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Hopfen und Malz … In welcher Region schmeckt Bayerns Bier am besten?

160 Liter Bier pro Jahr – so viel trinkt statistisch gesehen jeder Bayer. Und zwar vom Säugling bis zum Greis. Der Freistaat ist in Sachen Bier insgesamt ein Spitzenreiter. Unbestritten. Doch so einfach ist das mit dem Gerstensaft im Freistaat dann doch nicht. Denn in Bayern ist Bier nicht gleich Bier. Keinesfalls.

Stand: 23.04.2016 | Archiv

Bier im Glas | Bild: colourbox.com

Hopfen, Malz, Hefe, Wasser – das sind die einzigen vier Zutaten, die für das bayerische Bier laut Reinheitsgebot verwendet werden dürfen. Und dennoch schmeckt quasi jedes Bier anders: Das eine herber, das andere fruchtig, eines hat eine ausgeprägte Bitternote, das andere ist besonders perlig, es gibt dunkle und helle Biere, untergärig, obergärig. Beim Geschmack kommt es auch häufig darauf an, in welcher Ecke Bayerns die Brauerei beheimatet ist. Aber eines ist klar: Egal ob Oberpfälzer oder Oberbayer, ob Franke oder Schwabe – das eigene Bier ist das Beste Bayerns. Selbstverständlich.

Hier wollen wir nun einmal einer ganz komplexen Frage auf den Grund gehen: Wo in Bayern trinkt man wie welches Bier? Und dazu brauchen wir Zahlen, Meinungen - und ein Augenzwinkern.

Schwaben

Der Schwabe macht nicht so viel Aufsehen um seine Biere. Dabei gibt es in diesem bayerischen Regierungsbezirk auch 82 Brauereien.

Die schwäbischen Biere sind genau wie die Urschwaben dieser Region: ungeschminkt und pur. Das heißt, alles wird auf ganz natürlichem Wege hergestellt. Handgemacht ist die Devise.

Der Schwabe trinkt sein Bier gern würzig und dunkler, gerne auch mal etwas hopfenbetonter  – und die Rezepte werden schon seit vielen Generationen weitergegeben.

Eine der Spezialitäten ist das bernsteinfarbene schwäbische Märzen. Das heißt so, weil es früher das letzte Bier vor der Sommerpause war. Damit es sich länger hält, wurde es etwas stärker eingebraut.

Zum Bier nehmen die Schwaben gerne ihre Vesper, die je nach Gegend aber auch Brotzeit oder Unterbrot genannt wird. Die geht von der Butterbrezen und der Hausmacher- bzw. Schwarzwurst bis hin zum schwäbischen Wurst- oder Ochsenmaulsalat oder Kräuterkäse.

Auch in Schwaben findet man schöne Biergärten.

Unterfranken

Eigentlich ist Unterfranken  ja ein Weinland. Weinfranken wird es sogar genannt. Und dennoch gibt es hier auch Bier. Um genau zu sein: 53 Brauereien.

Die Unterfranken sind sich sicher: Gerade weil man sich in der Gegend auf Wein spezialisiert hat, muss das hier gebraute Bier besonders gut sein. Und: Es scheint zu stimmen ...

In den letzten sechs Jahren hat die unterfränkische Berufsschule fünfmal den Bundessieger bei den Brauern gestellt. Der beste Brauernachwuchs hat sein Handwerk also in Unterfranken gelernt.

Doch die Unterfranken können es nicht lassen: Sie bringen ein wenig Wein zu ihrem Bier. Für die so genannte „Brauer-Reserve“ wird Weinhefe zur Gärung benutzt. Das Bier lagert dann monatelang in speziellen Eichenholzfässern. Daraus entsteht eine ganz besondere Spezialität, an der der Brauer lange getüftelt hat.

Eine sehr gute Voraussetzung für das unterfränkische Bier findet man direkt vor der Haustüre: Es ist eines der besten Anbaugebiete für Braugerste in Deutschland.

