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"Der Westen" lockt in Bamberg

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Der Egoismus kehrt zurück: "Der Westen" in Bamberg

Dagobert Duck predigt harte Arbeit, und weiß, wie man wirklich reich wird. Lucky Luke analysiert die Waffen-Lobby. Donald Trump und Kim Jong-Un haben auch einen Auftritt. In Konstantin Küsperts Stück geht es um den "irren" Westen. Von Stefan Keim

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Der Westen und seine Werte werden nicht erst durch die Wahlerfolge der Rechtspopulisten in vielen Ländern in Frage gestellt. Die Zeit des puren Egoismus kehrt zurück. Donald Trump fordert "America first", Europa als Vision scheint gerade fast nur im Kopf des französischen Staatspräsidenten Platz zu haben. "Der Westen" heißt das neue Stück von Konstantin Küspert, der für seine provokanten politischen Texte bekannt ist. Sibylle Broll-Pape, Intendantin des Theaters Bamberg, hat nun die Uraufführung bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen inszeniert.

So funktioniert unsere westliche Gesellschaft. Wir akkumulieren Wohlstand durch harte Arbeit. Dagobert Duck

Alles Quatsch, sagt der Erpel

Hier spricht Dagobert Duck, der Inbegriff des Großkapitalisten, eins der bekanntesten Beispiele für den amerikanischen Traum. Durch Geiz und harte Arbeit hat sich Dagobert so viel Gold zusammen gespart, dass er darin baden kann. Doch in Konstantin Küsperts Stück "Der Westen" verkündet der reichste Erpel der Welt: Alles Quatsch.

Die einzige legale Möglichkeit, sehr, sehr, reich zu werden, ist, vorher schon reich zu sein. Wenn Sie Geld haben, verfügen Sie über die wichtigste Voraussetzung. Ich sag mal ein paar Begriffe: Robotrading, Shareholder Value, Thesaurieren, ETF. Dagobert Duck

Alles bloß Lippenbekenntnisse

Comicfiguren und reale Politiker, Fiktion und Wahrheit prallen aufeinander in dieser Theaterrevue, die vom römischen Weltreich bis weit ins 21. Jahrhundert reicht. Auch in den historischen Szenen benutzt Konstantin Küspert heutige Redewendungen und Begriffe. Um zu zeigen, dass es nie eine andere Grundlage für den Aufstieg der westlichen Welt gab als die Gier nach Geld und Macht. Das Wertesystem, die Ideologie von Freiheit und Demokratie – alles bloß Lippenbekenntnisse, die leicht pervertiert werden können. Außerdem steht der Westen ständig am Abgrund. Zum Beispiel 1962 während der Kuba-Krise. Ein russisches U-Boot wird vom US-Militär angegriffen.

Unter Wasser können wir keine neuen Befehle aus Moskau empfangen. Aber die Fakten sind klar: Wir sind unprovoziert angegriffen worden. - Wir müssen uns verteidigen. - Wenn wir hier einen Atomtorpedo abfeuern, dann sterben wir auch! U-Boot im Einsatz

Lucky Luke analysiert Waffenlobby

Der Tonfall wandelt stets auf dem schmalen Grat zwischen Ernst und Ironie. Das Stück erzählt vom Ausbruch des Atomkriegs – und nimmt ihn gleich wieder zurück. Nur ein Spaß, ist doch nicht passiert. Aber hinter diesem Spaß lauert wiederum das Grauen. Fast jede Szene ist doppelt ironisch gebrochen, auch wenn der „lonesome cowboy“ Lucky Luke analysiert, warum so viele Amerikaner Waffen besitzen.

Wir kaufen uns Waffen, um uns gegen die Regierung zu verteidigen. Wenn sie uns zu sehr rein redet, wenn sie uns zu sozialistisch wird, wenn sie uns beispielsweise zwingt, eine Krankenversicherung abzuschließen oder anderen kommunistischen Quatsch. Dann haben wir unsere Waffen. Lucky Luke

Donald Trump und Kim Jong-Un sind dabei

Wenn die Regie zu sehr auf die Pointen setzen würde, könnte das Stück in die Nähe der Fernsehcomedy „Sketch History“ rutschen. Sibylle Broll-Pape – die Intendantin des E. T. A. Hoffmann-Theaters in Bamberg – geht es vorsichtig und eher langsam an. Dadurch zünden die Gags eher selten, auch wenn das Ensemble sehr präzise spielt. Manche Szenen wirken oberflächlich und nicht zu Ende gedacht. Andererseits entsteht ein umfangreiches Kaleidoskop des westlichen Denkens mit sehr aktuellen Momenten. Auch Donald Trump und Kim Jong-Un treten auf, kurz vor ihrem Gipfel im Juni.

Amerika hat versucht, nachsichtig zu sein. - Während Sie gleichzeitig versucht das tapfere Volk der demokratischen Volksrepublik um seine Rechte zu betrügen. - Aber immer noch weigert sich der kleine dicke Fettwanst, mit internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten. Donald Trump im Stück

Der Tod ist ein Hausmeister

Und das Positive? Kommt ganz am Schluss. Da entpuppt sich ein Hausmeister, der immer mal wieder durch die Szenerie gegeistert ist, als philosophierender Tod, der das Publikum zum Leben ermutigt. Und im Epilog erinnert sich eine Feldmaus an manche positive Dinge wie Ausbildungsförderung und Krankenversicherung, Ein kleiner, sanfter Appell, nicht nur zynisch die westlichen Werte zu verwerfen, sondern das Gute zu sehen, für das es sich lohnt, einzutreten.

Am 25. und 27. Mai, sowie 2. Juni, viele weitere Termine.