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Matthias Lilienthal

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"Auf die Nase fliegen": Matthias Lilienthal bleibt sich treu

Als Intendant ist er wegen seiner Bühnen-Experimente hoch umstritten und wird München 2020 verlassen, doch Kammerspiel-Chef Lilienthal kündigte ungerührt weitere Wagnisse an. Ein Roboter als Hauptdarsteller, ein 10 Stunden-Stück. Von Peter Jungblut.

Über dieses Thema berichtet: LÖSCHEN Kultur am .

Nicht zuletzt auf Druck der CSU-Stadtratsfraktion musste Lilienthal seinen Rückzug ankündigen. Eine Vertragsverlängerung war immer unwahrscheinlicher geworden. Mangelnde Auslastung und zunehmend irritierte Zuschauer hatten die Kammerspiele an der Münchner Maximiliansstraße in eine Krise rutschen lassen. Auch viele Kritiker waren vergrätzt. Andere freilich zeigten sich über Lilienthals Wagemut begeistert. Inzwischen gilt der Intendant als einer der Kandidaten für die Leitung der Berliner Volksbühne, deren Intendanz seit dem überstürzten Rückzug von Chris Dercon verwaist ist.

"Bescheidenheit nicht unsere Art"

Bescheidenheit sei "nicht so ganz unsere Art" wird Lilienthal bei der Vorstellung des Spielplans für die kommende Saison 2018/2019 zitiert. Damit hatte auch niemand gerechnet. Ganz im Gegenteil: Die Provokation war nicht nur Lilienthals erklärtes Ziel, sie war auch ganz im Sinne des Münchner Kulturreferenten Hans-Georg Küppers (SPD), der die Kammerspiele schlagzeilenträchtig positionieren wollte, möglichst unterscheidbar vom weniger experimentierfreudigen Staatsschauspiel, dem Residenztheater auf der anderen Straßenseite.

"Jetzt erst recht"

Die örtliche CSU störte sich nicht nur an den vergleichsweise geringen Einnahmen der Kammerspiele, sondern auch an "zu viel Performance", zu wenig traditionellem Sprechtheater. Was in Berlin am Theater Hebbel am Ufer funktioniert hatte, gelang Lilienthal an der Isar nicht so recht, nämlich junge, neugierige Zuschauer für ganz neue Theaterformen einzunehmen. Gleichwohl bleibt er sich treu, nach dem Motto "Jetzt erst recht". Er habe sich gefragt, so der Intendant, "was ist ein Projekt, mit dem wir so richtig schön auf die Nase fliegen können". Herausgekommen sei das das Projekt "Dionysos Stadt". Das entsprechende Stück soll zehn Stunden in Anspruch nehmen und von Hausregisseur Christopher Rüping inszeniert werden. Das Theater wolle den Zuschauer darin in den dionysischen Kult der Antike entführen - mit Alkohol, Essen und Schlaf während der Vorführung.

Roboter auf der Bühne

"Unheimliches Tal / Uncanny Valley" hingegen blickt in die Zukunft und fragt nach den Auswirkungen von künstlicher Intelligenz. Der einzige Darsteller: Ein Roboter, der dem Autor Thomas Melle nachempfunden ist und das Leiden unter Depressionen schildert. Melle hatte 2016 den Roman "Die Welt im Rücken" vorgelegt, in dem es um seine bipolare Persönlichkeitsstörung geht. 2017 wurde am Wiener Burgtheater eine Theaterfassung uraufgeführt. Die nächste Theatersaison an den Münchner Kammerspielen beginnt am 4. Oktober.