Biergärten gibt es auch in Unterfranken – auch wenn die Weinstuben und Heckenwirtschaften deutlich in der Überzahl sind.

Niederbayern

In Niederbayern gibt es 76 Brauereien

Niederbayerisches Bier war schon dreimal Weltmeister und zweimal Europameister: Das Barock Dunkel aus Weltenburg hat dreimal den World Beer Award gewonnen und der Asam Bock schon zweimal den European Beer Award.

Niederbayern hat schöne Biergärten – aber mit dem Gäubodenvolksfest in Straubing auch einen echten Besuchermagneten: Rund 1,4 Millionen Besucher kommen hier Jahr für Jahr. Und das Bier, das hier ausgeschenkt wird, stammt von fünf kleinen Brauereien.

1548 wurde in Schwarzach das erste Weißbierbrauhaus Bayerns eröffnet. Der niederbayerische Braumeister wurde 1602 sogar nach München „exportiert“ – ins Weiße Brauhaus. So gut war er.

Josef Groll, der Erfinder des Pils, stammt aus Vilshofen.

Eine niederbayerische Biergartenspezialität ist der Erdäpfel-Kas, aber auch Sülzen und Wurstspezialitäten werden zum Bier gerne gegessen.

Oberfranken

160 Brauereien gibt es in Oberfranken – 58 davon alleine im Landkreis Bamberg. Das ist Rekord: Oberfranken hat die höchste Brauereidichte der Welt.

Eine oberfränkische Brauerei versorgt nur 5.511 Einwohner – zumindest rein rechnerisch.

Die meisten Brauereien in Franken brauen in kleinen Mengen, manche sogar nur für den Eigenbedarf.

Die Franken gehen „auf den Keller“ zum Biertrinken. Eine Tradition, die auf Zeiten zurückgeht, in der es noch keine Kühlung gab und das Bier oft in Kellern oder Karsthöhlen aufbewahrt.

Die Franken trinken ihr Bier  am liebsten aus dem Steinkrug.

In Franken bevorzugt man das „Seidla“ – also einen halben Liter Bier.

Das Lieblingsbier der Franken ist das Kellerbier  bzw. Zwickelbier. Es ist nicht gefiltert und dadurch naturtrüb – und behält dadurch auch die wichtigen Nährstoffe. Deshalb nennen es die Franken auch gerne „flüssiges Brot“.

In Franken isst man zum Bier Zwetschenbames (Räucherschinken), Ausgstraafte (rohes Bratwurstbrät) und Ziebeleskäs (gewürzter Quark mit Sauerteigbrot) und einen Rettich.

Am Ende des Abends trinkt der Franke gern mal einen Schnitt – also ein Bier, das gerade in den Krug eingeschenkt wird und deswegen halb Bier halb Schaum ist.

Übrigens: Die Franken trinken ihr Bier am liebsten selbst: Von der produzierten Menge wird kaum etwas exportiert.

Oberpfalz

In der Oberpfalz gibt es 72 Brauereien

Die Oberpfälzer trinken traditionell Bier, das nicht groß vermarktet wird.

Zoiglbier ist sozusagen das „Oberpfälzer Nationalgetränk“. Ein untergäriges, unfiltriertes Bier, das in den Kommunbrauhäusern gebraut wird, natürlich in der offenen Sudpfanne über einem Holzfeuer. Trotzdem schmeckt es von Ort zu Ort anders, denn jeder hat sein Geheimrezept.

Zoigl in Oberpfalz | Bild: BR

Zum Oberpfälzer Biergefühl gehört eine authentische Gemütlichkeit:  Denn beim Zoigl wird quasi das Wohnzimmer zum Wirtshaus umfunktioniert. Dabei kann keiner einen Tisch oder Platz reservieren lassen – man kommt in die kleinen Stuben und setzt sich einfach an einen Tisch dazu. Und beim Zoigl wird sich geduzt. Zoigl ist eben längst nicht nur ein Bier, sondern ein Lebensgefühl.

