Erstaunlich, wie kämpferisch sich ausgerechnet der Intendant des Berliner Friedrichstadt-Palasts, Berndt Schmidt, gegen Extremismus und Gewalt engagiert. Er schrieb im letzten Jahr einen kontrovers diskutierten Brief an seine Mitarbeiter, wonach er keine „AfD-Wähler“ als Zuschauer haben will:
"Wir werden uns künftig noch deutlicher als bisher von 20 oder 25 Prozent unserer potenziellen Kunden im Osten abgrenzen und von Hohlköpfen mit Migrationshintergrund selbstverständlich auch. Ich will all deren Geld nicht." Berndt Schmidt
Publikum ist vielfältig
Das Haus ist ein riesiger Unterhaltungstempel und lebt nicht zuletzt von Touristen. Da könnten sich die Verantwortlichen bei der heiklen Debatte über Flüchtlinge „vornehm“ zurückhalten und politische Bekenntnisse den Schauspielhäusern und der Freien Szene überlassen. Stattdessen profiliert sich Schmidt mit klaren Aussagen und vergleichsweise mutigen Taten, denn sein Publikum ist weitaus vielfältiger als etwa die Zuschauer von Sprechtheatern, meist aufgeklärte, liberale Großstadtbewohner. In die Revue dagegen strömen auch zahlreiche Gäste Berlins, und die kommen keineswegs alle aus Intellektuellenkreisen.
"Anteilnahme hilft mehr als Schweigen"
Immer wieder verwies Schmidt darauf, aus wie vielen Nationen die Mitarbeiter des Friedrichstadt-Palasts kommen, wie wichtig das entspannte, internationale Miteinander für die Kunstform Revue ist. Jetzt startete das Haus die Aktion „KartenGegenTaten“, wonach Opfer von Hass und Gewalt mit Ehrenkarten entschädigt werden sollen.
"Als größte Bühne des Landes Berlin ist unser Haus der Palast aller Berliner*innen und aller in Deutschland lebenden Menschen. Betroffene von Hass und Gewalt sollen spüren, dass die Tat und die Täter*innen abgelehnt werden und dass ‚wir‘, die Mehrheit der Gesellschaft, auf der Seite der Betroffenen sind. ‚Die Gesellschaft‘ sind für uns alle, die deutsch geboren oder deutsch wurden oder in Deutschland längere Zeit oder dauerhaft leben. Die meisten schlechten Taten sind mit guten Taten nicht aus der Welt zu schaffen, aber Anteilnahme hilft den Betroffenen dennoch mehr als Schweigen und Wegsehen." Berndt Schmidt
Angebot an Einkommensschwache
Der Intendant versteht seine Entscheidung nach eigenen Worten als „kleinen Akt der Solidarität und der Versicherung, nicht allein zu sein“. Ergänzt wird die Aktion durch ein Angebot an sozial Schwache, den Friedrichstadt-Palast zum Sonderpreis von fünf Euro zu besuchen. Dabei wird nicht geprüft, ob wirklich eine „Bedürftigkeit“ vorliegt, was speziell in Berlin außerordentlich großzügig ist, gibt es dort doch besonders viele Sozialhilfe-Empfänger. Der Friedrichstadt-Palast wird jährlich mit elf Millionen Euro staatlich gefördert und hat 1895 Plätze.