Bildrechte: Jan-Pieter Fuhr/Theater Augsburg

Diva: Sally du Randt

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Eine Diva zuviel: Rufus Wainwrights "Prima Donna" in Augsburg

Als Singer-Songwriter und Filmkomponist ist Rufus Wainwright äußert erfolgreich, seine erste Oper fiel 2009 bei der Kritik durch. Dennoch wagte das Theater Augsburg die deutsche Erstaufführung - ein Ego-Happening. Nachtkritik von Peter Jungblut.

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Eine Opernkritik würde in diesem Fall nur im Desaster enden, also bietet sich ersatzweise die Kritik eines "Happenings" an: Das war ja bekanntlich die beliebteste Kunstform der sechziger und frühen siebziger Jahre, eine Mischung aus Performance, Party und Protest - Abhängen mit cooler Musik, lässigen Klamotten und revolutionären Ansichten. Hat Rufus Wainwright also etwa gar keine Oper geschrieben, sondern eine Art "Ego-Trip"? Es wäre nicht weiter verwunderlich, ist Wainwright doch bekennender Dandy, Schwuler, Romantiker und Diven-Versteher, ein ernst zu nehmender Wiedergänger von Oscar Wilde, mit einem besonderen Hang zum pompösen Auftritt in Samt und Seide.

Er kam als "Verdi"

Bei der Uraufführung seiner ersten Oper "Prima Donna" 2009 in Manchester fuhr Wainwright kostümiert als Giuseppe Verdi vor: Das war zweifellos ein starkes Statement, trug aber möglicherweise dazu bei, dass das Werk total verrissen wurde. Die Metropolitan Opera in New York brachte sich flugs in Sicherheit und stoppte die eigentlich geplante Uraufführung mit der fadenscheinigen Begründung, Wainwright habe auf französischem Original-Text bestanden. Jemand, der sich mit Verdi vergleicht, sollte halt mehr als ein autobiografisches Happening zustande bringen. Wainwrights Oper über eine alternde Sopranistin, die sich vor ihrem letzten Auftritt zu Tode ängstigt, ist inhaltlich dünn und kompositorisch fad. Der völlig humorlose, zäh instrumentierte Soundteppich erinnert mal an Ben Hur, mal an Les Misérables, pendelt also zwischen Hollywood und Musical, hat mit Oper folglich wenig zu tun.

Zweite Oper über Hadrian angedroht

Dabei ist es gerade seine Liebe zum klassischen Musiktheater, die Wainwright hier ausdrücken wollte, inspiriert natürlich von keiner Geringeren als Maria Callas. Nun sind Geschichten über einsame, alte Großkünstlerinnen seit Billy Wilders "Sunset Boulevard" nicht mehr neu, zumal Wainwright selbst einräumt, bei seinem Erstling recht simpel vorgegangen zu sein. "Parallele Erzählstränge", so der Komponist im Programmheft-Interview, hätten ihn als Anfänger in diesem Metier überfordert. Eine vornehme Umschreibung für die so vorhersehbare wie langweilige Handlung. Trotzdem hätte das alles eine wunderbare, herrliche Reverenz vor dem unbescheidenen Sänger, Lebenskünstler und Opernfanatiker Rufus Wainwright werden können, der gerade seine zweite Oper über den schwulen römischen Kaiser Hadrian angedroht hat. Sie soll im Herbst in Kanada uraufgeführt werden.

Narzissmus-Sause hätte funktioniert

"Primadonnen" also aller Orten, und nicht nur die Wainwright-Fans hätten einen bombastischen Trash-Abend mit viel Glamour und frecher Selbstbespiegelung sicher in vollen Züge genossen. "Prima Donna" als Narzissmus-Sause, das hätte womöglich funktioniert. So wurde es eine leider peinliche, völlig ironiefreie Angelegenheit auf der Bühne des Theaters Augsburg in der derzeitigen Ersatzspielstätte im Martinipark. Regisseur und Ausstatter Hans Peter Cloos meinte es leider ernst, zeigte "Prima Donna" tatsächlich als Diven-Drama im Paris von 1970 mit einer Brise Flower-Power und den inzwischen schon üblichen, bedeutungsschweren Videoeinspielungen aus alten Schwarz-Weiß-Filmen.

Bizarre deutsche Übersetzung

Sally du Randt sang und spielte die titelgebende Prima Donna mit Anstand und Würde und war gerade dadurch unfreiwillig komisch, zumal eine bizarre deutsche Übersetzung angefertigt wurde. Der ukrainische Tenor Roman Poboinyi war als neugieriger Journalist, der die Diva herausfordert, stimmlich fürchterlich überfordert. Dirigent Lancelot Fuhry fuhrwerkte bewundernswert souverän durch die Wainwright-Wogen mit schwallenden Streichern, dröhnendem Blech und tranigem Schlagwerk. Ja, so hört sich das eben an, wenn ein amerikanisch-kanadischer Dandy Musik schreibt und seiner Sehnsucht nach der funkelnden Ekstase des 19. Jahrhunderts frönt, nach dem Glanz vergangener Zeiten. Zwei Primadonnen waren in diesem Fall eine zuviel.


Wieder am 7., 9. und 15. Februar, sowie weitere Termine.