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Farid Bang und Kollegah

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Antisemitismus? Debatte um Echo für Kollegah und Farid Bang

Der Musikpreis Echo ist umstritten, denn er ehrt kontroverse Bands wie Frei.Wild, ohne deren politische Botschaft zu hinterfragen. Jetzt wird wieder eine Echo-Nominierung heftig diskutiert: JBG3 von Farid Bang und Kollegah. Von Lili Ruge

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Es gibt im Rap verschiedene Genres. Während Leute wie Cro oder Casper zum Beispiel populären Rap machen, geht es im Battle-Rap darum, einen imaginären Gegner möglichst hart zu beleidigen. In diesem Kontext ist auch die Line entstanden, die jetzt im Zuge der Echo-Verleihung kritisiert wird:

"Und wegen mir sind sie beim Auftritt bewaffnet/ Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen" Farid Bang auf 0815

Die Rapper Farid Bang und Kollegah beanspruchen für sich, im Battle-Rap-Genre die härtesten Texte zu schreiben und am meisten zu provozieren. Es hat zum Beispiel im Vorfeld zum Album JBG3 (JungBrutalGutaussehend, das Album 3) auf dem der Song 0815 ist, die scherzhafte Abmachung gegeben, dass Farid Bang eine Zeile rappen würde, die ihn auf jeden Fall vor Gericht bringt. Das hat nicht geklappt. Umso heißer wird die Diskussion jetzt geführt.

Ist das noch Kunst oder schon Antisemitismus?

Eine judenfeindliche Haltung kann man weder Farid Bang noch Kollegah persönlich unterstellen. Die Ausgangsfrage für ihre Texte ist eher: Was kann eigentlich heute in Deutschland noch gesagt werden, das wirklich schockt? Die Rapper haben das plumpe Beleidigen zur Kunstform erhoben. In der Regel gilt aber auch im Battle-Rap: Harte Beleidigungen gehören zum Handwerk, aber persönliche Verletzungen sind tabu, und nur weil etwas von der Kunsfttreiheit abgedeckt ist, muss es nicht gesagt werden.

Auch Battle-Rap hat Grenzen

Wo auch im Battle-Rap die Grenzen liegen, das ist Farid Bang wahrscheinlich erst klar geworden, nachdem sich die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano zu seinem Auschwitz-Vergleich geäußert hat: Sie sagte die Line "Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen sei "beleidigend für alle, die Leid in sich tragen". Farid Bang hat er sich reumütig gezeigt und sich für seine Unreflektiertheit entschuldigt.

Komplizierter ist der Fall bei Kollegah, der bietet nämlich teilweise schon antisemitische Deutungen seiner Texte und Videos an. Da taucht mal ein Gegner mit Davidstern-Motiv auf, der zum Wohle der Menschheit bekämpft werden muss, oder klassische Motive aus den antisemitischen Verschwörungstheorien um die Rothschildfamilie. Man kann also Kollegah durchaus unterstellen/vorwerfen, antisemitsche Haltungen seiner Hörer zu bedienen. Außerdem hat er es bisher in der Debatte versäumt, sich klar gegen Judenfeindlichkeit zu positionieren. Auch wenn er vorgibt, persönlich nichts gegen Juden zu haben, ja, jüdische Freunde zu haben: Das Problem sind seine Texte.

Die Szene diskutiert

Was an der Diskussion um Farid Bang und Kollegah erschreckt: Es gibt offenbar ein junges, Rap-affines Publikum, das antisemitische Haltungen hat - und die werden von Rappern wie Kollegah und Farid Bang, wenn auch vielleicht unbewusst, bedient. Genau deswegen ist die aktuelle Debatte um das Thema so wichtig.

Sogar Bushido, der schon oft für seine Texte kritisiert worden ist, nennt den Auschwitz-Vergleich von Farid Bang geschmacklos.

Vor allem ist das Thema aber in der sehr lebendigen Deutsch-Rap-Community diskutiert worden. Viele Rap-Hörer lehnen die Zeile von Farid Bang entschieden ab. Wenn sich eine solche Ablehnung auch in den Verkaufszahlen niederschlägt, ist das eine Sprache, die auch Kollegah und Farid Bang verstehen. Und übrigens auch die Echo-Kommision, die das Album JBG3 nach wie vor für den Preis nominiert hat. Denn Grundlage der Nominierung sind die Verkaufszahlen.