Till Lindemann, Frontsänger von Rammstein, steht während eines Deutschland-Konzerts auf der Bühne. (zu dpa «Kiepenheuer & Witsch beendet Zusammenarbeit mit Till Lindemann») Foto: Malte Krudewig/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Till Lindemann 2022 in Düsseldorf

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Rammstein in München: Das müssen Sie wissen

In München finden diese Woche vier Rammstein-Konzerte statt. Die Band sieht sich aktuell mit schwerwiegenden Anschuldigungen konfrontiert, die auch die Stadtpolitik aufgemischt haben - mit Konsequenzen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Die Band Rammstein ist auf Tournee - und in der Diskussion. Es geht um angebliche verbale, sexuelle und körperliche Übergriffe auf Konzertbesucherinnen durch Frontmann Till Lindemann. Worum es bei den Vorwürfen geht und wie die Konzerte nun ablaufen werden.

Wann finden die vier Rammstein-Konzerte in München statt?

Diese Woche Mittwoch,7. Juni, Donnerstag, 8. Juni, Samstag 10. Juni und Sonntag 11. Juni treten Rammstein im Münchner Olympiastadion auf. Konzertbeginn ist bei allen vier Konzerten 19:30 Uhr, Einlass bereits ab 15:30 Uhr.

Wie viele Zuhörerinnen und Zuhörer werden erwartet?

Die Betreiber des Olympiaparks rechnen an den vier Abenden mit insgesamt 240.000 Fans.

Worum dreht sich der Skandal bei Rammstein?

Rammstein-Frontmann Till Lindemann wird sexualisierte Übergriffigkeit und Gewalt vorgeworfen. Nach dem Tourauftakt von Rammstein am 22. Mai in Vilnius in Litauen hat die Irin Shelby Lynn auf Instagram und Twitter behauptet, sie sei im Umfeld ihres Konzertbesuches in Vilnius betäubt und verletzt worden. Ein Mitarbeiter der Band habe Fotos von ihr und anderen jungen Frauen gemacht und sie selbst während einer Konzertpause in einen Raum unter der Bühne geführt – wo Leadsänger Till Lindemann auf sie wartete, in der Annahme, sie werde Sex mit ihm haben. Nachdem sie sich geweigert habe, habe der Sänger wütend reagiert. Angefasst habe er sie jedoch nicht.

Shelby Lynn berichtet außerdem, auf den Partys der Band sei ihr und den anderen jungen Frauen Alkohol gereicht worden. Sie selbst sei dabei unter Drogen gesetzt worden und mit Erinnerungslücken und blauen Flecken aufgewacht. Nach Shelbys Posts auf Instagram und Twitter berichteten auch andere junge Frauen von ähnlichen Vorkommnissen bei Konzerten von Rammstein. Gegenüber dem Rechercheteam von Süddeutscher Zeitung und dem NDR bestätigten mehrere Frauen, dass es im Umfeld von Rammstein-Konzerten ein "System der Anbahnung" gebe, in dessen Rahmen junge Frauen für Aftershowpartys rekrutiert würden: "ein System, das dafür sorgt, dass Till Lindemann von einem professionell organisierten Team Frauen zugeführt werden, die zu für Lindemann organisierten Aftershowpartys kommen und dann dort mit ihm Sex haben sollen", sagte Daniel Drepper, Leiter des Rechercheverbundes, dem BR.

Wie verhält sich Rammstein zu den Vorwürfen?

Gleich am 28. Mai hat Rammstein die Vorwürfe Shelbys auf Twitter bestritten. Nach zahlreichen weiteren Medienberichten über die vermeintlichen sexuellen Übergriffe Lindemanns im Umfeld der Konzerte versicherten Rammstein auf ihrer Webseite: Man nehme die Vorwürfe "außerordentlich ernst". Rammstein erklärt, dass ihnen die Sicherheit und das Wohlbefinden der Besuchenden wichtig sei. "Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit". Sie appellieren an ihre Fans, sich nicht "an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben" zu beteiligen. Und sie betonen, dass sie ebenfalls als Band ein Recht darauf hat, "nicht vorverurteilt zu werden."

