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Aus Lyon und Basel: Neue Intendanten für Münchens Theater

Aus Lyon und Basel: Neue Intendanten für Münchens Theater

Die Namen sind bekannt, ja sogar offiziell bestätigt, wenn auch noch verhandelt wird: Münchens Spitzen-Theater bekommen demnächst neue Chefs. Bislang regieren in den wichtigsten Bühnen der Landeshauptstadt lauter Österreicher. Von Peter Jungblut

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Noch sind Münchens Theater fest in österreichischer Hand, aber so, wie es aussieht, nicht mehr lange: Der Niederösterreicher Josef Köpplinger leitet das quirlige Gärtnerplatztheater, der Steiermärker Nikolaus Bachler die große und renommierte Staatsoper, der Kärntner Martin Kusej das gediegene Staatsschauspiel. Alle drei machen ihre Arbeit ordentlich, wenn auch nicht unbedingt spektakulär, aber wer kann das schon von sich behaupten. Und wie das mit Österreichern in Deutschland so ist: Allen drei Intendanten wird nachgesagt, dass sie sich nach ihrer Heimat zurücksehnen und am allerliebsten wieder in Wien arbeiten würden.

Österreicher sehnen sich nach Wien

Bei Martin Kusej steht das schon fest: Er wird in zwei Jahren Chef des dortigen Burgtheaters. Nikolaus Bachler geht 2021 in Rente und will mit dann 70 Jahren erklärtermaßen kein großes Haus mehr führen, sondern dank seiner internationalen Vernetzung wohl eher als Berater tätig sein. Wie lange Josef Köpplinger in München bleibt, steht dahin, gerüchteweise interessiert er sich für die Leitung eines der drei Wiener Opernhäuser. Wie auch immer: Jetzt scheint festzustehen, wie die Münchener Theaterzukunft aussieht, wenn die Verträge auch noch nicht unterschrieben sind, also noch verhandelt wird.

Die Welt bewegen, nicht die Abonnenten

Demnach wird Serge Dorny aus Lyon neuer Chef der Staatsoper, an seiner Seite der Russe Vladimir Jurowski als neuer Generalmusikdirektor. Beide könnten ein starkes Team werden: Dorny steht für engagiertes, auch provokantes Regietheater, Jurowski für seelenvolle, hoch emotionale Musik. Letzteres dürfte das verwöhnte Münchener Opernpublikum lieben, ob es auch zeitgemäßes Regietheater mag, sei dahin gestellt. Dorny ging beim großen Gerard Mortier in die Schule, und der mischte immerhin Paris, Madrid und die Salzburger Festspiele auf. Gediegenheit war nicht gerade sein Markenzeichen, und auch Dorny will mit Theater nicht nur Abonnenten bewegen, sondern die Welt.

Querdenker und Quermacher

Vermutlich gilt das sogar für alle engagierten Theaterleute, aber der eine geht dabei eben behutsamer und vorsichtiger vor als der andere. Dorny scheut keine Konflikte, deshalb musste er auch einen schon unterschriebenen Vertrag an der Dresdener Semperoper wieder aufgeben: Der dortige Musikchef Christian Thielemann wollte sich nichts vorschreiben lassen, und den Politikern war ein international gefragter Pult-Star wichtiger als ein umstrittener Querdenker und Quermacher wie Dorny. Bleibt das Bayerische Staatsschauspiel, wo offenbar der bisherige Baseler Intendant Andreas Beck das Rennen gemacht hat und als Nachfolger von Martin Kusej schon 2019 anfangen soll. Ungewöhnlich, denn der im Ruhrgebiet geborene Beck ist erst seit 2015 in Basel, würde also schon nach vier Jahren wechseln, wo zehn Jahre Intendanz eigentlich der Normalfall sind.

Mit Experimenten Grenzen ausloten

Außerdem verwunderlich: Beck hatte in Basel Erfolg bei Publikum und Kritikern und kündigte trotzdem öffentlich an, nur bis maximal 2020 zu bleiben - womöglich, weil Stadt und Kanton Baselland ihm das Leben mit finanziellen Kürzungen schwer machten, vielleicht auch, weil das "Bewährte" beim schweizerischen Publikum wesentlich besser ankommt als das Moderne. Beck gilt als gemäßigt innovativ, liebt das zeitgenössische Regietheater, hadert aber nicht mit konventionelleren Arbeiten. Das unterscheidet ihn von Matthias Lilienthal, der noch die Münchner Kammerspiele, das städtische Haus leitet. Dort wird so viel experimentiert, dass das Publikum kaum noch mitkommt. Es gibt also Grenzen – sie immer wieder auszuloten, das ist Aufgabe der neuen Intendanten.