"A scheene Leich" mit Gerhard Polt, den Well-Brüdern und Ensemble
Bildrechte: Maurice Korbel

"A scheene Leich" mit Gerhard Polt, den Well-Brüdern und Ensemble

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

"A scheene Leich": Das neue Stück von Polt und den Well-Brüdern

Ein Festmahl der Lebenden für die Toten – mit Selfies am offenen Grab. Das neue Stück von Gerhard Polt und den Well-Brüdern an den Kammerspielen ist dem Abgründigen nah. Wie das oft der Fall ist, wenn Geschäft und Gefühl aufeinandertreffen.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

So soll sie eigentlich sein: Die scheene Leich, feucht, frech und auch fröhlich, diese Feier für den Gestorbenen, die zugleich das Leben der Feiernden zelebrieren soll, mit Musik und Essen und natürlich auch starken Getränken. Dass es dieses Ritual immer seltener gibt, in der die Gemeinschaft den Abschied feiert und sich zugleich des Weiterlebens versichert, auch davon handelt nun in den Münchner Kammerspielen "A scheene Leich".

Musikalisches Kabarett mit drastischen Details: "A scheene Leich"

Es ist eine Art musikalisch-kabarettistische Nummernrevue mit theatralem Handlungsfaden, die sich Gerhard Polt und die Well-Brüder zusammen mit dem Schweizer Regisseur Ruedi Häusermann erdacht haben. Da ist der Bestattungsunternehmer Pius Brenner gestorben, der als "Nekroökonom" – wie es so schön heißt – sein florierendes Geschäft mit dem Tod betrieben hat und das nicht nur mit seiner "Pietas Ruhe GmbH & Co. KG", sondern auch als Altenheimunternehmer. Warum auch nicht, schließlich liefert das eine Kunden für das andere. Jetzt aber probt der Laienchor für die eigene Beerdigung, die Exfrau trauert ihrem Imperium nach und die junge alleinerbende Witwe schießt Selfies am offenen Grab.

Gerhard Polt und die Well-Brüder
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Gerhard Polt und die Well-Brüder

Dass unsere Gesellschaft in ihrer kompletten Verdrängung von Alter und Tod das Sterben ausgelagert hat und dabei oftmals über unmenschliche Bedingungen in Alters- und Pflegeheimen hinwegsieht, ist ein weiterer Ausgangspunkt dieses Programms. Dabei schreckt man nicht vor drastischen Details zurück, die auf Tatsachen im Fall des Schlierseer Skandalpflegeheims zurückgehen und von Würmern in offenen Wunden Verhungernder erzählen, von überfahrenen Umherirrenden und von hygienischen Unzumutbarkeiten.

Verschmitzte Poesie gepaart mit der bayerischen Anarchie der Well-Brüder

Und durch all das stiefelt der inzwischen 80-jährige Gerhard Polt auf seine so scharfsinnig-verschmitzt-melancholisch-pointierte und damit unnachahmliche Weise. Dabei wandelt er sich kurzfristig immer mal wieder einige Rollen an, ohne sich dabei selbst zu vergessen – ist mal Geistlicher, mal Geschäftsführer, mal Chorteilnehmer, mal Jurist – um dann wieder zwischendurch als Gerhard Polt im direkten Kontakt mit dem Publikum den Zeitgeist zu kommentieren.

Dass sich der durch die Regie von Ruedi Häusermann genau getaktete Abend bei aller Ernsthaftigkeit seine verschmitzte Poesie erhält, ist natürlich auch und gerade der bayerischen Anarchie der Well-Brüder zu verdanken. Die schöpfen dabei nicht nur aus dem riesigen Repertoire ihrer Instrumente, sondern zugleich auch aus der frechen Kreativität, mit der sie mit musikalischem Erbe umgehen. Und so wird auch diese "Scheene Leich" als etwas ganz Besonderes in die Annalen der Münchner Kammerspiele eingehen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!