Xavier Naidoo
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Xavier Naidoo

    Der Verschwörungs-Ausstieg des Xavier Naidoo

    Xavier Naidoo war bislang bekannt als Musiker, Komponist, Songwriter, vor allem aber als Verschwörungsgläubiger. Nun versucht der 50-Jährige dieses Image loszuwerden und sagt sich in einem Video von der Szene los. Was ist passiert? Eine Analyse.

    Er sei "von Verschwörungserzählungen geblendet" gewesen und habe "viele Fehler gemacht" sagt Xavier Naidoo in einem Clip, den er am Mittwoch auf seinem YouTube-Kanal veröffentlichte. Erst der Krieg in der Ukraine habe bei ihm ein Umdenken ausgelöst. Naidoos Ehefrau komme aus der Ukraine, er selbst sei in das von Russland überfallene Land gefahren und habe Familienangehörige aus dem Land herausholen müssen.

    Verschworen in Putin-Treue

    Der Sänger hat also enge Kontakte in die Ukraine – und das könnte ihn zum Nachdenken gebracht haben. Denn das verschwörungsideologische Spektrum vertritt hinsichtlich des Ukraine-Kriegs in seiner Mehrheit die Positionen Putins und Russlands, das zeigt unter anderem eine Analyse des gemeinnützigen Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS).

    Auch International bietet sich ein ähnliches Bild: In Kanada etwa zeigten Umfragen, dass mehr als ein Viertel der Ungeimpften, die häufig eher zu Verschwörungstheorien neigen, den russischen Einmarsch für gerechtfertigt hält, aber nur zwei Prozent der Geimpften. Wichtige Influencer der Szene, wie der ehemalige Hörfunk-Moderator Ken Jebsen, fielen in den letzten Jahren durch eine große Nähe zu Russland auf, die sich auch aus tiefsitzenden antiamerikanischen Ressentiments speiste.

    Der ehemalige Focus-Journalist Oliver Janich, für Naidoo wohl der wichtigste verschwörungsideologische Mentor, ließ sogar verlauten, den Krieg für eine Inszenierung zu halten und dass sowohl die ukrainische als auch die russische Führung von jüdischen Gruppen durchsetzt seien.

    Bislang gibt es von Naidoo nur dieses dreiminütige Video, aber dass er seine Abwendung vom Verschwörungsglauben mit dem Ukraine-Krieg begründet, ist durchaus schlüssig. Denn das bedingungslose Einstehen für Putin und Russland ist seit Jahren ein wesentlicher Pfeiler des Verschwörungsglaubens.

    Umgekehrt wurden auch viele Verschwörungstheorien von russischer Propaganda in Umlauf gebracht. Der russische Staatsender RT Deutsch hatte beispielsweise immer wieder verschiedenen Verschwörungsideologen eine Plattform geboten.

    Es war ruhig geworden um Naidoo

    Möglicherweise sind Naidoo durch seine persönliche Involvierung in den Ukraine-Krieg ideologische Widersprüche aufgefallen und haben dann Zweifel bestärkt, die vorher schon da waren. In diesem Zusammenhang bemerkenswert ist die Tatsache, dass es um Naidoo in den letzten Jahren ziemlich ruhig gewesen ist. Auf seinem Telegram-Kanal gab es bis zu dem überraschenden Kehrtwenden-Video nichts neues. Ebenso wenig auf seinem YouTube-Kanal.

    Naidoo: "Musste mich kritischen Fragen stellen"

    Aus den Religionswissenschaften weiß man, dass Menschen, die einer Sekte verfallen sind, umso schwieriger wieder herausfinden, je mehr sie in den Sektenglauben investiert haben, an Geld, an Zeit, aber auch an sozialem Kapital.

    Ganz ähnlich ist das bei Anhängern des Verschwörungsglaubens: Auch sie haben größere Chancen, aus einer solchen Ideologie herauszufinden, wenn familiäre und freundschaftliche Bande nicht völlig durchtrennt sind. Gut möglich, dass dies auch bei Naidoo eine Rolle gespielt hat. In dem Video sagt er, dass er Menschen vor den Kopf gestoßen und verletzt habe, "ich musste mich kritischen Fragen zu Äußerungen von mir stellen", erklärt Naidoo.

    Naidoo könnte anderen Aussteigern den Weg bereiten

    Wie glaubwürdig Naidoos Umkehr ist, muss sich zeigen. In dem Video bleibt er bei vielem unkonkret. Man darf auch nicht vergessen, dass Naidoo nicht irgendein Verschwörungsideologe war, sondern jahrelang durch antisemitische Liedzeilen und die Verbreitung von Reichsbürgermythen auffiel. Klar ist aber auch: Sollte die Umkehr des Xavier Naidoo ernstgemeint sein, dann könnte das ein starkes Signal für all die Menschen sein, die der Szene den Rücken kehren wollen.

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