Bildrechte: BR/Julia Müller

Eine Businessfrau steckt einen 500-Euro-Schein in ihren Geldbeutel.

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

#faktenfuchs: Zu wenig Miete verlangt? Das gibt es!

Verkehrte Welt? Vermieter bekommen Probleme, nicht weil sie zu viel, sondern weil sie zu wenig Miete verlangen. Der Knackpunkt ist die Steuer. Warum das so ist, erklärt Rechtsanwalt Alexander Walther im Interview. Von Patrizia Kramliczek

BR24: Viele Menschen klagen über zu hohe und steigende Mieten. Andererseits soll es Fälle geben, in denen Vermieter Probleme mit dem Finanzamt bekommen, weil sie zu wenig Miete verlangt haben. Wie kann das sein?

Rechtsanwalt Alexander Walther: Es kann sein, dass das Finanzamt dem Steuerpflichtigen die volle Geltendmachung der Werbungskosten verweigert. Das Finanzamt geht erst ab einer Miethöhe von 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete von einem ungeteilt entgeltlichen Mietverhältnis aus. Nur in diesem Fall können die Werbungskosten voll angesetzt werden. Andernfalls können diese nur anteilig angesetzt werden. Hat nun ein Vermieter unterhalb der 66-Prozent-Grenze vermietet, jedoch seine Werbungskosten voll angesetzt, droht ihm eine Steuernachzahlung. Insbesondere, wenn die Wohnung durch ein verzinstes Darlehen finanziert wird, können die Werbungskosten erhebliche Beträge ausmachen. Weitere Werbungskosten sind zum Beispiel Renovierungs- und Instandhaltungskosten, Gebäudeversicherung und die Grundsteuer.

Eine besondere Hausforderung scheint die richtige Miethöhe bei Verwandten zu sein. Welche Regeln sind hier zu beachten?

Die Problematik kommt zwar insbesondere bei einer Vermietung an Angehörige vor, gilt jedoch grundsätzlich für alle Wohnraummietverhältnisse.

Der Vermieter sollte unbedingt die 66 Prozent der ortsüblichen Miete verlangen. Die ortsübliche Miete kann jeder dem qualifizierten Mietspiegel entnehmen, der bei der Stadt online abrufbar ist. Ansonsten kann man sich an einfachen Mietspiegeln von Immobilienportalen orientieren. Weiter ist zu beachten, dass die 66 Prozent von der Warmmiete verlangt werden müssen.

Was ist, wenn der Vermieter jemanden kostenlos wohnen lässt?

Der Vermieter kann dann gar keine Werbungskosten ansetzen. Denn die Vermietung wird dann vom Finanzamt als "Liebhaberei" gewertet. Das heißt: Es ist keine Absicht erkennbar, Gewinn zu erzielen. Im schlimmsten Fall könnte sogar noch die Schenkungssteuer anfallen.

Was raten Sie einem Vermieter, der fair sein will und sich nicht bereichern möchte?

Wenn sich ein Vermieter an die ortsüblichen Mieten hält oder eventuell sogar leicht darunter liegt, verhält er sich in der heutigen Zeit sicherlich fair. Insbesondere in Ballungsräumen. Er sollte aber auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn er die ortsübliche Miete verlangt, da die Miethöhe schlicht durch den Markt geregelt wird.

Außerdem ist nicht allein die Miethöhe ausschlaggebend für ein gutes und faires Mietverhältnis. Hier ist auch auf das Verhältnis während der Mietzeit zu achten, wenn es beispielsweise um Reparaturen geht. Häufig wird erst nach Beendigung des Mietverhältnisses klar, wie gut es wirklich war, wenn die Frage der Kautionsrückzahlung ansteht. Hier können sich beide Parteien fair verhalten. Die Mieter, indem sie pfleglich mit der Mietsache umgehen, und der Vermieter, wenn er erkennt, dass normale Abnutzungserscheinungen unumgänglich sind und auch nicht von der Kaution abgezogen werden können.