Ziemlich poetisch, wie die Amerikaner ihre Generationen bezeichnen: Da gab es die "verlorenen" Menschen, die im Ersten Weltkrieg einen hohen Blutzoll zahlen mussten und sich in den wilden Zwanzigerjahren bis zur Besinnungslosigkeit austobten, gefolgt von der "großartigsten Generation", die sich im Zweiten Weltkrieg bewährte, manchmal heldenhaft. Ihre Kinder wiederum, die in den Dreißiger- und Vierzigerjahren des letzten Jahrhunderts aufwuchsen, gelten als "stille Generation", weil sie nicht gelernt hatten, aufzubegehren, sondern sich anzupassen.
Skeptische Generation - Flakhelfer mussten sich rechtfertigen
In Deutschland werden die Generationen, die im frühen zwanzigsten Jahrhundert geboren wurden, aus naheliegenden Gründen anders betitelt. Das beginnt mit der neuromantischen Jugendbewegung um 1900, die mit ihrem nationalen Überschwang in Erinnerung blieb, sich für Abenteuer in der freien Natur begeisterte und voller Pathos in den Ersten Weltkrieg zog. Der mehrfach oscarprämierte Film "Im Westen nichts Neues" setzte ihr gerade wieder ein höchst beklemmendes Denkmal. Es folgte die Skeptische Generation, so der Bestseller-Titel aus dem Jahr 1957 des einst sehr prominenten Soziologen Helmut Schelsky.
Dazu gehören die "Flakhelfer", die um 1925 geboren und vom Nationalsozialismus indoktriniert wurden. Viele waren in ihrer Kindheit und Jugend überzeugte Hitler-Bewunderer, wie der Schauspieler Hardy Krüger sen. (1928 - 2022) oder der Schriftsteller Günter Grass (1927 - 2015). Ihr Leben lang waren sie verdammt, die eigenen Biografien immer wieder aufzuarbeiten und von den Nachgeborenen auch noch im hohen Alter an ihrem Verhalten in der Teenager-Zeit gemessen zu werden, was mitunter so ungerecht wie wohlfeil anmutete.
68er: "Mehr Demokratie wagen"
Diejenigen, die aufgrund ihres Alters der Einberufung entgingen und als "Weiße Jahrgänge" weder bei der Wehrmacht, noch bei der 1957 gegründeten Bundeswehr dienen mussten, werden wie in den USA als Stille Generation bezeichnet. Das sind die Geburtsjahrgänge der Dreißigerjahre, die als Kinder noch die Ängste im Luftschutzbunker mitmachten und in Trümmern aufwuchsen. Sie gelten als bescheidene, duldsame "Traditionalisten", die harte Arbeit nicht scheuten und denkbar unpolitisch waren.
Genau das lässt sich von den unmittelbar nachfolgenden Achtundsechzigern nicht sagen: Sie rechneten wie der Studentenführer Rudi Dutschke (1940 - 1979) mit ihren NS-belasteten Eltern lautstark ab, krempelten die Universitäten um, sympathisierten mit der mehr oder weniger radikalen Linken und wollten "mehr Demokratie wagen", wie es Willy Brandt 1969 in seiner Regierungserklärung ausdrückte. "Wir schaffen das moderne Deutschland" hieß es, Geld spielte dabei noch nicht die Hauptrolle. Wer was gelten wollte, gab sich rebellisch, wie Ex-Außenminister Joschka Fischer (geboren 1948) oder Altkanzler Gerhard Schröder (Jahrgang 1944).
Babyboomer mit steiler Karriere
Die Babyboomer, die um 1960 geboren wurden, profitierten in jeder Hinsicht von den Reformen der 68er, wenn die damaligen, sehr ideologiebehafteten Bildungsexperimente im Nachhinein auch nicht mehr durchweg für gut befunden werden. Den ungestümen Aufbruchsgeist ihrer Hippie-Eltern teilten die Boomer nicht, ganz im Gegenteil: Sie demonstrierten ziemlich verzagt gegen das Waldsterben und die Nato-Nachrüstung und widmeten sich ansonsten der möglichst steilen Karriere. Die Achtzigerjahre gelten als Geburtsstunde des Turbokapitalismus, der im Film "Wall Street" (1987) eindrucksvoll vorgeführt wurde.
Berufstätige Eltern - "Schlüsselkinder" der Generation X
Die Generation X der um 1975 Geborenen, auch als "Slacker" bezeichnet, kam nach Auffassung von Soziologen die Orientierung gründlich abhanden. Ihre Angehörigen mussten sich damit abfinden, dass nicht selten beide Elternteile berufstätig waren ("Schlüsselkinder"). Sie selbst gelten teilweise als "Konsumverweigerer" und müssen damit klarkommen, dass sie womöglich niemals das Wohlstandsniveau der Babyboomer erreichen werden, allerdings die ökologischen Folgen des ungezügelten Wachstumskurses der Nachkriegszeit mittragen müssen. Umweltschutz ist diesen Menschen daher in der Regel sehr wichtig.
Millennials haben Work-Life-Balance im Fokus
Die Generation Y, die in der "Wendezeit" um 1989 geboren wurde, wird auch als "Millennials" bezeichnet. Sie wuchs mit digitalen Medien auf, kennt keine Welt ohne Smartphones und Netz. Nach den Erhebungen der Soziologie steht die "Work-Life-Balance" bei diesen Menschen im Mittelpunkt, wird die Sinnfrage gestellt und die eigene Individualität betont. Wie gemeinschaftsorientiert diese Generation ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Der Klimawandel ist jedenfalls eines ihrer ganz großen Themen.
Gen Z: Aufgeschlossen, aber egozentrisch?
Besonders ungeduldig und anspruchsvoll soll die Generation Z sein, die bis 2010 geboren wurde. Sie gilt als aufgeschlossen und neugierig, global ausgerichtet, aber auch sehr egozentrisch. Das eigene Wohlbefinden ist wichtig, die Aufmerksamkeitsspanne im Vergleich zu Älteren nicht selten gering. Die freie Entfaltung eigener Interessen wird nachdrücklich eingefordert. Wer es sich leisten kann, reduziert die Arbeitszeit, um privaten Neigungen nachgehen zu können. Im Vergleich zu Generation X gilt sie als weniger ehrgeizig. Sie scheinen ihre Probleme anders anzugehen und häufiger Therapie-Angebot in Anspruch zu nehmen: In den USA sollen 37 Prozent der Angehörigen dieser Alterskohorte in Behandlung sein.
Generation Alpha: Sprachlich im Rückstand und überfordert?
Wer heute sehr jung ist, wird zur Generation Alpha gezählt. Es gibt Studien - beispielsweise die "Generation Alpha Studie" des Instituts für Generationenforschung - die diese Kinder unter zehn Jahren als überbehütet und sozial auffällig beschreiben. Sie seien sprachlich im Rückstand und schnell überfordert. Ob das auf die Mehrheit zutrifft, sei dahin gestellt. Soziologen sagen dieser Generation voraus, dass sie vom Klimawandel und Wassermangel betroffen sein wird, von digitaler Bevormundung und geringer Integrationsfähigkeit, auch von Migrationskonflikten.
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