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Ein Film für die ganze Familie: Jane-Goodall-Doku "Jane"

Umfangreiches und unverhofft aufgetauchtes Filmmaterial aus ihren ersten Jahren in Ostafrika bildet die Grundlage für Brett Morgens Kino-Doku "Jane". Ein beeindruckender Film über das Leben der heute 83-jährigen Affenforscherin. Von Kirsten Martins

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Als der Tierfilmer Hugo van Lawick 1964 nach Gombe in Tansania fliegt, um dort die Forschungsarbeiten an Schimpansen für National Geographic zu dokumentieren, trifft er auf eine engagierte Frau. In Khaki- shorts, Hemd und Turnschuhen streift Jane Goodall suchend durch den Dschungel, beobachtet stundenlang aus Baumwipfeln eine Gruppe von Menschenaffen. Hugo van Lawick folgt ihr tage-wochenlang, er filmt damals sensationelle Bilder: Kräftige Zelluloidfarben: das tiefe Grün des Unterholzes, das Orangerot eines aufgerissen Schimpansenmauls, bunte Vögel, malerische Sonnenuntergänge und der blonde Pferdeschwanz von Jane Goodall. 100 Stunden drehte Hugo van Lawick, vor vier Jahren wurde das Material in den Archiven von National Geographic entdeckt. Aus ihnen montiert Brett Morgen einen ebenso atmosphärischen wie überraschenden Dokumentarfilm, setzt dazu Familienaufnahmen von Jane Goodall heute und ein Gespräch mit ihr, in dem sie die damaligen Aufnahmen kommentiert:

Jane Goodall: "Meine Mission war es, an der Seite der Schimpansen zu leben und akzeptiert zu werden – ich wollte die Tiere verstehen wie Dr. Doolittle, mich wie Tarzan unter ihnen zu bewegen.."


100 Stunden "unseen footage"


Mit Goodalls Hilfe gelangen Hugo Lawick ungeheuer intime Aufnahmen: eine Gruppe von Schimpansen laust, paart, streitet sich. Sie spielen mit ihren Jungen, trauern um tote Gefährten, suchen Nähe, haben eine differenzierte Sprache und sie töten brutal alle Mitglieder einer rivalisierenden Schimpansentruppe. Der Dokumentarfilm „Jane“ zeigt nicht nur spektakuläre Tieraufnahmen, er ist auch very entertaining: man sieht zu, wie sich Jane und Hugo ineinander verlieben: anfangs diskrete Aufnahmen einer scheuen Frau im Basislager, im Dschungel, dann immer mehr Großaufnahmen. Jane lächelt verstohlen, läuft schließlich strahlend auf die Kamera zu und streckt ihr auch mal die Zunge raus.


Filmmusik von Philipp Glass


Brett Morgen gibt der filmischen Kunst von Hugo van Lawick Raum, zeigt auch Bilder dieses rasanten und einfühlsamen Tierfilmers aus der Serengeti: zwei Löwen hängen schon an einem Wasserbüffel, werden jedoch von der Herde vertrieben. Philipp Glass komponierte einen satten, eigenständigen Soundtrack, der sich angenehm unterscheidet von den üblichen emotionalisierenden Musiken in Tierfilmen. Das umfassende Porträt von Jane Goodall und ihren naturwissenschaftlichen Arbeiten macht ihre Entdeckungen lebendig, die zum Grundstock für alle weiteren Forschungen über Primaten wurden. Voll sanfter Entschiedenheit und entspannter Distanz – als wäre ein Teil von ihr noch immer in Gombe, in der grünen Abgeschiedenheit zwischen hohen Bäumen, kommentiert sie heute mit britischem Humor auch den sexistischen Medienblick der 60-er Jahre, die sie zur blonden Jane im Dschungel machten. Diese elegante, wissenshungrige Frau, die noch immer Khaki und Pferdeschwanz trägt, ist unvergesslich. Sie respektiert Menschen und Tiere, ohne letztere zu vermenschlichen oder zu sentimentalisieren. „Jane“ - ein wunderbarer Dokumentarfilm, auch für die ganze Familie.