Thomas Newton sitzt in seinem luxuriösen Apartment, trinkt Gin und schaut Fernsehen. Er ist ein Außerirdischer, die Figur, die David Bowie 1976 im Kinofilm „Der Mann, der vom Himmel fiel“ verkörpert hat. Das Musical zeigt, was viele Jahrzehnte später aus Newton geworden ist. Ein hoffnungsloser reicher Mann, gestrandet und einsam. Er wartet auf den Tod, kann aber nicht sterben.
Traum vom Bau einer Rakete
Der Norweger Hans Petter Melo Dahl spielt Newton mit David-Bowie-Föhnfrisur, einem eng anliegenden, schimmernden Anzug und glitzernden Schuhen. Der leichte Akzent gibt ihm eine Ahnung von Fremdheit. Kühl und in kerzengerader Haltung steht er in der Kuppel seines Hauses, zu der revueartige Treppen führen. Die Figuren könnten alle aus seinem Kopf stammen. Da gibt es ein namenloses Mädchen, das ihm Hoffnung geben will und ganz naiv vom Bau einer Rakete träumt. Eine Assistentin will die Rolle von Newtons verstorbener Geliebten einnehmen. Und ein androgyner Mörder namens Valentine killt ein paar Leute, die dramaturgisch kaum eine andere Funktion haben, als sich von ihm umbringen zu lassen.
Gewissenloser schwarzer Engel
André Kaczmarczyk entwickelt lasziv und elegant als Valentine den neben Newton präsentesten Charakter des Abends, einen schwarzen Engel, gewissenlos und verführerisch. Die anderen bekommen weniger Konturen, die Handlung verläuft sprunghaft und assoziativ. Das könnte in Verbindung mit Bowies Songs eine Qualität sein, Autor Enda Walsh schreibt, das Stück solle sich anfühlen wie ein „Fiebertraum“. Doch in Matthias Hartmanns Inszenierung fiebert wenig, er inszeniert stilistisch völlig verschiedene Szenen. Wenn Newtons Assistentin mit ihrem Ehemann streitet, wirkt das wie Edelboulevard von Yasmina Reza.
Es fehlt Bowies Distanz
Kameraleute laufen über die Bühne, die Darsteller posieren für sie. Die Bilder werden auf Videoscreens projiziert, auf denen auch sonst allerhand flackert. Die Choreographie bleibt einfallslos, oft flüchten sich Darsteller und Tänzer in Musicalklischees. So kommt kein Flow zustande, und was Poesie sein könnte, wirkt oft hölzern. Auch David Bowie gab sich häufig distanziert, tat dies aber in einem klar stilisierten Rahmen, der in Düsseldorf fehlt. Szenisch überzeugen nur ein paar Kabinett-Stückchen wie ein Treppenfall in Zeitlupe. Dafür singt das Ensemble ausgezeichnet, begleitet von einer hervor ragenden Band im Orchestergraben.
Kalte Kunstinstallation mit Gags
Das Publikum jubelte im Stehen und sehr lange, die Aufführungen sind bis Ende März fast ausverkauft. Ökonomisch ist das „Lazarus“-Musical also ein Erfolg, und wer die Songs hören möchte, wird ausgezeichnet bedient. Doch ein Blick in den Kopf des sterbenden David Bowie gelingt Matthias Hartmann nicht, nur eine kalte Kunstinstallation mit ein paar Gags, opulenter Optik und viel Leerlauf.
Weitere Vorstellungen am 6., 16., 17. Februar und 3., 31. März , gute Karten gibt es wieder ab April.