-Smith ist das Gärtnern damit auch eine Möglichkeit, fürs Leben zu lernen: "Wenn etwas in diesem Jahr nicht wächst, kannst du es im kommenden wieder probieren. Der Kreislauf des Jahres hat also auch etwas Vergebendes."

    Ein Garten braucht Zeit - genauso wie menschliche Beziehungen

    Genauso wie beim Verhalten lässt sich im Garten nichts erzwingen. Ein Garten braucht Zeit, Geduld und Kümmern, genauso wie Beziehungen zu anderen Menschen oder die Beziehung zur eigenen Psyche.

    "Wir leben in so einer schnellen Kultur, wir wollen alles auf einen Klick oder mit einem Wischen. Aber wenn es um menschliches, psychologisches Wachstum geht, können wir das nicht beschleunigen, das ist ein organischer Prozess, genauso wie das Wachstum von Pflanzen." Psychotherapeutin Sue Stuart-Smith

    Für die Psychiaterin bedeutet Gärtnern deshalb nicht nur umzugraben und zuzuschneiden, zu jäten, säen, gießen, ernten – Arbeit im Garten ist für sie auch eine Art Beziehungsarbeit – und zwar auf Augenhöhe und nicht mit dem Ziel, einen paradiesischen Garten Eden im Vorgarten zu schaffen, indem man sich sein Stück Erde untertan macht.

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