Die Zoiglstuben haben meistens nur einmal im Monat geöffnet – der Zoiglstern zeigt an, wo gerade ausgeschenkt wird.

Im 15.Jahrhundert hat in der Oberpfalz jeder sein eigenes Bier brauen dürfen, verkauft wurde es aber nicht.

Das Zoiglbraurecht ist fest mit Haus und Grundstück verbunden.

Heute wird nur noch in fünf Orten in der Oberpfalz das Zoiglbier nach mittelalterlichem Braurecht in Kommunbrauhäusern gebraut. Die Brauer haben sich mittlerweile zusammengeschlossen, um die traditionelle Braukunst zu schützen.

Mittelfranken

66 Brauereien gibt es in Mittelfranken.

Das älteste Hopfensiegel findet man in Mittelfranken: Der Spalter Aromahopfen wurde schon im 16. Jahrhundert mit dem Gütesiegel bedacht. Bis heute wächst der Aromahopfen nur im mittelfränkischen Spalt und wird weltweit exportiert.

In Mittelfranken gibt es eine große Malz-Vielfalt: Gerstenmalz hell und dunkel, sowie Weizenmalz sind selbstverständlich und gibt es überall. Dazu kommen in Mittelfranken Spezialmalze, wie Karamellmalz oder Sauermalz. Außerdem Malze aus alten besonderen Sorten, wie Emmer, Dinkel oder Einkorn. Vieles davon auch in Bioqualität.

Das Wasser entlang der nördlichen Frankenalp ist hervorragend zum Bierbrauen geeignet. Härteres Wasser eignet sich gut für volleres eher dunkles Bier, weiches Wasser passt gut für helles Bier.

Die Mittelfranken gehen gerne auf die Bierkeller, die hervorragende Lagerstätten für Bier sind. Auch im Sommer kann hier das mittelfränkische Bier besonders frisch serviert werden.

In Mittelfranken gibt es das älteste Bierfest: die Erlanger Bergkirchweih. Sie ist älter als das Münchener Oktoberfest, älter als das Forchheimer Annafest und älter als alle anderen.

Oberbayern & München

119 Brauereien gibt es in Oberbayern. Darunter  einige richtig große.

Das oberbayerische Bier ist ein Exportschlager: Viele dieser Biere haben es zu weltweitem Ruhm gebracht. Fast ein Fünftel des gebrauten Gerstensaftes wird exportiert.

Die Oberbayern mögen das spritzige Bier. Die Hauptsorten, für die Oberbayern steht, sind Weißbier und helles Exportbier. Viel Stammwürze und Alkohol sind beliebt.

Die Oberbayern trinken ihr Bier mittlerweile lieber aus dem Glas, aber auch hier gibt es noch Steinkrüge – die Keferloher.

Bierfeste und Bierzelte gehören hier ganz selbstverständlich dazu – ganz vorne dabei natürlich das Oktoberfest in München, das als Bierfest weltweit bekannt ist. Aber auch Brauhäuser – wie etwa das Hofbräuhaus - sind sehr bekannt und beliebt. Der Tourismus wird in Oberbayern unter anderem vom Bier angekurbelt.

Biergärten findet man in ganz Oberbayern. Der bekannteste ist wohl der Biergarten am Chinesischen Turm in München, wo man auch den größten findet: Der Hirschgarten hat 8.000 Sitzplätze.

Die Biergärten sind keinesfalls nur bei den Touristen sehr beliebt, sondern auch bei den Einheimischen: Viele lassen hier unter der Woche einen Arbeitstag ausklingen. Und die ersten „Draußensitzer“ kann man manchmal schon in den „Wintermonaten“ beobachten – wenn die Sonne scheint.

