Für die deutsche Sektion der Petrusbruderschaft mit Sitz im schwäbischen Wigratzbad (Landkreis Lindau) ist es eine Premiere: Erstmals wird mit dem Augsburger Bischof Bertram Meier ein deutscher Diözesanbischof neuen Klerus für die traditionalistische Bruderschaft weihen, die die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnt.
"Bei einem Treffen im vergangenen Jahr lud Pater Vincent Ribeton, Regens des Priesterseminars St. Petrus, Bischof Bertram Meier ein, Weihen für das Priesterseminar St. Petrus zu spenden. Der Bischof erklärte sich spontan dazu bereit", teilte die Petrusbruderschaft auf BR-Anfrage mit. Diakon- und Priesterweihen sind in der katholischen Kirche Bischöfen vorbehalten. Weil jedoch keine Bischöfe zur Petrusbruderschaft gehören, muss sich die Gemeinschaft bei anstehenden Weihen selbst um einen Bischof bemühen.
Petrusbrüder aus Piusbruderschaft hervorgegangen
Anders, als die von dem später exkommunizierten Erzbischof Marcel Lefebvre gegründete Piusbruderschaft, die sämtliche Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ablehnt, steht die Petrusbruderschaft in Gemeinschaft mit Rom, ist aber aus der Piusbruderschaft hervorgegangen. "Einige Priester und Seminaristen der Priesterbruderschaft St. Pius X. wollten den Schritt der Trennung von Rom nicht mitvollziehen, gleichzeitig aber – wenn nur irgendwie möglich – der überlieferten Liturgie treu bleiben", heißt es auf der Homepage der Petrusbruderschaft über deren Entstehung.
Um der Einheit mit dem Papst Willen gewährte ihnen der Vatikan die Feier der Liturgie nach dem vorkonziliaren Messbuch und anerkannte die inzwischen weltweit vertretene Petrusbruderschaft 1988 als "Klerikale Gesellschaft Apostolischen Lebens Päpstlichen Rechtes".
Liturgiewissenschaftler: Weihe "eigentlich selbstverständlich"
Hierzulande fand sich bis dato aber trotzdem kein deutscher Bischof, der die traditionsverbundenen Petrusbrüder durch den Akt der Weihe unterstützen wollte. Die Petrusbrüder der deutschen Sektion, die heute 64 Priester an 77 Messorten zählt, griffen auf ihnen wohlgesonnene Bischöfe aus dem Ausland zurück, etwa den französischen Bischof Marc Aillet oder den Schweizer Bischof Vitus Huonder, der nach seiner Emeritierung indessen in ein Haus der Piusbrüder gezogen ist.
"Eigentlich müsste es selbstverständlich sein, dass ein Bischof Diener der Einheit für das ganze Volk Gottes sein will und deshalb auch in seiner Diözese bei einer kanonisch anerkannten Gemeinschaft der römisch-katholischen Kirche die heiligen Weihen spendet", sagt der Münchner Liturgiewissenschaftler Winfried Haunerland. So wie nun eben der Augsburger Bischof, in dessen Diözese der Sitz der Deutschen Sektion der Petrusbruderschaft liegt.
Franziskus gegen Papst Benedikt XVI. und Alte Messe
Haunerland zufolge könne der Gebrauch der vorkonziliaren Messbücher aber "eine Distanzierung von der Liturgiereform und vom Zweiten Vatikanischen Konzil" zum Ausdruck bringen. "Nicht zuletzt deshalb hatte Papst Franziskus im Jahr 2021 mit seinem Motu proprio 'Traditionis custodes' die Bestimmungen von Papst Benedikt XVI. im Motu proprio 'Summorum Pontificum' aus dem Jahre 2007 weitgehend aufgehoben."
Während Benedikt XVI. die Feier der Alten Messe zunächst wieder in größerem Umfang ermöglichte, nahm Franziskus diese Bestimmung im vergangenen Jahr weitgehend zurück. Denn Franziskus kam im Gegensatz zu seinem Vorgänger zu dem Schluss, dass die Feier der Alten Messe dazu beitrage, "Abstände zu vergrößern, die Unterschiede zu verhärten, Gegensätze aufzubauen, welche die Kirche verletzen und sie (...) der Gefahr der Spaltung aussetzen".
"Liturgisch und theologisch schwierige Situation"
Für die weltweit aktive Petrusbruderschaft war es kirchenrechtlich zunächst unklar, was "Traditionis custodes" für ihre Gemeinschaft bedeutet. Erst im Februar dieses Jahres kam dann der Erlass von Papst Franziskus, wonach der Bruderschaft die Feier der Alten Messe auch weiterhin zugestanden wird, offenkundig auch aus der Sorge heraus, es könne andernfalls genauso zum Bruch mit den Petrusbrüdern kommen wie schon mit den Piusbrüdern.
"Doch auch wenn Papst Franziskus im Blick auf die Petrusbruderschaft die genannte Sorge offensichtlich nicht für vorrangig hält", meint Liturgiewissenschaftler Haunerland, habe nun das Handeln des Augsburger Bischofs "eine unvermeidliche Doppeldeutigkeit oder Missverständlichkeit. Diese resultiert freilich aus einer kirchenrechtlich, liturgisch und theologisch schwierigen Situation, die durch die päpstlichen Entscheidungen der vergangenen Jahre entstanden ist."
Der Liturgiewissenschaftler Martin Klöckener hält Meiers Entscheidung sogar für "extrem problematisch". Gegenüber dem Online-Portal kath.ch sagte der Theologe im Schweizerischen Freiburg lehrende Theologe: "Die Petrusbruderschaft wird sich nie als Teil der Diözesangemeinschaft von Augsburg verstehen und ist es auch rechtlich nicht. Der Bischof ist nicht ihr Ordinarius und hat keinerlei kirchenrechtliche Zuständigkeit für sie."
Meier: Alt Messe gibt vielen "Halt in ihrer Glaubenspraxis"
Bischof Meier begründete seine Zusage zur Diakonweihe bei der Petrusbruderschaft unter anderem damit, dass die Bruderschaft in die "vielfältige geistliche Geografie" mit Klöstern, Ordensgemeinschaften und geistlichen Gruppierungen ganz unterschiedlicher Spiritualität in der Diözese gehöre. Der Einladung zur Diakonweihe sei er entsprechend "gerne" gefolgt.
"Die traditionelle Liturgie gibt nach wie vor Katholiken in unserem Bistum und weltweit Halt in ihrer Glaubenspraxis", teilte Meier weiter mit. So zum Beispiel für die Vereinigung "Pro Missa Tridentina", die sich seit Jahrzehnten für die Alte Messe einsetzt. Deren deutsche Sprecherin Monika Rheinschmitt wertet Meiers Zugehen auf die Petrusbruderschaft als "Schritt hin zu mehr liturgischem Frieden". Sie hoffe, "dass nach diesem ersten Schritt von Bischof Meier noch weitere deutsche Bischöfe Einladungen zu Pontifikalämtern im überlieferten römischen Ritus annehmen werden".
Die nächste Priesterweihe in Wigratzbad, die im Juni ansteht, wird Meier indessen nicht übernehmen. Dafür habe die Bruderschaft bereits einen anderen Bischof gewonnen: Czesław Kozon aus Kopenhagen, der in Deutschland zuletzt durch seine Kritik am Reformprozess "Synodaler Weg" der deutschen Bischöfe und dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken aufgefallen war. Auch in dem Punkt steht ihm sein Augsburger Amtskollege nahe.
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