Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech
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Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech

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Wirtschaftswissenschaftler warnt vor Grenzen des Wachstums

Unsere Wirtschaft ist auf ständiges Wachstum ausgelegt, mehr Güter und Dienstleistungen, sowie mehr Arbeit und mehr Steuern. Doch es gibt auch zahlreiche Kritiker dieses Wirtschaftsmodells, wie Professor Paech. Im BR hat er seine Kritik bekräftigt.

Bereits vor vielen Jahrzehnten hat der "Club of Rome" auf die Grenzen des Wirtschaftswachstums aufmerksam gemacht. 1972 veröffentlichten die Experten dieser Organisation dazu eine Studie, die weltweit für Schlagzeilen sorgte. Der Volkswirt Niko Paech gilt hierzulande als einer der bekanntesten Mahner des jetzigen Wirtschaftsmodells.

Paech sieht verschiedene Wachstumsgrenzen

Der Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech weist daraufhin, dass uns die Ressourcen ausgehen. Diese würden wir eigentlich aber brauchen, um weiteres wirtschaftliches Wachstum mit einer materiellen Grundlage zu versorgen. Bereits die Studienautoren des "Club of Rome" warnten davor, dass die Rohstoffvorräte zur Neige gehen, beziehungsweise die Förderung so kostspielig wird, dass sich der Abbau nicht mehr lohnt. Es sei bis heute nicht gelungen, einen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) irgendwie zu organisieren, ohne Material oder ohne Energieverbrauch, so Paech. In das Bruttoinlandsprodukt fließen wertmäßig alle Güter und Waren, die während eines Jahres innerhalb einer Volkswirtschaft als Endprodukte hergestellt werden. Alle Vorleistungen werden also abgezogen. Das BIP gilt als Maßstab des Wirtschaftswachstums. Der Wirtschaftsforscher Paech kritisiert zudem, dass es bei diesem "Wohlstandsmodell" zahlreiche ökologische Hinterlassenschaften gibt. Allen voran nennt er den Klimawandel, das Artensterben, die Vermüllung der Umwelt mit Plastik und Elektroschrott und den Flächenfraß.

Wirtschaftsmodell besonders anfällig

Der Wirtschaftsprofessor der Universität Siegen vertritt zudem die Auffassung, dass eine auf Wachstum beruhende Volkswirtschaft selbst bei kleinsten Krisen anfängt zu wackeln, also nicht gerade stabil ist. Der Preis für unseren Wohlstand sei, das man sich ein Kartenhaus aufgebaut habe. Die Volkswirtschaften weltweit befinden sich tatsächlich schon seit einiger Zeit im Krisenmodus, auch wenn man die derzeitigen Krisen nicht als "klein" bezeichnen kann. Es fehlen Halbleiter und zahlreiche andere Zulieferteile, unter anderem aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und wegen der coronabedingten massiven Einschränkungen in China. Zudem sind die Preise in die Höhe geschossen, vor allem aufgrund stark gestiegener Preise für Energie.

Wege aus der Krise

Beim "Club of Rome" zog man bereits vor 50 Jahren das Fazit, dass wenn die Menschheit unverändert so weiterleben würde, bis spätestens 2100 eine Katastrophe für die Weltgesellschaft unvermeidbar wäre. Technischer Fortschritt würde die Grenzen des Wachstums nur ein Stück verschieben, aber nicht aufhalten, so das Fazit.

Paech: "Weiter so" geht nicht

Auch der Wirtschaftswissenschaftler Paech ist der Meinung, dass es ein "Weiter so" nicht geben kann. Man müsse sich in der Tat einschränken, aber das betreffe vor allem die Menschen, die über ihre ökologischen Grenzen lebten. Das sei ein Gerechtigkeitsproblem. Bei 7,8 Milliarden Menschen hat jedes Individuum ein gewisses ökologisches Budget zur Verfügung, wie er weiter ausführt. Daran könne man festmachen, ob einer über seinen Verhältnisse lebe. Demnach leben viele Menschen im Süden sicherlich unter ihren Verhältnissen. Da brauche man noch einen gewissen Zuwachs an materiellen Versorgung, aber in Europa lebe die überwiegende Mehrheit der Menschen oberhalb ihrer ökologischen Verhältnisse. Hier müsse man reduzieren.

Fazit: Jeder ist gefordert etwas zu tun

Wenn man keine Wirtschaft ohne Wachstum frühzeitig umsetze, dann würden Verteilungskämpfe ausbrechen, die wirklich eklatant seien. Deshalb schlägt der Volkswirt vor, dass man vorsorglich die Arbeitszeit so umverteilt, dass auch bei einer kleiner gewordenen Wirtschaft alle Menschen mit Einkommen versorgt werden. Ein wichtiges Ziel der Nachhaltigkeitsforschung sei nicht nur die Politik anzuflehen, irgendetwas zu tun, sondern auch die Zivilgesellschaft könne eine Antwort auf die Frage geben, was kann ich hier und heute verändern, um Teil der Lösung zu sein.

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