Traditionell darf man im oberbayerischen Biergarten seine Brotzeit selbst mitbringen.

Die Oberbayern essen gerne Hendl im Biergarten, zur Brotzeit gehört Breze, Radi, Obatzta oder Wurstsalat.

Zahlen und Fakten rund ums Bayerische Bier

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts existierten in Bayern knapp 30.000 Braustätten.

Heute findet man immerhin noch über 620 der insgesamt 1380 Braustätten Deutschlands im Freistaat. Das bedeutet: Nahezu jede zweite deutsche Brauerei sitzt in Bayern.

Umgerechnet kommt in Bayern auf gut 20.000 Einwohner eine Braustätte. Damit ist hier die Brauereidichte – im weltweiten Vergleich gesehen - die höchste.

Jede zweite Brauerei ist mittlerweile eine sogenannte „Mikrobrauerei“, das heißt, dass in deren Kesseln pro Jahr höchsten 1.000 Hektoliter Bier hergestellt werden.

Der Bierabsatz geht jedoch zurück: 2015 wurden 79,5 Millionen Hektoliter verkauft – so wenig wie noch nie.

Trotzdem: Der Bierkonsum in Bayern liegt über dem Bundesdurchschnitt. zwischen 140 und 160 Litern pro Jahr und Kopf werden hier statistisch gesehen getrunken – das ist nicht nur deutlich mehr, als der Bierkonsum in ganz Deutschland (etwas über 100 Liter) sondern sogar  höher als der durchschnittliche deutsche Kaffeekonsum. Der liegt bei 146 Litern.

Seit 1050 ist die älteste Klosterbrauerei der Welt im Betrieb. Sie befindet sich im Kloster Weltenburg bei Kelheim.

Ebenfalls in der gleichen Ecke – im Landkreis Kelheim – befindet sich die älteste Privatbrauerei der Welt. Die Schlossbrauer Herrngiersdorf braut bereits seit 1131.

Und nochmal Kelheim: Hier findet man auch die älteste Weißbierbrauerei der Welt, die Private Weißbierbrauerei G. Schneider & Sohn.

Bier ist natürlich nicht gleich Bier: Es lässt sich in viele unterschiedliche Kategorien einteilen. Zum einen sind da die Bierstile, wie Pils oder Weizenbier. Zum anderen ist der Alkoholgehalt bestimmend, zum Beispiel bei Starkbieren. Eine andere Einteilung ist ober- und untergärig – das beschreibt vereinfacht, wo sich die Hefe im Kessel sammelt. Oben auf dem Sud oder unten im Kessel.

Einen der größten Geschmacksunterschiede bei den Bieren macht übrigens das Malz. Aber auch das verwendete Wasser ist entscheidend für den Geschmack.

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Kommentieren

Josef, Donnerstag, 21.April 2016, 14:23 Uhr

3.

Ich trinke nur noch BIO Bier z.B. aus Neumarkt! Das immer noch erlaubte Glyphosatbier trinke ich nicht mehr, die CSU hat Glyphosat aber weiterhin erlaubt.
Das nenne ich Politik gegen den Bürger!

Traudel, Donnerstag, 21.April 2016, 09:51 Uhr

2. Bier

Ich lebe in Sachsen und bin oft in Bayern, da meine Kinder dort leben . Ich kann Mike nur Recht geben, die besten Biere Bayerns gibt es in Oberfranken .

Mike, Donnerstag, 21.April 2016, 09:02 Uhr

1. In welcher Region schmeckt Bayerns Bier am besten?

Obwohl ich on Oberbayern lebe, mag ich die oberfränkischen Biere besonders. Durch die vielen kleinen Brauereien gibt es sehr unterschiedliche Biere; außerdem sind dort viele Brauereien noch unabhängig und nicht (wie die Münchener Brauereien) Teil von internationalen Großkonzernen. Auch das sollte man unterstützen.