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"Die dunkelste Stunde"

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"Die dunkelste Stunde": Churchill als Filmheld

"Die dunkelste Stunde": Churchill als Filmheld

Churchill als knurriger, grundsympathischer Denker und unbeugsamer Gegenspieler Hitlers: Der Film von Joe Wright ist eine solide gemachte, leicht schöngefärbte Geschichtsstunde - mit Oscarchancen für Hauptdarsteller Gary Oldman. Von Roderich Fabian

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Der Nachteil von Verfilmungen historischer Ereignisse ist immer, dass jeder weiß, wie’s ausgeht. Der Weg ist also das Ziel, auch bei "Die dunkelste Stunde", wo es um das Verhalten der britischen Regierung im Sommer 1940 geht. Damals schien die Invasion Englands durch deutsche Soldaten kaum noch zu verhindern zu sein. Ein Großteil der britischen Armee war auf dem europäischen Festland in Dünkirchen eingeschlossen. Die Evakuierung zurück auf die Insel mittels einer privaten Flotte wurde ja im letzten Jahr durch den aufwändigen Kriegsfilm "Dunkirk" von Christopher Nolan bereits in Szene gesetzt. Hier folgt nun das, was gleichzeitig in den Londoner Regierungsgebäuden passierte.

Knurriger Denker mit klaren Überzeugungen

"Die dunkelste Stunde" betrachtet einen relativ kurzen Zeitraum von etwa sechs Wochen und beginnt, als die Konservative Partei Winston Churchill das Amt des Premierministers anträgt. Seine Frau - gespielt von Kristin Scott-Thomas - steht ihm zur Seite: "'Das willst du schon dein ganzes Erwachsenen-Leben!' - 'Nein, seit ich ein Säugling war. Aber will das Volk auch mich?' - 'Es ist deine eigene Partei, der du dich beweisen musst.' - 'Das Amt bekomm‘ ich nur, weil das Schiff am Sinken ist. Es ist kein Geschenk, sondern vielmehr Vergeltung!' - 'Zeig‘ ihnen deine wahren Qualitäten, deine Courage ...' - '...mein schlechtes Urteilsvermögen...' - '... deine Uneitelkeit...' - '... nein, nein, einen eisernen Willen...' - '... deinen Sinn für Humor!' - 'Ho, ho, ho!'"

Genau diese Charaktereigenschaften werden im Folgenden ausführlich dargestellt. Gary Oldman spielt Churchill als knurrigen, aber grundsympathischen Denker mit klaren Überzeugungen. Die Maskenbildner mussten ganze Arbeit leisten, um aus dem eher schmalen und kühlen Briten den rundlich-gemütlichen Churchill zu machen. Der zentrale Konflikt des Films ist die Frage, ob man in Verhandlungen mit Hitler-Deutschland eintreten oder auf volle Konfrontation setzen soll. Als Churchills wesentlicher Gegenspieler tritt der damalige Außenminister Viscount Halifax auf. In "Die dunkelste Stunde" erscheint der als intriganter Feigling, dem Churchill mit voller Power immer wieder in die Parade fährt. Die Ränkespiele zwischen dem unnachgiebigen Churchills und seinen politischen Gegnern dienen nur leidlich als Spannungselement des Films, denn - wie gesagt - man weiß ja, wer sich durchgesetzt hat.

Die Guten und die Bösen

Ansonsten wird weiter an der Legende gemeißelt. Churchill wird als Mann dargestellt, der - anders als viele seiner schnöseligen Kollegen - immer ein Ohr für die einfachen Leute hatte. Seine rührend-treue Sekretärin klärt ihn etwa über eine weitere Bedeutungen seines berühmten "V für Victory"-Handzeichens auf: "'Ich weiß nicht, ob Sie das wissen, aber wie Sie ihr Zeichen für Sieg machen … naja, in den Vierteln, die ärmer sind, steht diese Geste für `was anderes.' - 'Und zwar wofür?' - 'Das möchte‘ ich lieber nicht sagen, Sir.' - 'Ich wurde von den Buren gefangen genommen, und ich saß in einem südafrikanischen Gefängnis …' - 'Schieb’s dir in den Arsch, Sir.' - 'Schieb’s dir in den Arsch? Ja? Schieb’s dir in den Arsch!'"

Alles in allem sind "Die dunkelste Stunde" zwei solide gemachte, natürlich ein bisschen schöngefärbte Geschichtsstunden, für die ja momentan ein Interesse zu bestehen scheint. Das beweist jedenfalls der Erfolg der Serie "The Crown", wo es um Jugendjahre von Königin Elizabeth II. geht und in der Churchill ebenfalls auftritt. Und man erinnert sich anscheinend auch gern an Zeiten, wo Gut und Böse in der politischen Landschaft noch klar zuzuordnen waren. Gary Oldman wird seinen Oscar endlich kriegen.