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Forscher nehmen tatarisches Ensemble auf

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Die Welt hören: Berliner Schau zeigt Anfänge der Tonaufzeichnung

Die Welt hören: Berliner Schau zeigt Anfänge der Tonaufzeichnung

Sie ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zum neuen Humboldtforum, dem prestigeträchtigen Berliner Museumsprojekt: Die neue Ausstellung in der Humboldt-Box mit dem Titel: „LAUT- Die Welt hören". Was genau es da zu hören gibt? Von Holger Zimmer

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Retten, was zu retten ist, um „Spuren fremden Singens und Sagens“ zu bewahren – das war das Credo der Klangforscher im Berliner „Phonogramm-Archiv“ um 1900: So sollten damals Traditionen der Völker dokumentiert werden, von tatarischen Weisen bis zu schlesischen Dialekten.

Aufnahmekapazität: Keine drei Minuten

In großen Regalvitrinen erkundet man hier in der Humboldtbox auch die Evolution der Aufnahmetechnik: Man staunt über die sperrigen Metall-Trichter von Edisons „Phonograph“ von 1877, der Töne auf eine Wachswalze aufzeichnete – nur zweieinhalb Minuten Klang passten darauf. Doch die Technik ist nur ein Aspekt der Schau: Die Ausstellung „Die Welt hören“ soll einen Vorgeschmack geben auf das künftige Humboldtforum. Wenn es nach Gründungsintendant Neil MacGregor geht, werden dort mehr Klänge zu hören sein als in jedem anderen Museum der Welt. Und so präsentieren sich jetzt zwei Berliner Sammlungen. Neil MacGregor:

„Zu den grössten Schätzen, die in das Humboldtforum einziehen, gehören die beiden Klangarchive des Ethnologischen Museums und der Humboldt-Universität. Beide bieten uns die Chance, Menschen aus anderen Zeiten und Kulturen sehr nah, manchmal beunruhigend nah zu kommen. Nichts mahnt uns so eindringlich an das gemeinsame Menschsein wie der Klang einer fremden Stimme.“ Neil MacGregor

Wem gehören die Klänge?

Programmatisch ist dabei nicht nur die Präsenz von Tönen als Ausstellungsstücken, sondern auch die zunehmend kritische Beschäftigung mit den eigenen Beständen. Denn die Ausstellung stellt ganz deutlich die Frage: Wem gehören die Klänge? So geht es hier etwa um die frühen Aufnahmen, die Sprachforscher während des Ersten Weltkrieges in Kriegsgefangenenlagern machten: Als „exotisch“ geltende Gefangene mussten damals Musik oder Gedichte in verschiedenen Sprachen aufnehmen. Auszüge davon kann man hören, umrahmt von Interviews mit Wissenschaftlern. Solche Art Reflektion soll wegweisender Teil des künftigen Humboldt-Forums werden, bekräftigt auch Lars-Christian Koch, demnächst dessen oberster Sammlungsleiter:

„Wenn es um die Kriegsgefangenen geht, da ist sehr klar dass wir mit den Herkunftskulturen zusammenarbeiten, die das Material aufarbeiten und in die Gegenwart übertragen. Für uns ist das ein zentrales Anliegen – denn es geht nicht darum, dass wir uns nostalgisch mit den Aufnahmen beschäftigen. Nein, es geht ja darum, was bedeutet das heute noch.“ Lars-Christian Koch

Ureinwohner wollen nicht, dass ihre Zeremonien zu hören sind

Doch der Teil der Ausstellung „LAUT“, in dem all diese Fragestellungen kulminieren, ist ein schmaler Raum, in dem man einfach gar nichts hört! Hier geht es um alte Aufnahmen von Navajo-Heilungszeremonien. Doch Vertreter des Stammes sind dagegen, diese ihnen heiligen Klänge heute wieder zugänglich zu machen. Daher bleiben diese Archiv-Schätze unhörbar.

„Diese Tonaufnahmen sollen nur Eingeweihte hören. Die Navajo-Indianer möchten aber, dass die Aufnahme hier aufbewahrt werden. Und das ist die Rolle des Hauses, diese komplexen Fragen zur Debatte zu bringen und hier öffentlich zu diskutieren.“ Neil MacGregor


Humboldt-Box, Schlossplatz 5, 10178 Berlin. Geöffnet täglich 10-18 Uhr, der Eintritt ist frei