Frauen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) demonstrieren am Rande der Synodalversammlung mit Kreuzen und Plakaten für Gleichberechtigung.
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Frauen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) demonstrieren am Rande der Synodalversammlung.

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Der Synodale Weg und die Frauen: Reförmchen statt Reform

Viel Hoffnung setzte Waltraud Jetz-Deser, katholische Gemeindereferentin, auf den Synodalen Weg. Denn seit über 30 Jahren kämpft sie für mehr Rechte für Frauen in der Kirche - und es bleibt trotzdem ein langer Weg.

Seit den 1990er-Jahren setzt sich die Gemeindereferentin Waltraud Jetz-Deser für mehr Gerechtigkeit in der katholischen Kirche ein. Sie forderte schon damals den Ministrantendienst für Mädchen, unterstützte das Kirchenvolksbegehren von 1995, und in den vergangenen Jahren war sie lokal bei Maria 2.0. aktiv.

Die Reformbewegung Synodaler Weg hat sie gespannt verfolgt. Die Beschlüsse, dass Frauen in Gottesdiensten predigen dürfen und die Aufforderung an den Papst, zu prüfen, ob künftig Frauen auch Diakonin werden können, sind für sie immerhin erste Schritte. Doch ein wichtiger Punkt, der sie seit Jahrzehnten beschäftigt, wurde vertagt: Dass Laien taufen und auch bei Eheschließungen assistieren dürfen.

Taufen und Hochzeiten – noch immer Männersache

Das schmerzt Gemeindereferentinnen und -referenten noch immer. Denn sie dürfen Taufgespräche führen und mit den Eltern die Feier planen, doch taufen dürfen sie nicht. Eltern reagieren darauf oft mit Unverständnis, berichtet Waltraut Jetz-Deser. "Die Eltern sagen dann im Taufgespräch zu mir: 'Und sie machen dann die Taufe, oder?' Ich sage dann immer: 'Das dürfen wir noch nicht._ Und die Reaktion der Eltern ist ganz oft: 'Das kann nicht sein, dass die Kirche so rückständig ist, und wir da unser Kind hineintaufen.' Und das bricht mir manchmal richtig das Herz."

Dabei gibt es bereits Bistümer, in denen auch nicht geweihte Seelsorger taufen dürfen, so wie in Essen. Dort hat Bischof Franz-Josef Overbeck im vergangenen Frühjahr 18 Laien damit beauftragt, die Taufe zu spenden. Ein Passus im Kirchenrecht sieht dies in Notzeiten für Laien vor. Diese Entscheidung würde sich auch Waltraud Jetz-Deser wünschen – und ihr Appell an Kardinal Reinhard Marx ist deutlich: "Der Bischof bräuchte uns nur beauftragen."

Doch bisher hat der Kardinal für sein Bistum keine Entscheidung betreffend der Laientaufe getroffen. Dabei ist es für viele Katholikinnen in dieser Frage bereits fünf nach zwölf. So forderte auch das Frauenforum der Erzdiözese München und Freising Kardinal Marx im letzten Jahr dazu auf, die Laientaufe zu ermöglichen.

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Eine Kämpferin: Gemeindereferentin Waltraud Jetz-Deser aus Asten bei Tittmoning.

Altarraum-Verbot wegen Schwangerschaft

Dass Waltraud Jetz-Deser noch immer der katholischen Kirche angehört, ja sogar bereits seit über 30 Jahren für sie arbeitet, ist nicht selbstverständlich. Denn bereits zu Beginn ihrer Karriere musste sie als junge Gemeindeassistentin am eigenen Leib erfahren, wie abwegig der Umgang der Kirche zum Beispiel mit der Sexualmoral sein kann.

Kurz vor der lang feststehenden Hochzeit wird die damals 23-Jährige ungeplant schwanger. Als ihr damaliger Vorgesetzter, der Pfarrer, davon erfährt, verbietet er ihr das Austeilen der Kommunion und andere liturgische Dienste. Sie erhält quasi Altarraum-Verbot. Ein schwerer Schlag für die werdende Mutter.

Demonstration auf dem Münchner Odeonsplatz

"Das hat hinten und vorne nicht zusammengepasst", berichtet ihr Mann Franz heute über die damalige Situation: "Damals fand die 'Woche für das Leben' statt, bei der sich die Kirche für das ungeborene Leben einsetzt – und dann das Altarraum-Verbot.“ In einer spontanen Aktion fertig er ein Transparent an, mit der Aufschrift "Gemeindeassistentin schwanger – Altarraum-Verbot – Warum?" Zusammen mit der Pfarrjugend demonstriert er auf dem Münchner Odeonsplatz bei der Auftaktveranstaltung der 'Woche für das Leben'.

Doch auch wenn das Plakat Aufsehen erregte und es zu Gesprächen mit verschiedenen Verantwortlichen der Diözese kam, blieb es bei der Entscheidung: Bis zur Hochzeit durfte Waltraud Jetz-Deser weder die Kommunion austeilen noch andere liturgische Dienste ausführen.

"Die Kirche verlassen – das hätte ich nicht gekonnt"

Es bleibt nicht das einzige Mal, dass Waltraud Jetz-Deser in Konflikte mit der Kirche gerät, und dennoch ist für sie immer klar, dass die katholische Kirche ihre Heimat ist und Austreten für sie keine Option. Vielmehr verstärkt es in ihr den Wunsch, etwas zu ändern.

Auch wenn ihre Hoffnungen auf Veränderungen mittlerweile getrübt sind, setzt sie sich bis heute dafür ein. Denn sie ist überzeugt: Wenn sich etwas ändern soll, dann muss es von unten geschehen, in den kleinen Einheiten – wie in ihrer Heimat-Dorfkirche.

Immerhin kann sie kleine Erfolge feiern: Seit Ende 2021 kümmert sich Waltraud Jetz-Deser mit drei anderen Frauen um die neu strukturierte Seniorenpastoral im Landkreis Traunstein. Ihre Vorgesetzte ist ebenfalls eine Frau. Ein Novum in der Kirche.

Woher kommt die Bezeichnung "Synodaler Weg"?

Der Begriff "Synode" kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Weggemeinschaft". Im kirchlichen Sprachgebrauch bezeichnet er eine Versammlung von Bischöfen beziehungsweise von Geistlichen und Laien. Im Frühjahr 2019 hatten die deutschen katholischen Bischöfe unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals den "Synodalen Weg" zur Erneuerung der Kirche angestoßen. Mit ihm wollten sie Lehren aus dem Skandal ziehen und Vertrauen zurückgewinnen.

Mehr zum Thema in der Sendung STATIONEN, am Mittwoch, 15. März 2023 um 19 Uhr im BR Fernsehen und in der ARD Mediathek.

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