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Stellvertreterkrieg im Jemen

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Wie deutsche Waffenhersteller Exportregeln umgehen

Die deutschen Rüstungsexportregeln zählen zu den strengsten der Welt. Über Umwege aber exportiert der größte deutsche Rüstungshersteller Rheinmetall AG Bomben und Munitionsfabriken nach Ägypten oder Saudi-Arabien. Und die Politik lässt dies zu.

Somerset West, Südafrika, 50 Kilometer östlich von Kapstadt. Ein riesiges Fabrikgelände gesichert mit hohen Stacheldrahtzäunen und Wachtürmen. Vor zehn Jahren gründete der Düsseldorfer Konzern Rheinmetall AG hier ein Joint-Venture mit dem südafrikanischen Staatskonzern Denel, die Rheinmetall Denel Munition (RDM). Hier werden Bomben und Munition sowie schlüsselfertige Bomben- und Munitionsfabriken für ausländische Kunden hergestellt. Insgesamt 39 solcher Anlagen hat RDM nach eigenen Angaben bereits verkauft.

"RDM lebt im Wesentlichen vom Export. Und es ist eines der erfolgreichsten Verteidigungsunternehmen in Südafrika. Es hat mehr als 2000 Angestellte und weist ein phänomenales Wachstum auf. Einige der Werke arbeiten mit Doppelschichten, weil sie so viele Aufträge haben." Guy Martin, Journalist DefenceWeb, Südafrika

Munitionsfabrik nach Ägypten

Standorte in Ländern mit laxeren Exportregeln sind Teil des strategischen Zieles von Rheinmetall-Vorstandschef Armin Papperger die Unabhängigkeit von deutschen Exportregeln zu sichern, wie es in einer Präsentation des Konzerns heißt. So konnte Rheinmetall Munitionsfabriken nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate verkaufen. Recherchen für die ARD-Dokumentation "Bomben für die Welt" haben außerdem ergeben, dass RDM vor kurzem eine Anlage an Ägypten geliefert hat.

"Das ist besonders perfide. Wir haben in Ägypten mit Herrn As-Sisi einen Staatsführer, von dem viele im Lande sagen, dass es noch schlimmer ist als unter Mubarak. Ägypten ist auch Teil des Jemen-Krieges, beteiligt sich an der Seeblockade. Ich glaube, dass man so etwas nicht akzeptieren darf." Stefan Liebich, Bundestagsabgeordneter Linke

Von Deutschland aus Geschäfte nicht möglich

Von Deutschland aus wären diese Geschäfte nicht möglich. Die politischen Grundsätze der Bundesregierung verbieten die Genehmigung des Exports von Rüstungsgütern in Länder, "die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht".

Bereits vor zwei Jahren hatte das ARD-Politikmagazin Report München berichtet, dass im Jemen-Krieg eingesetzte Bomben von RWM Italia, einer hundertprozentigen Tochter von Rheinmetall hergestellt werden. Das Werk auf der Urlaubsinsel Sardinien erhielt jüngst einen Großauftrag über 411 Millionen Euro. Indizien deuten auf Saudi Arabien als Abnehmer hin. Bestätigen will die Rheinmetall-Pressestelle das aber nicht. Im Jemen bekämpfen die Saudis und ihre Verbündeten die Huthi-Rebellen. Ein Krieg mit massiven Völkerrechtsverletzungen beider Seiten, Tausenden Toten auch unter der Zivilbevölkerung.

"Deutschland spielt eine Rolle bei Waffenexporten vor allem in instabile Regionen, wo Konflikte bestehen oder Unterdrückung herrschen, an erster Stelle natürlich der Nahe Osten. Damit trägt Deutschland dazu bei, dass diese Konflikte ausgesprochen blutig sind." Andrew Feinstein, Experte für Waffenhandel

Die Rheinmetallaktie verzeichnete im letzten Jahr einen Rekordzuwachs von 70 Prozent. Davon profitieren viele Kleinanleger, die beispielsweise in Deka-Fonds der Sparkassen investiert haben.

Und die deutsche Politik?

Sie hält sich formal nicht zuständig für Exporte deutscher Unternehmen aus dem Ausland. Dabei wäre es durchaus möglich, die Rechtslage zu ändern. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat vor kurzem festgestellt: Ein Gesetz könnte festschreiben, dass deutsche Behörden ihre Zustimmung erteilen müssen, wenn Deutsche im Ausland Rüstungsgüter mitentwickeln oder produzieren. Dadurch würden derartige Geschäfte zumindest erschwert. Doch dies wäre im Bundestag derzeit wohl nicht mehrheitsfähig.

Sendetipp: 15.01.2018, Das Erste, 22.45 Uhr, "Bomben für die Welt"