Die Angriffe der USA, Großbritanniens und Frankreichs galten nach übereinstimmenden Angaben drei Zielen: einem militärischen Forschungszentrum nahe Damaskus, einem Chemiewaffenlager bei Homs sowie einem nahe gelegenen Militärstützpunkt. Laut syrischen Medien gab es drei Verletzte.
Widersprüchliche Angaben zum Erfolg der Angriffe
Sehr widersprüchliche Angaben gibt es allerdings hinsichtlich der Effektivität des Angriffs. Während die Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums vermeldet, dass "jedes Ziel getroffen" wurde, behauptet Russland, 71 von 103 Raketen seien von den Syrern mithilfe eines Abwehrsystems russischer Produktion abgefangen worden. Laut syrischen Staatsmedien ist der Schaden gering, da die Ziele bereits vor Tagen evakuiert worden seien.
Deutschland stellt sich hinter Alliierte
International fielen die Reaktionen sehr unterschiedlich aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) stellten sich hinter die Luftangriffe der Alliierten.
Deutschland unterstütze es, dass die amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen hätten.
"Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen." Bundeskanzlerin Angela Merkel
Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nannte die Angriffe "verhältnismäßig und erforderlich".
Trump: "Verbrechen eines Monsters"
US-Präsident Donald Trump hatte die Angriffe vorab in einer Fernsehansprache angekündigt. Die Angriffe seien eine Vergeltung für die Verwendung chemischer Waffen durch die syrische Regierung gegen das eigene Volk. "Dies sind nicht die Taten eines Mannes. Es sind die Verbrechen eines Monsters", so Trump. Von ihnen solle eine "starke Abschreckung" ausgehen, so Trump.
"Wir sind darauf vorbereitet, diese Antwort fortzusetzen, bis die syrische Regierung ihren Einsatz verbotener chemischer Waffen beendet." US-Präsident Donald Trump
Die USA gehen nach Aussage des Pentagon davon aus, dass der Angriff erfolgreich war und alle Flugkörper ihre Ziele erreicht hätten. Keine der abgefeuerten Raketen wurde nach Angaben des Pentagons von der syrischen Flugabwehr erfolgreich abgelenkt. Dasselbe gelte für die beteiligten Flugzeuge. Es gebe derzeit keinen Hinweis darauf, dass das russische Luftabwehrsystem eingesetzt worden sei, sagte der Leiter des Generalstabs Kenneth F. McKenzie. Vielmehr sei "das Herz des syrischen Chemiewaffenzentrums angegriffen" worden. Dies sei "ein sehr schwerer Schlag" für Syrien, so McKenzie.
Laut Pentagonchef James Mattis sind keine weiteren Angriffe geplant. Dies sei vorerst eine einmalige Sache, sagte der US-Verteidigungsminister in der Nacht zum Samstag. Zugleich schloss er weitere Angriffe auf Syrien nicht aus.
Frankreich droht mit weiterer Intervention
Die Angriffe der USA, Frankreichs und Großbritanniens auf syrische Einrichtungen sind nach Angaben aus Paris in schneller und enger Zusammenarbeit beschlossen worden. Die französischen Streitkräfte feuerten demnach zwölf Raketen auf zwei Ziele in Homs. Die französische Armee setzte Fregatten und Kampfflugzeuge ein. Die Flugzeuge seien von verschiedenen Stützpunkten in Frankreich gestartet.
Frankreich hofft mit den Luftschlägen auf eine politische Lösung des Konflikts. Wenige Stunden nach dem Angriff veröffentlichte die französische Regierung einen Geheimdienstbericht, nach dem die syrische Armee verantwortlich für den Chlorgaseinsatz ist. So habe eine Untersuchung von Fotos, Videos, Zeugenaussagen und anderen Hinweisen ergeben, dass diese echt und nicht konstruiert seien. Jetzt werde man abwarten, ob die politische Botschaft verstanden wurde.
Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian drohte aber mit "einer weiteren Intervention", sollte es in Syrien erneut einen Chemiewaffenangriff geben. "Hinsichtlich der chemischen Waffen gibt es eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf", sagte Le Drian. "Wenn sie überschritten wird, gibt es eine weitere Intervention."
