Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr.
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Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr.

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Wissings Digitalbilanz – Verkehrsminister mit Nebenjob?

Die Ampel-Koalition will die Digitalisierung voranbringen. Antworten der Bundesregierung auf eine Anfrage lassen die Unionsfraktion daran zweifeln. Der Vorwurf: Wissing sei kein Digitalminister.

"Wir brauchen einen digitalen Aufbruch für Deutschland", sagte Volker Wissing (FDP) im vergangenen August. Wissing ist nicht nur Verkehrs-, sondern auch Digitalminister. Und weil die Ampel den großen Aufbruch bei der Digitalisierung versprochen hat, legte er die "Digitalstrategie" vor. Es geht um schnelles Internet überall, digitale Bürgerdienste, digitale Bildung, Datensicherheit, künstliche Intelligenz für den Mittelstand und vieles mehr. Beteiligt an diesem Riesenprojekt sind alle Bundesministerien. Sie haben sich verbindliche Zielvorgaben erstellt. Viel gebracht hat das aus Sicht der Union bisher nicht.

"Darf sich dann nicht Digitalminister nennen"

Reinhard Brandl, Digitalpolitiker von der CSU im Bundestag, zeigt sich enttäuscht. Für ihn sind schon die Mitarbeiterzahlen im Ministerium ein Indiz für den Stellenwert der Digitalisierung dort: Im Bereich Digitalpolitik arbeiten 169 Personen, während sich um Verkehrspolitik 672 Mitarbeitende kümmern. Das sei ja richtig, sagt Brandl, für Wissing stehe Verkehrspolitik im Vordergrund. "Aber er darf sich dann nicht Digitalminister nennen." Damit sei keine verantwortungsvolle Digitalpolitik zu leisten.

Digitalministerium: digitaler als es wirkt?

Die Zahlen gehen aus einer Anfrage der Unionsfraktion an die Bundesregierung hervor, die dem Bayerischen Rundfunk vorliegt. Darin erklärt das Digitalministerium den Unterschied bei den Mitarbeiterzahlen zum einen mit den vielen Bereichen im Verkehr: "Luftfahrt", "Bundesfernstraßen", "Wasserstraßen, Schifffahrt", "Eisenbahnen", "Grundsatzangelegenheiten" und "Straßenverkehr". Dem gegenüber stünden nur zwei Abteilungen im Digitalen: "Digital- und Datenpolitik" und "Digitale Konnektivität". Zudem sei Digitalpolitik "Querschnittsaufgabe", die in allen Fach- und Führungsbereichen stattfinde. Das Ministerium könnte also digitaler sein, als es auf den ersten Blick wirkt.

Zwei Stellen für die Koordinierung eines Riesenprojekts

Um das Riesenprojekt "Digitalstrategie" zu koordinieren und zu überwachen werden dieses Jahr offenbar lediglich zwei Stellen im Ministerium geschaffen. Für die Größenordnung der Aufgabe scheint dieser Schlüssel recht niedrig. Das Ministerium verweist auf die Stellenpläne für nächstes und übernächstes Jahr. Sie seien noch nicht abgeschlossen. CSU-Digitalpolitiker vermutet etwas anderes: Das Digitalministerium glaube wohl selbst nicht daran, andere Ministerien in Sachen Digitalisierung zu koordinieren, vermutet Brandl.

Brandl: Zu viele Beteiligte

Wissings Ministerium habe es mit starken anderen Ministerien wie dem Innenministerium zu tun, die eigene Bereiche bei der Digitalisierung besetzten und "sich nicht reinreden lassen wollen". Darin sieht Brandl auch das Hauptproblem in der Digitalpolitik der Ampel: "Fast jeder ist in irgendeiner Form dafür zuständig ist. Das Ergebnis ist, dass im Kern für ganz entscheidende Fragen keiner die Verantwortung trägt." Als Beispiel nennt Brandl die Regulierung Künstlicher Intelligenz, wo Deutschland in Brüssel nicht mit einer Stimme spreche.

Wirksamkeit der Digitalstrategie bleibt zunächst ungewiss

Die Antworten der Bundesregierung offenbaren auch, dass Anfang des Jahres eine Datenbank fertiggestellt wurde, in die die Ministerien ihre Fortschritte eintragen sollen. Die Frage, wie der Erfolg der Maßnahmen der Digitalstrategie danach gemessen werden kann, verschiebt die Bundesregierung indes noch in die Zukunft: Das Ministerium will zunächst einen Leitfaden voraussichtlich bis Ende des Jahres erstellen. Auf dessen Grundlage soll dann die Wirkung gemessen werden.

Wissing: "Daran wollen wir uns messen lassen"

Seit der Vorstellung der Digitalstrategie sind erst einige Monate vergangen. Die Antworten der Bundesregierung auf die Anfrage der Unionsfraktion offenbaren aber, was noch fehlt. Zum Beispiel ein Digitalbudget, an dem laut Bundesregierung gearbeitet wird, das aber noch nicht abgeschlossen sei. Es geht dabei um die Finanzierung neuer Digitalmaßnahmen. Allerdings drängt die Zeit. Alle Maßnahmen der Digitalstrategie sollen bis zum Ende der Legislatur 2025 umgesetzt sein, versprach Wissing im August: "Daran wollen wir uns messen lassen."

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