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Eminem: "Revival"

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Eminem "Revival" oder: Wenn ein Rap-Gott Selbstkritik übt

Früher feierte er sich als einziger Rap-Gott - die Zeiten sind vorbei. Aber relevant ist der Rapper immer noch. Eminems neues Album gibt viel Stoff zum Nachdenken und widersteht dem Mainstream-Rap, der weniger auf Inhalte setzt. Von Lili Ruge

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

In den Nullerjahren ist HipHop die dominante Jugendkultur. Wie wir uns kleiden, wie wir reden und natürlich welche Musik in unseren Kinderzimmern läuft – das alles ist geprägt von den Vorbildern der US-Amerikanischen Rapper. Und ein Name, an dem keiner vorbei kommt damals: Eminem.

Eminem wächst im White-Trash-Milieu Detroits auf. Er hat ein unglaubliches Talent für Rap, aber Rap ist zu seiner Zeit eine Kultur, die ausschließlich Afroamerikanerin vorbehalten ist. Aber: Seine Technik ist zu ausgefeilt, seine Liebe zur HipHop-Kultur zu echt, und seine fast schmerzhaft persönlichen Geschichten von gescheiterten Liebesbeziehungen und Drogenabstürzen sind zu packend als dass man ihn einfach ignorieren könnte. Was dann kommt ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte, zu deren Höhepunkt Eminem mit zehn Nummer 1-Alben und fünf Nummer 1-Singles der zweit-erfolgreichste männliche Musiker der USA ist.

Vorbei! - die Zeiten des Rap-Gotts

"I'm beginning to feel like a Rap God, Rap God, All my people from the front to the back nod, back nod, Now who thinks their arms are long enough to slap box, slap box? They said I rap like a robot, so call me Rapbot." Eminem Rap God

Den selbstgewählten Titel Rap-God zu verteidigen wird für Eminem in den 2010er Jahren immer mehr zur Belastung. Er setzt dabei auf Knall-Effekte: noch ausgefeiltere Fünfach-Reime, noch schneller eingerappt. In Puncto Technik bleibt er unantastbar. Was fehlt, sind: das Gefühl, die Stories und der Witz. Eminem verkauft zwar immer noch seine Platten, aber die Kritiken sind schlecht. Und so droht er nach und nach in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, während mit Asap Rocky, 2 Chainz und den Migos neue Rapper in den Olymp aufsteigen. Jetzt, Ende 2017, legt es Eminem mit dem Album "Revival" auf ein Neues darauf an, seine Bedeutung für Rap ein für alle mal zu klären.

Eminems größter Kritiker: Er selbst!

Die erste Single des Albums, "Walk On Water", featured die R’n’B-Königin Beyonce im Refrain. Was ohne Frage ein Erdbeben auslösen sollte, hat die Fans eher enttäuscht: Zu langweilig, zu balladig, zu viele Streicher. Das Album scheint schon abgeschrieben zu sein, bevor es überhaupt veröffentlicht worden ist.

Am stärksten sind auf "Revival" tatsächlich die Songs geworden, auf denen sich Eminem genau mit dieser Anspruchshaltung auseinandersetzt. Klar ist: Eminem ist selbst sein größter Kritiker.

"Let’s see how far I can take it with this music, I'm getting sick of chasing this illusion, Sorry for sloppy writing, The pen in my hand’s shaking, please excuse me." Eminem, Revival

So sehr man Eminem für seine Meinung schätzt, es fällt schwer, "Revival" von Anfang bis Ende durchzuhören. Das Problem sind weder die Balladen noch die Experimentierfreudigkeit. Leider fehlt trotz Produzenten wie Rick Rubin und Dr. Dre streckenweise das Soundkostüm, das den mitunter anstrengenden Rap-Parts die Leichtfüßigkeit verleiht, die den frühen Eminem ausgemacht hat. Trotzdem: Eminem zeigt, dass er auch Ende 2017 noch relevant ist. Während im Mainstream-Rap der Inhalt der Texte zu gunsten der Melodie und des Feelings immer unwichtiger wird, liefert Eminem extrem viel Stoff zum Nachdenken. Und das obwohl er mittlerweile nicht mehr der einzige Rap God ist.