Das grenzt an Realsatire, ist aber offenbar ernst gemeint: "Wenn Sie uns kontaktieren, haben Sie bitte etwas Geduld. Wir danken Ihnen für Ihren Mut", schreibt die Central Intelligence Agency (CIA) auf ihrem neuen Telegram-Kanal, mit dem sie in Russland neue Informanten gewinnen will. Alle Anträge würden "sorgfältig geprüft", heißt es im typischen Behörden-Kauderwelsch. Die CIA sei als weltweit tätige Organisation darauf angewiesen, dass Einzelpersonen "von überall" her einen sicheren Kontakt aufnehmen könnten. In einem Video werden "fiktive Russen" präsentiert, die "stillschweigend" als Agenten arbeiten. Nur so sei es möglich, "in Würde zu leben", heißt es dort: "Die CIA möchte die Wahrheit über Russland erfahren , und wir suchen nach zuverlässigen Menschen, die diese Wahrheit kennen und uns sagen können. Ihre Informationen können wertvoller sein, als Sie denken."
"Geheimnis unseres Erfolgs"
Der Aufruf richtet sich speziell an Offiziere und Führungskräfte aus der Diplomatie, Wissenschaft und Hochtechnologie, wie dem Text zu entnehmen ist: "Kontaktieren Sie uns. Vielleicht wollen die Menschen um Sie herum die Wahrheit nicht hören. Wir möchten." Die CIA beteuert, nicht an der "Destabilisierung Russlands" interessiert zu sein, sondern im Gegenteil an den Patriotismus der Russen zu appellieren. Nach wenigen Stunden kam der Telegram-Kanal auf knapp 1.700 Abonnenten. Der stellvertretende Einsatzleiter der CIA, Dave Marlowe, hatte schon im vergangenen Herbst das Motto seiner Behörde verraten: "Das Geheimnis unseres Erfolgs ist das Geheimnis unseres Erfolgs."
"Wir sind bereit zuzuhören"
Der Nachrichtensender CNN zitierte einen amerikanischen Informanten mit den Worten: "Wir wollten den Russen in ihrer eigenen Sprache vermitteln, dass wir wissen, was sie durchmachen." Die Telegram-Aktion diene der "Entmystifizierung" der Geheimdienst-Arbeit: "Die Ukraine steht im Vordergrund, aber das ist mehr oder weniger ein Symptom für etwas Größeres. Es wird in Russland immer Menschen geben, die sich mit dem identifizieren, was wir hier zu sagen haben." Gefragt, wie viele Russen sich in der Zeit seit Kriegsausbruch bereits bei der CIA gemeldet hätten, sagte ein CNN-Informant: "Wenn es erfolglos wäre, würden wir kein ähnliches Projekt versuchen."
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, sagte zum neuen Auftritt der CIA bei Telegram ironisch: "Eine sehr praktische Möglichkeit, um diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die sich dort bewerben." Die russische Botschaft in den USA schimpfte, die CIA wolle Russland "von innen heraus durch ausgefeilte subversive Methoden schwächen": "All dies bestätigt, dass die Ukraine-Krise von den herrschenden Kreisen vor Ort mit dem Ziel angeregt wurde, wie es auch in der neuen nationalen Sicherheitsstrategie der USA heißt, unserem Land eine strategische Niederlage zuzufügen."
Das amerikanische FBI hatte sich bereits vor längerer Zeit an Russen innerhalb der USA gewandt, vor allem flucht- und auskunftswillige Botschaftsangehörige: "Wir sind bereit zuzuhören."
Dorf für auswanderungswillige Amerikaner bei Moskau
Damit endet die Realsatire noch nicht: In Moskau überlegen sie nach Informationen der kremlnahen Nachrichtenagentur RIA Nowosti, ein Dorf für "konservative Amerikaner und Kanadier" zu errichten, die aus Liebe zu "traditionellen Werten" nach Russland auswandern wollen. Angeblich haben schon 200 Familien konkretes Interesse angemeldet, wie ein Anwalt aus St. Petersburg berichtete. Finanziert werden soll das Dorf von den Neuankömmlingen.
Der Jurist verstieg sich zu der Behauptung, es gebe "Zehntausende von Menschen ohne russische Wurzeln", die sich danach sehnten, nach Russland umzuziehen. Darunter seien viele Katholiken, die "an die Prophezeiung" glaubten, dass Russland das "einzige christliche Land der Welt" sein werde. Andere seien auf der Flucht vor "siebzig verschiedenen Geschlechtern" im Westen, stießen in Russland jedoch auf "große bürokratische Probleme".
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