Diejenigen, die Woody Allens Handschrift mögen, werden selten enttäuscht. Woody Allen hat den Bogen raus, wie man die Leute auf intelligente Art unterhält. Seine Stärken sind die Dialoge und meist eine zwingende, flüssige Story. Das ist auch bei "Wonder Wheel" der Fall. Hinzu kommt hier eine Art Sehnsuchtsort, an dem der gesamte Film spielt: Das am Meer gelegene New Yorker Vergnügungsviertel Coney Island der 50er-Jahre, wo Kneipen, Karussells und Schießbuden das kleine Glück verheißen.
Die Ausstatter des Films haben ganze Arbeit geleistet, um dieses bonbonfarbene Märchenland vor unseren Augen entstehen zu lassen. Die Besetzung ist wie immer erstklassig. Allen voran: Kate Winslet, die Ginny, eine Bedienung in einem Fisch-Restaurant spielt. Sie ist eine Frau, die besseren Zeiten nachtrauert, als sie noch Varieté-Künstlerin war. Nun lebt sie mit einem jähzornigen Karussellbetreiber namens Humpty zusammen.
Erinnert an "Endstation Sehnsucht"
Überzeugend spielt Jim Belushi diese übergewichtige Schießbudenfigur, diesen Mann ohne Ambitionen. Und schnell erinnert einen "Wonder Wheel" deshalb an die Dramen von Tennessee Williams, vor allem an den Klassiker "Endstation Sehnsucht", in dessen Filmversion sich ja Marlon Brando, Vivian Lee und Karl Malden existenzialistische Schlachten lieferten. "Wonder Wheel" ist also keine Komödie, aber immer noch ein Woody-Allen-Film. Also tauchen bald zwei jüngere Protagonisten auf, die die Geschichte deutlich aufhellen. Da gibt es den Rettungsschwimmer Mickey, der vom Pop-Star Justin Timberlake gespielt wird. Mit ihm beginnt die frustrierte Ginny eine Affäre. Und dann gibt es die junge Carolina, die als Überraschungsgast auf Coney Island auftaucht.
Ein echter Woody Allen mit Reminiszenz an die großen Mafiafilme
Carolina - gespielt von der Newcomerin Juno Temple - hat dummerweise einen Gangster geheiratet. Jetzt weiß sie zuviel und will sich bei ihrem Vater verstecken. Tatsächlich tauchen bald zwei ältere Gangster auf, um Carolina zu finden. Die werden von zwei Italo-Amerikanern gespielt, die man aus den alten Scorsese-Filmen kennt - eine Reminiszenz an die großen Zeiten des Mafiafilms.
Aber "Wonder Wheel" ist auch kein Thriller, sondern immer noch ein Woody-Allen-Film. Der Regisseur konzentriert sich im Folgenden eher auf das Dreiecksverhältnis zwischen den beiden Frauen und dem Bademeister, denn Mickey hat sofort ein Auge auf die junge Blondine geworfen. Und Kate Winslet kann als eifersüchtige Ginny dann Oscar-verdächtige Monologe vortragen:
"In Sachen Liebe entpuppen wir uns oft als unser schlimmster Feind." Kate Winslet als Ginny in "Wonder Wheel".