Umgerechnet werden jährlich in Deutschland 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche bewirtschaftet, nur um die darauf angebauten Produkte wieder wegzuwerfen - dies hat die Naturschutzorganisation WWF in ihrem Bericht zur "Vermeidung von Lebensmittelverlusten" errechnet. Hinzu kommen unnötig freigesetzte Treibhausgasemissionen in Höhe von 48 Millionen Tonnen.
Keine übergeordnete Koordinierung
Der Analyse zufolge gibt es in den Bundesländern durchaus Aktivitäten, um gegen die Lebensmittelverschwendung vorzugehen - wie effektiv diese allerdings sind, sei derzeit nicht nachvollziehbar. Zudem seien nicht alle Bundesländer in gleicher Weise engagiert. Denn: Es fehlt ein verbindlicher nationaler Handlungsrahmen. Dies habe die Bundespolitik durch "mangelndes und unkonkretes Handeln" in diesem Bereich versäumt.
Bayern unter den Pionieren
Laut WWF-Analyse gibt es unter den 16 Bundesländern fünf Pioniere, die bereits seit längerem und in umfassender Weise das Thema angehen. Diese sind Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Zum Mittelfeld gehören Berlin, Brandenburg, Hessen, Saarland und Schleswig-Holstein. Ferner gibt es einige Nachzügler, die sich erst seit Kurzem auf den Weg gemacht oder bislang kaum Aktivitäten durchgeführt haben. Das sind Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Allerdings gelänge es auch in den Pionierländern nicht, die Versäumnisse der Politik zu kompensieren.
Bayern begann bereits 2012 mit der Erhebung der landesweit anfallenden Lebensmittelverluste. Durch das "Kompetenzzentrum für Ernährung" werden diverse Aktivitäten organisiert. Das Bündnis "Wir retten Lebensmittel!" beschloss 17 Maßnahmen, die systematisch umgesetzt werden.
Abgestimmtes Vorgehen notwendig
Jörg-Andreas Krüger, Direktor Ökologischer Fußabdruck beim WWF, sieht die neue Bundesregierung in der Pflicht. Noch in der ersten Hälfte der Legislaturperiode müsse eine Strategie zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten entwickelt werden - mit verbindlichen Zielen und Maßnahmen für die Branchen entlang der Wertschöpfungskette.
"Deutschland hat sich verpflichtet, bis 2030 die Lebensmittelverschwendung zu halbieren. Bisher ist es bei dieser vollmundigen Ankündigung geblieben. Wir brauchen ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen, um den Ländern einen Handlungsrahmen zu geben und ein effektives Vorgehen zu garantieren." Jörg-Andreas Krüger, WWF Deutschland
Denn laut WWF ist es zudem ein Problem, dass sowohl die Bundesländer als auch der Bund vor allem die Verbraucher in die Pflicht nehmen und mit Aufklärungskampagnen adressieren. Industrie, Handel und Landwirtschaft müsste, so die Forderung, viel stärker in den Fokus gerückt werden. Über 60 Prozent der Verluste entstünden entlang der Wertschöpfungskette - also auf dem Weg vom Produzenten bis zum Großverbraucher.