Bei der Ausbildung auf einem Militärgelände
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Kein Geheimnis mehr: Nordkoreanische Soldaten in Russland

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"Düstere Märchen": Putin setzt auf nordkoreanische Soldaten

"Düstere Märchen": Putin setzt auf nordkoreanische Soldaten

Erstmals räumte der Kreml offiziell ein, dass er auf Hilfstruppen aus Nordkorea angewiesen ist. Während Militärblogger deren "Heldenmut" rühmen, fragen sich Kritiker, warum die russische Armee mit dem Krieg überfordert ist: "Sie haben uns gerettet."

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Handelt es sich dabei bloß um diplomatische Rhetorik oder um eine echte Vorbereitung auf eine neue Eskalationsstufe? Wir lesen zwischen den Zeilen, dass der Kreml offenbar bereit ist, den Einsatz im geopolitischen Spiel zu erhöhen", so einer der tonangebenden russischen Polit-Blogger (162.000 Fans, externer Link) über den Einsatz nordkoreanischer Soldaten an der Front, den Putin jetzt offiziell einräumte: "Was meinen Sie: Ein weiterer Bluff oder ein Schritt in Richtung noch größeres Chaos?"

Putin hatte in einer schriftlichen Erklärung (externer Link) mitgeteilt, nordkoreanische Soldaten unterstützten Russland "in voller Übereinstimmung" mit dem Völkerrecht: "Die koreanischen Freunde handelten aus einem Gefühl der Solidarität, Gerechtigkeit und echten Kameradschaft. Wir wissen das sehr zu schätzen."

Damit verwirrte Putin seine eigenen Propagandisten. So konnte sich "Politologe" Sergei Markow keinen Reim darauf machen, warum der Kreml ausgerechnet jetzt zugab, Nordkoreas Beistand in Anspruch zu nehmen.

"Warnung für die Zukunft"

Russische Militärblogger rühmten die nordkoreanischen Soldaten derweil in den höchsten Tönen, nachdem deren Einsatz bisher "geheim" gehalten worden war, obwohl jeder davon wusste. Im Gegensatz zu China sei Nordkorea ein "echter Verbündeter", hieß es von Kommentatoren.

Juri Podoljak, mit 3,1 Millionen Followern der wichtigste russische Militärblogger, schrieb begeistert (externer Link), die Ukraine sei jetzt für die Zukunft gewarnt: "Sie kämpfen gut. Sogar unsere erfahrenen Veteranen bewunderten ihren Heldenmut und ihre Hartnäckigkeit in Gesprächen. Und ich wiederhole noch einmal: Ohne die Hilfe Nordkoreas hätten die Kämpfe am Frontabschnitt bei Kursk nicht so bald ein Ende gefunden. Das ist wahr."

Während der bevorstehenden Siegesparade am 9. Mai auf dem Roten Platz in Moskau gebühre der nordkoreanischen Kolonne der "lauteste Applaus", um ihnen die Dankbarkeit aller Russen "in unserer schwierigen Stunde" deutlich zu machen: "Das ist das Mindeste, was wir für sie tun können."

"Es lohnt sich"

Roman Aljechin (182.000 Fans) träumt bereits davon (externer Link), dass im Sommer bis zu 250.000 Soldaten aus Nordkorea für Russland im Einsatz sein könnten: "Wird Kim Jong-un so viele Kämpfer abgeben? Ja, das ist durchaus möglich, denn für Korea geht es dabei nicht nur um Militärtechnologie und Erfahrung, sondern auch um die Möglichkeit, von Russland Finanzmittel zu erhalten, darunter für Militärprojekte, sowie um die Möglichkeit, sich am Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Gebiete zu beteiligen. Es lohnt sich."

"Ich fühle mich etwas unwohl"

Dagegen meinte der kremlkritische Politologe Andrei Nikulin ironisch (externer Link), Nordkorea werde wohl kaum größere Kontinente zur Verfügung stellen: "Das Risiko einer massenhaften Vertrautheit mit den verdammten westlichen Werten ist zu hoch." Noch vor wenigen Jahren sei es undenkbar gewesen, dass Nordkorea Russland humanitäre Hilfe sende: "Vielleicht werden wir das auch noch erleben. Die Verwirklichung von düsteren Märchen scheint bei uns eine nationale Spezialität zu sein."

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Nikulins Fazit: "Ich fühle mich etwas unwohl. Was wäre, wenn uns Estland und Finnland angreifen? Werden die Koreaner genug Zeit haben, ihre Truppen zur Verteidigung von St. Petersburg zu uns zu verlegen?" Russische Leser nannten es eine "Schande", dass die russische Armee offenbar nicht mehr in der Lage sei, die Grenzen aus eigener Kraft zu schützen.

"Brüder aus Nordkorea haben uns gerettet"

"Mit einem Wort: Unsere Brüder aus Nordkorea haben uns gerettet. Jeder namenlose tote Koreaner bedeutet ein gerettetes russisches Leben. Wenn sie weiterhin im Krieg eingesetzt werden, können wir nur gewinnen. Wir werden unsere Bevölkerungszahl halten und gleichzeitig die öffentliche Meinung beruhigen [weil eine Mobilisierung vermieden wird]", so einer der tonangebenden russischen Polit-Blogger (102.000 Fans, externer Link) nicht ganz ernst gemeint über den massiven Einsatz nordkoreanischer Truppen. Vermutlich werde Nordkorea als Gegenleistung einen Teil der Ukraine beanspruchen, um dort Getreide anzubauen.

Beobachter Dmitri Sewrjukow fragte sich (externer Link), ob es für Putin wirklich von Vorteil ist, sich von Nordkorea aus der Bredouille helfen zu lassen. Das könne den "Starrsinn" der USA deutlich verstärken: "Trotz der Stärke und Nützlichkeit eines solchen Trumpfs wie der nordkoreanischen Truppen wäre es daher besser, diese Karte nur anzudeuten, sie aber nicht auszuspielen, um das Gleichgewicht nicht zu stören und eine Verlängerung des Konflikts um mehrere Jahre zu vermeiden."

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