Das Bild hat einen besonderen politischen Bezug zu Deutschland: Tim ist dabei zu sehen, wie er in der Geschichte "König Ottokars Zepter" die Annexion des fiktiven Lands "Syldavien" an den Aggressor "Bordurien" verhindert und soeben heimlich eine Grenze überschreitet. Der Comic spielt damit auf die politische Lage von 1939 an, als er in der katholischen Illustrierten "Le Petit Vingtième" erschien. Damals war der Anschluss von Österreich an Nazi-Deutschland (1938) gerade vollzogen, was in Europa großes Entsetzen auslöste.
Biograph spricht von "Prunkstück"
Die quadratische Zeichnung von 20,70 Zentimeter Seitenlänge zeigt Tim, der mit einer Weinflasche und einem Brot aus Bordurien flieht, mit Struppi an seiner Seite. Kurz danach, auf einem späteren Bild, werden Verfolger die Flasche zerschießen. Das von Hergé in Aquarellfarben kolorierte Bild für das Titelblatt taucht in dem eigentlichen Comic gar nicht auf - ein Grund für den hohen Preis. Bereits die Schätzung hatte 600 000 Euro betragen. Hergé-Biograph Philippe Goddin hatte im Auktionskatalog von einem "Prunkstück" gesprochen. "Ottokars Zepter" erschien, nachdem bereits sieben Alben mit "Tim & Struppi" auf den Markt gekommen waren. Daher, so Goddin, sei Hergé "auf der Höhe seines grafischen und erzählerischen Schaffens" gewesen.
"Aus dem Nachlass eines Freundes"
Die Zeichnung stammt nach Goddins Angaben aus dem Nachlass eines Hergé-Freundes. Dessen Familie soll sie fast 80 Jahre in Besitz gehabt haben, bevor sie nun versteigert wurde. Unter den Hammer kamen in Paris viele weitere Comic-Zeichnungen, unter anderem von Autoren wie Hugo Pratt, Gotlib und Franquin. Für eine Überraschung sorgte eine Farbillustration des belgischen Lucky-Luke-Schöpfers Morris. Sie fand für 149.500 Euro einen Bieter, das Sechsfache des Schätzpreises. Insgesamt wurden bei der Comic-Auktion laut Christie's rund 2,6 Millionen Euro erzielt.