In der russischen Klatschpresse, und nicht nur dort, sind sie das derzeit meist diskutierte Promi-Paar: Rock-Legende Alla Borissowna Pugatschowa (73) und Entertainer und TV-Moderator Maxim Galkin (46). Beide gingen im vergangenen März nach Israel und später nach Lettland. Jetzt kehrte Pugatschowa in ihre Heimat zurück, während ihr Mann es vorzog, seine Tournee im Ausland fortzuführen. Beide ließen an ihrer Haltung zum Angriffskrieg auf die Ukraine keinen Zweifel, doch Kremlsprecher Dmitri Peskow machte jetzt einen deutlichen Unterschied in der Einschätzung der Eheleute: Galkin sei "eindeutig mit Russland nicht auf demselben Weg", er habe "sehr schlechte Aussagen" gemacht, von Pugatschowa dagegen habe er "keine einzige" ähnliche Aussage gehört. Ihr Verhältnis zu Putin sei im Gegenteil "ganz normal", sie seien sich mehrmals begegnet und miteinander bekannt.
"Hauptsache, Fehler sind nicht tödlich"
Das verwundert, denn Pugatschowa macht kein Hehl daraus, dass sie mit Putins Politik nicht übereinstimmt. Womöglich scheut der Kreml (noch) davor zurück, eine derart beliebte und berühmte Persönlichkeit offen zu attackieren. Bei ihrer Rückkehr hatte die Sängerin angekündigt, wieder "Ordnung in den Köpfen" schaffen zu wollen und jemandem "den Mund zu stopfen", wobei sie offen ließ, wen sie meinte. Russische Beobachter tippten auf die Chefredakteurin des Propaganda-Senders RT ("Russia Today") und Kriegsfanatikerin Margarita Simonjan (42), die behauptet hatte, Galkin sei schwul und habe die prominente Pugatschowa nur aus Geld- und Tarnungsgründen geheiratet.
Allerdings nahm Pugatschowa auch den Kampf mit einem anderen Star-Propagandisten des Kremls auf, dem TV-Hetzer Wladimir Solowjow (58). Er werde demnächst "vor Wut und Frechheit" wohl platzen, textete die Sängerin in sozialen Netzwerken.
Sie war auch zur Beisetzung von Michail Gorbatschow erschienen, hatte einen Strauß rosa Lilien an den Sarg gelegt und auf Instagram geschrieben: "Ich habe so lange nicht mehr geweint. Die Ära, in der wir die Freiheit erlangten, war für die ganze Welt kein 'Reich des Bösen', und die Angst um die Zukunft unserer Kinder war verschwunden. Und vor allem: Gorbatschow lehnte Gewalt als Mittel der Politik und Aufrechterhaltung der eigenen Macht ab. Nicht alles ist frei von Sünde, auch die Politik. Hauptsache, Fehler sind nicht tödlich für die ganze Menschheit." Es gehe darum, kompromissfähig zu sein, eine Tugend, die Russland verloren habe.
"Pugatschowa kann uns nicht belehren wollen"
Diese Worte wurden von Kremlfans heftig angegriffen: "Man sagt ja, die Weisheit kommt mit dem Alter, doch bei ihr kam nur das Alter", ätzte ein Kommentator. Dagegen begrüßte die ukrainische Sängerin Sofija Rotaru (75), eine langjährige Konkurrentin von Pugatschowa, deren Stellungnahme ausdrücklich.
Leider gebe es Künstler, die "sich mit völlig obszönen und inakzeptablen Äußerungen buchstäblich befleckt" hätten, so Peskow, der Pugatschowa davon ausnahm. Zuvor hatte ein Kreml-Funktionär angekündigt, dass die Liste der in Russland "verbotenen Künstler" offiziellen Status erhalten solle, ähnlich wie die Liste der "ausländischen Agenten". Maxim Galkin werde dort auf jeden Fall aufgeführt sein. Aus dem russischen Parlament gibt es Stimmen, die Villa von Galkin zu beschlagnahmen. "Pugatschowa kann nicht kommen und uns belehren wollen, wenn sie sich nicht mit dem Verräter in ihrer Familie auseinander setzt, der ihr Ehemann ist", so der kremltreue Filmregisseur Tigran Edmondowitsch Keossajan (56) in einem Interview mit Radio Sputnik.
"Kleines Stinktier im gelben Höschen"
An einem Gebäude des Moskauer Fernsehzentrums war ein Graffiti zu lesen, in dem Pugatschowa hämisch gefragt wurde: "Wo hast du deinen Mann verloren?" Medien spekulierten, das Ganze sei ein staatlich inspiriertes Komplott, zumal das Graffiti systematisch im Netz verbreitet wurde. Der St. Petersburger Politiker Witali Walentinowitsch Milonow schimpfte, Pugatschowa sei wie ein "Nebel" nicht zu fassen, während Galkin ein "kleines Stinktier im gelben Höschen" und eine "abscheuliche Springmaus" sei: "Er darf nicht über die Schwelle gelassen werden! Er ist ein Schurke wie [die in Russland sehr bekannte litauische Schauspielerin Ingeborga] Dapkūnaitė."
Im Westen ist Alla Pugatschowa durch ihre Zusammenarbeit mit ABBA, Udo Lindenberg und Joe Dassin in den siebziger und achtziger Jahren bekannt. Sie war zu Sowjetzeiten die weltweit bekannteste Stimme ihres Landes.
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