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Der deutsche Klimaschutzplan Der entschärfte Kompromiss

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ist nicht mit leeren Händen zum Weltklimagipfel nach Marrakesch gekommen: Gerade noch rechtzeitig schafften es die Minister, einen Kompromiss zum Klimaschutzplan auszuhandeln. Auf den letzten Drücker hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) noch Erleichterungen für die Industrie durchgedrückt.

Von: Petra Zimmermann

Stand: 14.11.2016

Bundesumweltministerium Barbara Hendricks | Bild: picture-alliance/dpa

In letzter Minute hatte die Bundesregierung bei ihrem Klimaschutzplan noch Auflagen für Industrie und Kraftwerke entschärft. Strittig war zuletzt vor allem die Zukunft der klimaschädlichen Braunkohle.

Streitpunkt Kohleausstieg

Einen konkreten Termin zum Kohleausstieg enthält der Plan nun nicht mehr - lediglich die Gründung einer Kommission ist vorgesehen, die bis Mitte 2018 Vorschläge zur CO2-Einsparung in diesem Sektor entwickeln und sich mit der Abfederung wirtschaftlicher und sozialer Härten befassen soll.

Die wichtigsten Änderungen

Bis 2030: Insgesamt bleibt das Ziel,Treibhausgasemissionen auf mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken, erhalten. Aber: Die Industrie darf nun 140 bis 143 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) ausstoßen. Das sind etwa zehn Millionen Tonnen mehr als zuletzt von Hendricks vorgesehen. Die Industrie soll damit bis 2030 nur noch gut zwanzig Prozent CO2 einsparen statt der im letzten Entwurf vorgesehenen dreißig Prozent.

Das Gesamtziel von 55 Prozent an CO2-Einsparungen gegenüber 1990 soll dennoch erreicht werden, da andere Sektoren nun einfach um so mehr einsparen müssen. Denn im Gegenzug muss Hendricks nun im eigenen Ressort mehr Energie bei Gebäuden einsparen - um die acht Millionen Tonnen mehr als vorgesehen. Die restlichen zwei Millionen Tonnen CO2-Einsparung für den Industrie-Rabatt sollen aus anderen Wirtschaftsbereichen wie etwa Abfall und Abwasser kommen.

Auf ein komplettes Verbot von nicht elektrischen oder andersweit klimaschonend betriebenen Autos ab 2030 verzichtet der Klimaschutzplan nun. Deutlich vorsichtiger als in früheren Versionen heißt es jetzt lediglich: "Neuwagen sollten dann mit Technologien ausgestattet sein, die grundsätzlich dazu in der Lage sind, unabhängig von fossilen Kraftstoffen betrieben zu werden."

Auch Forderungen, die klimaschädliche Fleischproduktion zu beschränken oder eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch einzuführen, wurden verworfen. Es bleibt lediglich bei der Vorgabe, weniger Stickstoffdünger in der Landwirtschaft einzusetzen und den Ökolandbau auf ein Fünftel der bewirtschafteten Fläche auszudehnen.

Nur noch ein zahnloser Tiger?

Während sich Hendricks erleichtert über die erreichte Einigung zeigt, kritisieren Opposition und Umweltgruppen den Kompromiss. Der Klimaschutzplan wäre nur mehr ein "Torso", erklärte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Für wichtige Weichenstellungen fehlten noch immer klare Ziele und konsequente Maßnahmen. Es reiche nicht aus, mit einem "zerfledderten Klimaschutzplan nach Marrakesch" zu fahren, so die klimapolitische Sprecherin der Linken im Bundestag Eva Bulling-Schröter.

Das will man in Marrakesch erreichen

In Marrakesch soll die Vision des Paris-Abkommens, die gefährliche Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad oder besser noch auf 1,5 Grad zu begrenzen, ausformuliert werden.

Ein Klimaschutzplan soll Wege aufzeigen, um bis Mitte des Jahrhunderts weitgehende Treibhausgasneutralität in Deutschland zu erreichen.

"In Marrakesch muss ein klarer Fahrplan entwickelt werden, wann und wie jedes Land seine Fortschritte im Klimaschutz belegt und beschleunigt."

Martin Kaiser, Greenpeace

EU nun stärker gefordert

Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), hat Hendricks anlässlich ihres Eintreffens beim Weltklimagipfel in Marrakesch aufgefordert, die EU zur Übernahme von mehr Verantwortung bei der Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens zu bewegen.

"Die Wahl eines Klimawandel-Leugners zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika macht die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens nicht einfacher. Wir befürchten, dass die USA als zweitgrößter Treibhausgasemittent in der Klimapolitik den Rückwärtsgang einlegt."

Hubert Weiger, Vorsitzender BUND

Die Klimaziele der EU

Bis 2020: Treibhausgasemissionen sollen um mindestens 20 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden, die Energieeffizienz um 20 Prozent erhöht werden. Beim Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch sollen 20 Prozent erreicht werden.

Bis 2030: Treibhausgasemissionen will die EU dann auf mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 senken. Die erneuerbare Energien sollen bis dahin einen Anteil von mindestens 27 Prozent am Energieverbrauch in der EU haben. 27 Prozent der Energie will die EU bis dahin einsparen, indem sie den Verbrauch effizienter gestaltet.

Zu wenig, so Weiger. Das EU-Klimaziel von 40 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 1990 basiere auf einer akzeptierten Erderwärmung von über zwei Grad Celsius. Das Paris-Abkommen habe jedoch eine akzeptable Erderwärmung von 1,5 bzw. maximal 2 Grad vereinbart. Die EU müsse nachbessern, damit die Umsetzung des globalen Klimaabkommens nicht gefährdet werde.


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Dr. Halef, Montag, 14.November 2016, 18:51 Uhr

1. Werbung oder peinlich

Auf dem Bild hinter Frau Hendricks sieht man einen BMW geparkt.
Ist das Werbung?
Oder ist die Dame mit so einem BrummBrumm unterwegs?
Hat BMW noch keinen Abgasskandal?
Wär schon blöd gewesen, wenn sie mit einem VW oder Opel gekommen wäre.