Was ist die Unschuldsvermutung und wie lange gilt diese?

Eine öffentliche Vorverurteilung liegt laut Pressekodex vor, wenn in der Berichterstattung nicht zwischen Verdacht und erwiesener Schuld deutlich unterschieden wird. "Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist", heißt es in Artikel 11 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Gibt es noch Karten?

Alle vier Konzerte in München sind – nach den Angaben der Rammstein-Webseite – ausverkauft. Auf der FanSale Seite von Eventim gibt es immer wieder einige Karten. Rammstein tritt bis 5. August aber noch 21 weitere Male auf und für fünf Konzerte sind nach Angaben des Managements derzeit noch Karten zu haben: für Budapest (11. und 12. Juli), Wien (26. und 27. Juli) und in Chorzów (31.Juli).

Kann ich meine Karten zurückgeben?

Die Agentur MCT, die für den Verkauf der Rammstein-Tickts zuständig ist, hat gegenüber dem BR eine Rücknahme der Konzerttickets ausgeschlossen. Es gebe aber die Möglichkeit, die Tickets weiterzuverkaufen auf der FanSale Seite von Eventim.

Warum sagt die Stadt München die Konzerte nicht ab?

Die Landeshauptstadt München sieht keine rechtlichen Möglichkeiten, Konzerte in den eigenen Räumlichkeiten aufgrund von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit oder aber Gewaltbereitschaft von den Kunstschaffenden selbst oder aber ihren Fans, zu untersagen.

Was unternimmt die Stadt dennoch?

Nach BR-Informationen gibt es in München bei Rammstein keine Reihe Null mehr für die Fans – als Reaktion auf die Vorwürfe gegen Sänger Lindemann. Die Grünen hatten zusammen mit der Rosa Liste, Die Linke und der ÖDP/München-Liste den Antrag gestellt, dass das Kreisverwaltungsreferat prüfen solle, "ob und bei welchen Konzerten als Auflage eine sogenannte Reihe Zero aus Sicherheitsgründen zu untersagen ist". Inzwischen hat - nach Informationen aus Rathaus-Kreisen - der Veranstalter auf die Missbrauchsvorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann reagiert und bestätigt, dass es es bei den Rammstein-Konzerten "keine Row Zero" und "keine Party" nach den Konzerten oder in der Pause im Stadion geben wird.

Der Antrag auf zusätzliche Maßnahmen, wie "Awareness Teams" oder "Safe Spaces", wurde von CSU und der SPD in München dagegen abgelehnt. Insbesondere die Fraktionsvorsitzende der SPD, Anne Hübner, wirft den Grünen Symbolpolitik vor. Es sei "Augenwischerei" mit solchen Anträgen "zu suggerieren, dass Konzerte im Olympiapark nicht sicher seien oder ein nicht mehr rechtzeitig zu behandelnder Antrag irgendeine zusätzliche Sicherheit gewährleisten könnte". Wörtlich schreibt Hübner auf Twitter: "Der Münchner Stadtrat hat hier keine erkennbare Zuständigkeit, kann aber zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam mit dem Olympiapark und den Veranstaltern Überlegungen zu ggf. zusätzlich notwendigen präventiven Maßnahmen anstellen." Und weiter: "Und ja, sollte Till Lindemann Straftaten begangen haben, dann ist er ein Fall für Polizei und Staatsanwaltschaft, und keiner für Prävention irgendeiner Art."

Was ist die Row Zero?

Die Row Zero ist die Reihe 0, die Fan-Reihe zwischen Absperrung und Bühne, auch "Bühnengraben" genannt. Bei Rammstein-Konzerten haben dort oft Frauen getanzt.

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