Über 130 Jahre war die Schlossbrauerei Drachselsried im Privatbesitz der Familie Bruckmayer. Als die Inhaberin ohne direkte Erben stirbt, bekommt das katholische Hilfswerk missio das Vermögen. Und eine Auflage, wie damit umgegangen werden soll.
Bildrechte: BR

Über 130 Jahre war die Schlossbrauerei Drachselsried im Privatbesitz der Familie Bruckmayer.

  • Artikel mit Video-Inhalten

Erbe und Vermächtnis: Wenn die Kirche eine Brauerei erbt

Über 130 Jahre war die Schlossbrauerei Drachselsried im Privatbesitz der Familie Bruckmayer. Als die Inhaberin ohne direkte Erben stirbt, bekommt das katholische Hilfswerk missio das Vermögen. Und eine Auflage, wie damit umgegangen werden soll.

Zwei Pensionen, ein Gasthof, Äcker, Wälder und Weiher in Niederbayern: Das alles gehört seit Januar dem katholischen Hilfswerk missio München. Dass das Hilfswerk als Erbe eingesetzt wird, passiert gar nicht so selten. Barvermögen, Wertpapiere, Immobilien oder Grundstücke erbt das Hilfswerk regelmäßig, die Nachlasserträge schwanken allerdings, zwischen 1,2 Millionen und 8,3 Millionen im Jahr. Es komme darauf an, wie hochwertig ein Nachlass ist, sagt Carola Meier, die beim Missionswerk für Erbschaften zuständig ist.

Menschen, die dem Hilfswerk nach ihrem Tod etwas von ihrem Besitz vermachen wollen, besprechen mit Carola Meier, was mit dem Erbe passieren soll. Für die Fundraiserin eine verantwortungsvolle Aufgabe: "Ich denke, dass eine Organisation, die Nachlässe entgegennimmt, sich dessen bewusst sein muss, dass auch ein Lebenswerk auf einen zukommen kann. Dass es nicht nur monetäre Beträge sind, die man quasi versilbern kann, sondern dass auch Lebensgeschichten dahinterstehen. Jeder möchte ja, dass mit seinem Nachlass in seinem Sinne umgegangen wird. Dass irgendetwas bleibt für die Nachwelt. Und das ist natürlich schon eine große Verantwortung."

Ein umfangreiches Vermächtnis, wie das der Brauereibesitzerin Maria Anna Bruckmayer, ist für das Hilfswerk trotzdem ungewöhnlich. Doch: Die Besitzerin hat mit Carola Meier genau besprochen, wie sie sich die Zukunft ihres Lebenswerkes vorstellt: Fünf Jahre lang muss die Brauerei samt Angestellten weitergeführt werden. Dann liegt es in den Händen des Hilfswerks, wie es mit dem Vermögen weitergeht.

Im Testament genau festlegen, was mit dem Erbe passieren soll

Gemeinnützige Vereine oder die Kirchen werden immer wieder als Erben eingesetzt. Vor allem, wenn keine direkten Nachkommen da sind. Im Münchner Westend hat beispielsweise die Erzdiözese München-Freising vor Jahren ein Haus geerbt. Das nun abgerissen wird. Der Vorwurf der Mieter: Hätte sich die Kirche besser um ihr Erbe gekümmert, müsste das nicht sein. Was der Wille der beiden Schwestern war, die der Kirche das Haus vermacht haben, und ob der Neubau in ihrem Sinne wäre – das ist fraglich. Deshalb sollte man im Testament genau festlegen, was mit dem Erbe passieren soll, rät Nicolai Utz, Fachanwalt für Erbrecht: "Im Testament kann ich genau regeln, was mit dem Vermögen oder der Immobilie passieren soll. Gegebenenfalls kann ich anordnen, dass der Wille überwacht werden soll, zum Beispiel durch einen Testamentsvollstrecker, damit die Zwecke auch erreicht werden. Aber grundsätzlich ist jeder sehr frei in der Formulierung."

Gemeinnützige Organisationen zahlen keine Erbschaftssteuer

Allein in den vergangenen zehn Jahren wurde beispielsweise die Erzdiözese München Freising 33 Mal von Privatpersonen als (Mit-)Erben eingesetzt oder mit Vermächtnissen bedacht. Etwa dreimal so häufig sind Kirchenstiftungen im Gebiet der Erzdiözese München und Freising zu Erben benannt worden. Genaue Summen oder Geldbeträge nennt das Erzbistum nicht.

Der Vorteil von gemeinnützigen Organisationen: Es muss keine Erbschaftssteuer gezahlt werden. Grundsätzlich seien alle befreit, die mildtätigen, gemeinnützigen oder kirchlichen Zwecken dienen, so Rechtsanwalt Utz. Die Erlöse aus Verkäufen oder Mieteinnahmen müssen in karitative Zwecke fließen.

Brauerei-Betrieb muss fünf Jahre lang weitergehen

Die Brauerei-Besitzerin Maria Anna Bruckmayer hatte schon lange vor ihrem Tod mit dem Hilfswerk Kontakt, hat es mit Geldspenden unterstützt. Nachdem ihre beiden Söhne und ihr Mann gestorben waren, und sie keine Enkelkinder hat, war für sie klar: Sie möchte Menschen unterstützen, denen es nicht so gut geht. Gudrun Ebnet leitet das Büro der Schlossbrauerei, 35 Jahre hat sie mit Maria Anna Bruckmayer gearbeitet. "Die Chefin war sehr gläubig und hat aus dem Glauben viel Kraft geschöpft. Und ich glaube, durch einen Pfarrer ist sie dann zum Hilfswerk missio gekommen und hat gesagt: Wenn sie schon selber keine Kinder mehr hat und keine Enkelkinder kriegen kann, dann sollen es die armen Kinder kriegen."

Ihr Anliegen hat sie mit allen Angestellten besprochen und lange vor ihrem Tod war klar, was mit ihrem Erbe passieren wird. "Ihr Wille war, dass die Brauerei noch mindestens fünf Jahre weitergeführt wird. Auch mit allen Angestellten. Sie sagte mir immer, dass sie das ihrem Mann schuldig sei", erzählt Carola Meier von missio München.

Deshalb wird in der Schlossbrauerei Drachselsried erst einmal weiter Bier gebraut. Doch: Die neuen Besitzer sind zuversichtlich, dass in Drachselsried weiter Bier gebraut wird. Und irgendwann der Gewinn für einen guten Zweck eingesetzt wird. Denn dazu verpflichten sich gemeinnützige Erben auch: dass der Überschuss in karitative Projekte fließt und damit Gutes getan wird.

Mehr zum Thema "Vom Umgang mit dem Erbe" in der Sendung STATIONEN, am Mittwoch, 29. Juni 2022 um 19 Uhr und in der BR-Mediathek.