Die Opern-Diva beim Ball in Wien
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Anna Netrebko

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Anna Netrebko erntet Shitstorm in ihrer russischen Heimatregion

Russische Fans hatten die im nordkaukasischen Kuban-Gebiet geborene Opern-Diva als "Kosakin" bezeichnet, worauf die Sängerin antwortete, sie werde im Unterschied zu vielen Landsleuten "geliebt". Jetzt ist die Empörung groß: "Ich bin sehr enttäuscht."

Gern postet Anna Netrebko (51) Fotos ihrer gesellschaftlichen Auftritte und begeistert damit in der Regel ihre Fans, die angeregt über ihre jeweiligen "Looks" diskutieren. Doch jetzt bekam die Sopranistin wenig schmeichelhafte Kommentare für ihre Bilder vom Ball der Wiener Philharmoniker am 19. Januar, wo sie neben anderen auch mit Tenor Plácido Domingo posierte. Grund für die Wutwelle: Ein Fan hatte kommentiert, dass Netrebko als "Kosakin aus dem Kuban-Gebiet" in ihrer Wahlheimat Wien wohl nicht besonders geschätzt werde. Darauf reagierte die Sängerin unerwartet deutlich und stellte fest, dass viele Russen tatsächlich im Westen verhasst seien, für sie persönlich gelte das allerdings nicht: "Es lieben mich nicht alle, aber sehr viele Menschen."

Außerdem verwies sie darauf, dass sie die "beste Zeit ihres Lebens" nicht im Kuban-Gebiet verbracht habe: "Also spar dir deine Anspielungen." Daraufhin ergoss sich ein Shitstorm aus ihrer Geburtsregion über die Diva: "Schade, Anna, mit einem Schlag haben Sie mit ihrem Post alles zunichte gemacht und ihre Haltung gegenüber Russland und dem russischen Volk bewiesen, es ist schade drum. Bis jetzt habe ich Sie vergöttert, jetzt werde ich mich abmelden. Ich bin sehr enttäuscht von Ihnen." Andere klagten, Hochmut komme vor dem Fall und sie sei wohl darum bemüht, jeden Verdacht zu zerstreuen, sie habe eine "Provinzmentalität": "Irgendwie ist es traurig."

"Zu spät für Benimmunterricht"

Publizist Mikhail Schaknasarow forderte alle Bewohner des Kuban-Gebiets auf, Netrebko ab sofort nicht mehr als Patriotin zu betrachten: "Anna Netrebko ist ein Mädchen vom Land, also hat das Dorf sie nie verlassen. Aber der Herr hat sie mit Talent ausgestattet, außerdem ist sie sehr sexy. Manchmal verleiht der Herr Talente, vergisst aber, ein wenig Verstand mit auszuschütten. Daher langweilen sich solche Frauen normalerweise schnell."

An die Sängerin gerichtet sagte der Journalist: "Glaubst du, du wirst in Wien oder Berlin dir selbst gehören? Ja, nie im Leben, schon gar nicht bei so einem Verhalten! Es scheint mir, dass der Status einer Operndiva und ein solches Verhalten unvereinbar sind. Auch wenn das Leben einem wirklich hart mitspielt, sollte man sich vor seiner Heimat verbeugen." Die Sopranistin habe "offenbar entschieden", sich nicht mehr an ihre Herkunft zu erinnern und sich als Frau aus "Wien, Salzburg oder Italien" zu betrachten.

"Anna, es ist zu spät für dich, Benimmunterricht zu nehmen, Bücher zu lesen. Ich nehme an, dass es bei dir dort ein Problem mit Büchern gibt", so der Landsmann von Netrebko. "Ein belesener Mensch studiert nicht nur das Leben der Helden der Werke - er beginnt an sich selbst zu arbeiten, findet sich in einigen Helden wieder, sieht seine Fehler, analysiert sich, stellt sich Fragen, ob er in einer bestimmten Situation Recht hatte. Aber für dich gilt das nicht, du lebst wie in einem Rausch."

"Alle Titel entziehen"

Der Politiker und ehemalige Parlamentsabgeordnete Roman Kudjakow sagte: "Ich glaube, dass solchen Menschen auf staatlicher Ebene alle Titel, alle Privilegien entzogen werden sollten, sie sollten aus unserem Gedächtnis gelöscht werden, damit nichts über sie bleibt. Wie können diese Leute, die hier berühmt geworden sind, die mit uns Geld verdient haben, jetzt etwas gegen uns sagen."

In regionalen Zeitungen war zu lesen, zwar sei Netrebko im Alter von 16 Jahren in die Welt aufgebrochen, um berühmt zu werden, doch habe sie immer wieder Verwandte besucht und 2006 aus den Händen des Gouverneurs den Orden einer "Heldin der Arbeit" entgegen genommen. Der Politiker würdigte damals den "Kosaken-Namen" der Sopranistin und hatte die Hoffnung geäußert, dass sie sich im Ausland allzeit als "Botschafterin" von Krasnodar verstehe: "Deshalb erwartete niemand eine solche Antwort von Anna Netrebko, für viele Fans schien es ziemlich hart zu sein."

In einem früheren Post hatte Netrebko, die auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, von "Pinschern" gesprochen, allerdings behauptet, damit nicht etwa ihre russischen Fans, sondern "einige Pressevertreter" gemeint zu haben, die ihr permanent nachstellten. Das wollten in Russland jedoch wenige glauben.

Anna Netrebko: Ende einer großen Karriere?

Archivbild: Anna Netrebko im Juli 2022 bei den Schlossfestspielen in Regensburg
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Armin Weigel

Archivbild: Anna Netrebko im Juli 2022 bei den Schlossfestspielen in Regensburg

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