Die Leiterin der Kunsthalle Nürnberg, Harriet Zilch, hinter einem Kunstwerk.
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Weniger Lohn, weniger Präsenz in Museen und Galerien und damit auch weniger Anerkennung: Bis heute haben es Frauen in der Kunst schwer.

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Das Ringen um gleiche Rechte: Frauen in der Kunst

Weniger Lohn, weniger Präsenz in Museen und Galerien und damit auch weniger Anerkennung: Seit Jahrhunderten kämpfen Künstlerinnen um Geschlechtergerechtigkeit in ihrem Beruf. Und tun sich damit noch schwerer als Frauen in anderen Berufssparten.

Da Vinci, Rembrandt, Picasso – so heißen bedeutende Kunstschaffende der Vergangenheit. Es sind: ausschließlich Männer. Genialität in der Kunst wurde bis auf wenige Ausnahmen lange nur Männern zugesprochen. Bis vor 100 Jahren war Frauen der Besuch von Kunstakademien verwehrt und bis heute sind Frauen in der Kunst weniger sichtbar als ihre männlichen Kollegen.

Weniger Ausstellungen, weniger Verdienst

Mit den Nachwirkungen sind Künstlerinnen heute noch oft konfrontiert, weiß Anna Frasca-Rath. Die Kunsthistorikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg beschäftigt sich mit der Rolle der Frau in der Kunst seit der Antike. Von einem ausgeglichenen Geschlechterverhältnis könne man auf dem Kunstmarkt auch im 21. Jahrhundert nicht sprechen. Das belegen auch Zahlen des Deutschen Kulturrates mit einem Beispiel aus der Kunstmetropole Berlin:

"2018 gab es beim Gallery Day 40 Prozent mehr Einzelausstellungen von Männern als von Frauen. Das ist dieser berühmte Gender Show Gap – die Problematik, dass Frauen ihre Werke weniger gut präsentieren können. Damit rutschen sie auch in den Gender Pay Gap, verdienen also weniger." Anna Frasca-Rath, Kunsthistorikerin

Netzwerke stärken Frauen in der Kunst

Dieser Einkommensunterschied macht auch heute noch über 20 Prozent aus. Weniger Verdienst, weniger Standing, weniger Selbstbewusstsein. Ein Teufelskreis, den Vereinigungen wie die Gedok – die Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfördernden – zu durchbrechen versuchen. Mit gemeinsamen Ausstellungen, Projekten und Atelierbesuchen bei Kolleginnen schaffen sie Verständnis füreinander und bilden eine starke Gruppe. Die Gedok ist in 23 Regionalgruppen unterteilt. In Franken zählt die Vereinigung knapp 150 Mitglieder. Das Netzwerk stärkt auch Frauen, die für die Familiengründung eine künstlerische Pause eingelegt hatten und sich nun wieder in die Öffentlichkeit wagen.

Oft fehlt es Frauen nicht nur an Selbstbewusstsein, sondern auch an organisatorischem Know-How, etwa eine Ausstellung zu konzipieren und zu bewerben. Doch Kunst lebe nur, wenn sie auch ausgestellt werde, findet Künstlerin Teresa Wiechova.

"Ich merke diesen Unterschied, wenn die Bilder im Atelier stehen und dann, wenn sie plötzlich im Museum oder einer Galerie hängen. Auch wenn es eine Gruppenausstellung ist, ist das ein ganz anderes Erlebnis für mich selber. Und dann denke ich: Doch nicht so schlecht!" Teresa Wiechova, Künstlerin

Sorge auf dem Kunstmarkt

Dass Künstlerinnen eine ernstzunehmende Karriere auch heute noch weniger zugetraut wird als ihren männlichen Kollegen, beobachtet auch die Leiterin der Kunsthalle Nürnberg, Harriet Zilch. Auf dem Kunstmarkt gebe es offensichtlich immer noch eine Art diffuse Sorge, wie sich der Wert weiblicher Werke zum Beispiel nach einer Familiengründung weiterentwickelt.

Nächste Künstlergeneration gibt Hoffnung

Aus Sicht von Harriet Zilch gibt es aber auch Grund zur Hoffnung. Die nächste Generation sei oft nicht mehr gewillt, dieses Missverhältnis von Frauen und Männern in der Kunst mitzutragen. "Ich glaube, dass es einem heute durchaus passieren kann, dass wenn man einen Künstler zu einer Gruppenausstellung einlädt, der feststellt, dass es keine weibliche Position gibt innerhalb dieser Gruppenausstellung, dass der das dann auch problematisieren würde und vielleicht auch nicht mitwirken würde", sagt die Leiterin der Kunsthalle Nürnberg.

Die aktuellen Debatten um Geschlechtergerechtigkeit schaffen auch in der Kunstbranche immer mehr Sensibilität für das Thema. Bis zur wirklichen Gleichstellung scheint es aber noch ein weiter Weg zu sein.

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