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Robert Menasse

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Robert Menasse erhält den Deutschen Buchpreis 2017

Der Österreicher Robert Menasse erhält für seinen Roman "Die Hauptstadt" den mit 25.000 Euro dotierten Preis des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Der "erste EU-Roman" wurde damit heuer zum besten deutschsprachigen Roman gekürt. Iris Buchheim

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

"Das Humane ist immer erstrebenswert, niemals zuverlässig gegeben: Dass dies auch auf die Europäische Union zutrifft, das zeigt Robert Menasse mit seinem Roman 'Die Hauptstadt' auf eindringliche Weise. Dramaturgisch gekonnt gräbt er leichthändig in den Tiefenschichten jener Welt, die wir die unsere nennen. Und macht unter anderem unmissverständlich klar: Die Ökonomie allein, sie wird uns keine friedliche Zukunft sichern können. Die, die dieses Friedensprojekt Europa unterhöhlen, sie sitzen unter uns - 'die anderen', das sind nicht selten wir selbst. Mit 'Die Hauptstadt' ist der Anspruch verwirklicht, den Robert Menasse an sich selbst gestellt hat: Zeitgenossenschaft ist darin literarisch so realisiert, dass sich Zeitgenossen im Werk wiedererkennen und Nachgeborene diese Zeit besser verstehen werden." So begründet die Jury die Wahl.

Der engagierte Proeuropäer und Österreicher hat sich mit seinem in Brüssel spielenden Roman gegen die Romane von Gerhard Falkner, Franzobel, Thomas Lehr, Marion Poschmann und Sasha Marianna Salzmann durchgesetzt. In seiner Dankesrede betont er aber gleich, dass seine Mitstreiter der Shortlist den Preis genau so wie er verdient hätten.

„Europa ist das beste Krankenhaus“

Robert Menasse geht mit „Die Hauptstadt“ ein Wagnis ein: Er schreibt darin über einen gigantischen Verwaltungsapparat, den Sitz der Europäischen Kommission. Er schickt einen Auftragskiller und einen melancholischen Kommissar in die Stadt, einen KZ-Überlebenden, einen Experten der "nachnationalen" Ökonomie, Lobbyisten und schließlich ein Schwein, das als Phantom durch die Stadt irrt. In all das Chaos verwebt der 63-jährige Autor mühelos den großen innereuropäischen Flüchtlingstreck von 2015 und den Brexit 2017.  Die Kernfrage des Ganzen ist: Welche Stadt soll Hauptstadt werden, Auschwitz vielleicht? "Die Hauptstadt" ist ein schwarzhumorig-ironischer Ideenroman geworden, der in bisweilen zynischem Zungenschlag vom Niedergang der europäischen Idee in unserer Zeit erzählt. Nicht ohne Grund erhält darin einer auf der Suche nach einem Spital die lapidare Antwort, "Europa ist das beste Krankenhaus" – "hier sind Sie in guten Händen"

Die Jury des Deutschen Buchpreis 2017

In der Jury, die jedes Jahr neu zusammengesetzt wird, sind in diesem Jahr: Silke Behl (Radio Bremen), Mara Delius (Welt /Welt am Sonntag), Christian Dunker (Literaturmagazin Geistesblüten), Katja Gasser (ORF), Maria Gazzetti (Leiterin der Casa di Goethe in Rom), Tobias Lehmkuhl (freier Kritiker, Die Zeit, Süddeutsche Zeitung, Deutschlandfunk), Lothar Schröder (Rheinische Post).

Mit dem mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis zeichnet die Stiftung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels jährlich zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse den deutschsprachigen "Roman des Jahres" aus. Zu den früheren Preisträgern gehören: Terézia Moras , Arno Geiger, Eugen Ruge, Ursula Krechel und Frank Witzel.

Robert Menasse: "Die Hauptstadt", Roman. Suhrkamp, 459 Seiten, 24 Euro