May: Militärschlag auch Warnung an Russland
Auch die britische Premierministerin Theresa May ist sich sicher, dass "keine andere Gruppe" als die syrische Regierung den mutmaßlichen Giftgasangriff in der syrischen Rebellenstadt Duma am siebten April verübt hat. May bezeichnete die Luftangriffe heute als "begrenzt, gezielt und effektiv". Die Angriffe sollten die Fähigkeit des syrischen Regimes schwächen, Chemiewaffen zu entwickeln und zu nutzen, sagte sie.
May betrachtet den Militärschlag auch als Warnung an Russland und spielt damit auf das Attentat auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal vor wenigen Wochen an. London bezichtigt Moskau Drahtzieher des Anschlags zu sein:
"Wir können nicht erlauben, dass der Gebrauch chemischer Waffen normal wird: innerhalb Syriens, auf den Straßen Großbritanniens oder irgendwo sonst in unserer Welt." Britische Premierministerin Theresa May
Vor dem gemeinsamen Militärschlag der USA, Großbritanniens und Frankreichs sei laut May für ein Votum im britischen Unterhaus keine Zeit gewesen, weil es notwendig gewesen sei, schnell zu handeln und die Sicherheit des Einsatzes zu gewährleisten. May kündigte an, ihre Entscheidung am Montag im Parlament näher erläutern zu wollen. Es wird mit einer hitzigen Debatte gerechnet.
Putin: Ein Bruch des Völkerrechts
Russlands Präsident Wladimir Putin verurteilt die Luftschläge. Die US-Aktionen verschärften die humanitäre Katastrophe in Syrien, sagte er. Russland fordere eine Notfallsitzung des UN-Sicherheitsrats, um über die aggressiven Aktionen der USA und ihrer Alliierten zu sprechen. Für Putin steht fest: Der Angriff wird nicht ohne Konsequenzen bleiben, da es sich um einen Bruch des Völkerrechts handle.
Laut russischen Angaben wurden bei den Angriffen der letzten Nacht die meisten Geschosse abgefangen. Die syrische Luftabwehr habe 71 der 103 Marschflugkörper abgeschossen, teilte Generaloberst Sergej Rudskoj vom russischen Verteidigungsministerium mit. Russland erwäge jetzt die Lieferung von S-300-Raketenabwehrsystemen an Syrien und andere Staaten. Ein Vertreter des russischen Generalstabs begründete dies mit den aktuellen Luftangriffen. Russland hat bereits S-300-Systeme in Syrien stationiert.
Assad: Westen hat Kontrolle und Glaubwürdigkeit verloren
Syriens Präsident Baschar al-Assad erklärte heute, die Angriffe würden seine Entschiedenheit erhöhen, "Terrorismus an jedem Quadratmeter der Nation" zu bekämpfen und niederzuschlagen. Die Angriffe seien gekommen, nachdem der Westen realisiert habe, Kontrolle und Glaubwürdigkeit in dem Konflikt verloren zu haben.
Syrischen Staatsmedien zufolge führten die Angriffe auf die Forschungseinrichtung nahe Damaskus lediglich zu Sachschäden. Die auf die Militärstellung in Homs abgefeuerte Raketen seien umgelenkt worden, wodurch drei Zivilisten verletzt worden seien. Laut eines hochrangigen Assad-Vertrauten waren die angegriffenen Militärbasen dank einer Warnung Russlands bereits vor Tagen evakuiert worden.
Menschenrechtler: Nicht alle Ziele getroffen
Entgegen der Darstellung des US-Verteidigungsministeriums haben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge nicht alle US-Geschosse ihre Ziele in Syrien getroffen. Die Einschätzung des Pentagon sei nicht korrekt, sagte der Leiter der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, der Deutschen Presse-Agentur. Rahman bestätigte, dass "Raketen" abgefangen worden seien und kein Geschoss in Dumair eingeschlagen sei. Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte bezieht ihre Informationen von einem Netz von Informanten in Syrien und hat sich in der Vergangenheit als weitgehend verlässlich erwiesen.
(Autor: Roana Brogsitter)