Staatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat an die bayerische Staatsregierung appelliert, im Streit um die Restitution des Picasso-Gemäldes "Porträt der Madame Soler" einzulenken. Dieser Schritt sei "wirklich überfällig", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Claudia Roth verlangt demnach, dass die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen der "Anrufung der Beratenden Kommission zustimmen".
Restitutions-Forderung für "Madame Soler" seit 2009
Das 1903 von Pablo Picasso gemalte Porträt gehört mit seinem inzwischen rund 100 Millionen Dollar-Wert zu den bedeutendsten Gemälden der Pinakothek der Moderne. Die Anwälte der Erben des jüdischen Bankiers Paul von Mendelssohn-Bartholdy fordern schon seit 2009, dass eine unabhängige Kommission die Rückgabe des Werkes von Pablo Picasso prüfen solle. Ihrer Darstellung nach gehört es im Sinne der Washingtoner Erklärung zur Kategorie Raubkunst - zu den Werken, die die verfolgten jüdischen Sammler unter Zwang aus dem Land schaffen oder verkaufen mussten.
Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen hatten das Gemälde 1964 von dem Kunsthändler Justin K. Thannhauser gekauft. Besitzer war zuvor Paul von Mendelssohn-Bartholdy, ein jüdischer Bankier, der im Mai 1935 starb, nachdem er im NS-Staat zahlreiche Repressalien zu erleiden hatte.
Die Limbach-Kommission
Bislang haben sich die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und das Bayerische Kunst- und Wissenschaftsministerium geweigert, den Fall vor die Limbach-Kommission zu bringen. Das ist die von Roth nun ins Spiel gebrachte, unabhängige beratende Kommission für Restitutionsfragen, die nach Jutta Limbach benannt ist. Die Kommission wurde von Bund, Ländern und Kommunen geschaffen. Sie vermittelt bei Streitigkeiten über die Rückgabe von Kulturgut. Damit sie tätig werden kann, müssen aber beide Seiten einverstanden sein. Kritiker wie die Jewish Claims Conference fordern deshalb schon länger ein einseitiges Anrufungsrecht für Nachfahren verfolgter und beraubter Eigentümer.
Bayern hat sich bislang geweigert, den Fall Madame Soler vor die Limbach-Kommission zu bringen. Die Begründung: Die vom Bayerischen Ministerium beauftragten Forscher hätten "das Restitutionsersuchen äußerst sorgfältig geprüft" und seien zu dem Ergebnis gekommen, "dass es sich bei dem dokumentierten Verkauf des Gemäldes nicht um einen NS-verfolgungsbedingten Entzug im Sinne der Washingtoner Erklärung handelt, das Gemälde also kein Restitutionsfall ist".
Roth drängt jetzt darauf, dass Bayern den Weg "endlich" freimachen solle. Jede gerechte und faire Lösung bezüglich eines NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts sei "ein wichtiger Schritt für die Übernahme von Verantwortung für die Vergangenheit".
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